Blaudruck wird in Grub nicht vergessen
Autor: Rainer Lutz
Grub am Forst, Mittwoch, 12. Dezember 2018
Im Grüber Reichenbachhaus ist eine Ausstellung zu der uralten Handwerkstechnik zu sehen, die zum immateriellen Kulturerbe der Menschheit ernannt worden ist.
           
Das Stück Stoff ist kaum einen Quadratmeter groß. Doch Gudrun Zwingelberg ist besonders stolz darauf. Es ist gewissermaßen das Prachtstück der Ausstellung über das traditionelle Handwerk des Blaudrucks, die sie für das Grüber Heimatmuseum im Reichenbachhaus zusammengestellt hat. Die hat einen aktuellen Hintergrund: Die Unesco hat den Blaudruck vor kurzem zum immateriellen Kulturerbe der Menschheit erklärt.
Wenn es um alte Handwerkskunst und Tradition im Coburger Land geht, ist Gudrun Zwingelberg seit Jahrzehnten eine gesuchte Ansprechpartnerin. Spinnen, Weben oder eben Blaudruck - sie weiß nicht nur Bescheid, sie gibt ihr Wissen auch gern in Kursen weiter. Besonders gern tut sie das für Kindergruppen auch in Sachen Blaudruck. Und dafür ist der große Wandbehang ein ganz besonderes Beispiel, der Besucher geradezu in die Ausstellung hinein zieht.
Aus dem 17. Jahrhundert
"Den hat mir Doris Loose aus Coburg geschenkt", berichtet Gudrun Zwingelberg. Weiß auf blau zeigt das Tuch christliche Motive. Was es für die Heimatpflegerin zu einer kleinen Sensation macht, ist das Alter. Der Wandbehang stammt aus dem 17. Jahrhundert. Das ist so bemerkenswert, weil der Blaudruck als Färbeverfahren um 1690 in Augsburg erstmals auftaucht. Wobei die Muster im so genannten Reservedruck auf den Stoff gebracht werden. Das heißt, mit so genannten Models wird eine die Farbe abweisende Substanz auf den Stoff gedruckt. Die so behandelten Stellen bleiben dann frei, wenn der Stoff gefärbt wird.
Blau hat in Grub Tradition
;Die Ausstellung ausgerechnet in Grub zu zeigen hat auch mit der Geschichte der Blaufabrik zu tun, die über viele Jahre ein Hauptarbeitgeber des Ortes war. Allerdings wurde damals die europaweit bekannte blaue Farbe mit Methoden hergestellt, die bis heute Schäden an der Umwelt hinterlassen hat. "Vor allem Arbeitskleidung und die Schürzen der Bäuerinnen waren in hellen Farben sehr empfindlich, daher färbte man sie dunkelblau ein", erklärt Gudrun Zwingelberg.
Trotzdem sollten etwa die Schürzen der Sonntagstracht auch schön aussehen und wurden entsprechend bedruckt. "Wir sind ja eine protestantische Gegend. Da trug man gedeckte Farben", sagt Gudrun Zwingelberg. Ehe aber die Stoffe, oft mit kirchlichen Motiven oder Jagdszenen, bedruckt werden konnten, mussten Models angefertigt werden. Einige von ihnen sind zusammen mit den Werkzeugen zu ihrer Herstellung in der Ausstellung zu sehen. "Es reicht von einfachen Blumenmustern bis zu sehr filigranen und großflächigen Motiven", erklärt Gudrun Zwingelberg.
Druckbeispiele zeigen, wie sich die Model mit der Zeit abnutzten, wodurch der Druck immer schlechter und unschärfer wurde, ehe mit teils erheblichem Arbeitsaufwand ein neues Model hergestellt werden musste.
Führungen zur Ausstellung
;Das Reichenbachhaus ist jeweils am ersten Sonntag im Monat von 14 bis 17 Uhr geöffnet. Gudrun Zwingelberg führt aber nach Absprache auch zu anderen Terminen durch die Ausstellung. Ein Angebot, dass sich an Gruppen, beispielsweise Schulklassen, richtet. Termine können mit der Heimatpflegerin unter der Telefonnummer 09568/6575 vereinbart werden.