Offensichtlich pudelwohl fühlt sich der Biber im Rodachgrund zwischen Seßlach und Memmelsdorf/Unterfranken. Weil die Nagetiere dort eine Fischaufstiegshilfe und einen wichtigen Entwässerungsgraben angestaut haben, stehen hektarweise wertvolle Grünlandflächen unter Wasser - und die Bauern sind sauer.
Wie viele Biber es sind, die die Landwirte entlang der Rodach zur Weißglut bringen, weiß nicht einmal eine Fachfrau wie Evelyn Pilz. "Eine ganze Familie sicher, einzelne Jungtiere vermutlich dazu", sagt die Biber-Beauftragte der Unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt. Fest steht aber, dass die Biber im Talgrund vor der Kadersmühle ganze Arbeit geleistet und die Wiesen in eine Seenlandschaft verwandelt haben. Und das jetzt - in einer Zeit, in der Landwirte eigentlich dringend zum Düngen auf die Wiesen fahren müssten.
Landwirt Georg Ruppert ist auch Biber-Beauftragter - für den Bayerischen Bauernverband. Er plagt sich schon seit 2013 mit den eifrigen Nagern im Rodachgrund herum und hat zusammengerechnet: 35 Hektar Grün- und 10 Hektar Ackerland sind derzeit vernässt, weil Biberbauten einen Entwässerungsgraben und die Fischaufstiegshilfe an der Kadersmühle angestaut haben. Für die Landwirte bringt das doppelt Ärger mit sich: Sie haben einen Haufen zusätzliche Arbeit, weil sie ständig Biberdämme entfernen müssen. Und ihnen droht für diese Saison der Verlust wertvoller landwirtschaftlichen Flächen.
Das Problem am Biber-Problem ist: Es gibt keine rechte Lösung. Freilich: Mit dem Evelyn Pilz ist klar abgesprochen, dass die Bauern "selbstverständlich" die Dämme und Bauten entfernen dürfen. Aber das ist den Bauern inzwischen zu wenig: Sie würden die Nagetiere am liebsten fangen, zur Not auch schießen lassen. Doch diesem Wunsch, das machte Pilz gestern bei einem Vor-Ort-Termin noch einmal klar, steht die Rechtsprechung entgegen: "Der Biber ist grundsätzlich streng geschützt." Erst Recht jetzt, nach dem 15. März. Ab diesem Tag darf man ihn nicht einmal mehr fangen.
Gerhard Ehrlich (Kreisobmann beim Bauernverband) gibt Pilz ausdrücklich nicht die Schuld an der Misere. Aber für ihn ist "die Zeit des Schönredens" vorbei und der Freistaat Bayern gefordert - einerseits, um einen Entschädigungsfond für den Zeit- und Arbeitsaufwand der Landwirte zu gründen; andererseits, um den Total-Schutz der Biber zurück zu nehmen. Wenigstens an Stellen wie im Rodachgrund, wo vernässte Wiesen die Existenzgrundlage von Bauern gefährden.
Ein bisschen Hoffnung auf finanziellen Ausgleich besteht bei Georg Ruppert und Kollegen: Evelyn Pilz hat bei der Regierung den Antrag gestellt, dass die komplizierten Baggerarbeiten für den Abriss von Biberdämmen über Maßnahmen aus dem Topf für Landschaftspflegemaßnahmen finanziert werden. "Damit könnten wir schon einmal leben", sagt Ruppert.
Für Fische kein Aufstieg Eine Dauerlösung ist das Hase-und-Igel-Spiel zwischen dem Biber, seinen Bauten und den Landwirten mit ihren Baggern freilich nicht. Bauer Bernhard Schulz aus Memmelsdorf wirkt beim Blick auf die "Kadersmühler Seenlandschaft" ein bisschen ratlos, wenn er sagt: "Ich glaube, den Biber werden wir nimmer los." Er vermutet, dass die Population im Rodachgrund derart groß ist, dass man schon so etwas wie eine Treibjagd bräuchte, um die Sache in den Griff zu bekommen. Und selbst das würde nichts bringen, bestätigt ihn Pilz: "Nach ein paar Wochen würden die nächsten Biber nachrücken."
Im Rodachgrund werden sie nun versuchen, den Bibern das Stauen des für über 100 Hektar Felder und Wiesen wichtigen Entwässerungsgrabens ein bisschen schwerer zu machen: Mit dem Entfernen der Dämme und ein paar Baustahl-Matten vor den Rohrdurchlässen - mehr dürfte kaum möglich sein.
Dass der Biber zudem ausgerechnet noch die Fischaufstiegshilfe an der Kadersmühle dicht gemacht hat, ist für Georg Ruppert schon ein Stück Ironie der Natur. Der Rodachverband (der die Mühle betreibt) hat die Umleitung für Fische nämlich mit einem Aufwand von rund 90 000 Euro gebaut, um der Natur etwas Gutes zu tun. Weil der Biber den flachen Bachlauf aber dicht gemacht hat, "ist das alles für die Katz", sagt Ruppert und schüttelt den Kopf.