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Beim Löwen geht's los


Autor: Rainer Lutz

Bad Rodach, Donnerstag, 21. Sept. 2017

Die Stadt Bad Rodach hat den einstigen Gasthof "Zum Goldenen Lösen" an Matthias Hartwig verkauft. Er wird im Löwen Ferienwohnungen schaffen.
Das Fachwerk des "Goldenen Löwen" prägt das Stadtbild am Marktplatz von Bad Rodach. Nach seiner Sanierung soll das Gebäude wieder im alten Glanz erstrahlen.Rainer Lutz


Als Matthias Hartwig die "Herrgottsmühle" in Rödental sanierte, konnte er den Denkmalschutz mit seinem Konzept, und vor allem mit der Umsetzung seiner Pläne, überzeugen. So beeindruckt waren die Denkmalschützer, dass sie ihm anboten, andere Gebäude wieder mit Leben zu erfüllen, die eigentlich schon totgesagt sind. Unter vier Projekten in der Region machte der "Löwe" das Rennen. Noch im Oktober will Hartwig mjt den Arbeiten beginnen.
Eigentümer der Immobile war die Stadt Bad Rodach - bis Donnerstag. Da wurde der Eigentumswechsel beurkundet. "Wir hätten auch von Seiten der Stadt gern gesehen, wenn es wieder eine gastronomische Nutzung gegeben hätte", räumt Bad Rodachs Bürgermeister Tobias Ehrlicher (SPD) ein. Doch dafür hätte die Stadt wohl einen siebenstelligen Betrag investieren müssen. "Das haben wir nicht", weiß der Bürgermeister. Außerdem hätte sich dann noch ein Pächter finden müssen. Und: "Es gibt keine öffentliche Nutzung, die sich für den Löwen aufgedrängt hätte", erklärt Ehrlicher, warum die Stadt das Gebäude nicht für eigene Zwecke herrichten wollte. Mit 14 zu drei Stimmen wurde vom Stadtrat beschlossen, das Haus an Hartwig zu verkaufen. Mit der gleichen Mehrheit wurde sein Bauantrag abgesegnet. In der Sitzung sagte Tobias Ehrlicher: "Das ist ein Meilenstein für die Stadt. Endlich gibt es eine sinnvolle Nutzung für den Löwen."


Viel Platz für Gäste

Ferienwohnungen auf 250 von insgesamt 400 Quadratmetern Nutzfläche, die das Gebäude bietet, wird Hartwig einrichten. Im Erdgeschoss entsteht dabei eine große Ferienwohnung, die komplett behindertengerecht ausgestattet wird. Bei alledem wird Hartwig, der vor allem mit Handwerkern aus der Region arbeitet, den historischen Charme des Löwen erhalten. Trotzdem werden Ferienwohnungen entstehen, die allen modernen Ansprüchen genügen. Um deren Verwaltung kümmert sich die Familie Hartwig selbst, die auch in Thüringen bereits Ferienwohnungen vermietet.
In einem Jahr, das ist Hartwigs Ziel, sollen die ersten Gäste einziehen können. Zu Beginn der Bauzeit wird die Straße in Richtung Thüringen vorübergehend einseitig gesperrt werden müssen. "Aber bis zum ersten Advent wollen wir so weit sein, dass die Sperrung aufgehoben werden kann", sagt der Bauherr.


Hohe Investiton nötig

Im Inneren des Gebäudes wird klar: Matthias Hartwig hat sich etwas vorgenommen, wofür man schon, wie er selbst sagt, "ein bisschen verrückt" sein muss. Der Zustand erklärt, warum Hartwig davon ausgeht, dass er wohl eine Dreiviertel Million (ohne Kaufpreis) Euro wird investieren müssen. Dabei kommt ihm zugute, dass er viel selbst mit Hand anlegen kann. Dass dies kein leeres Gerede ist zeigt seine Arbeit an der Herrgottsmühle eindrucksvoll.
Auf Chemie verzichtet der Sanierungsbgeisterte komplett. Natürliche Baustoffe wie Lehm und Holz werden in traditioneller Weise verarbeitet. Begeistert zeigt Hartwig eine Tür: "Die ist von 1685, das weiß man", erklärt er strahlend. Aufbereitet wird das historische Stück einen würdigen Platz im "neuen" Löwen finden, dessen Geschichte bis vor 1632 zurück reicht. Da nämlich wurden alle Gebäude am Marktplatz von Wallensteinschen Truppen zerstört. Um 1730 ist der künftige Löwe noch ein Wohnhaus. Erst um 1870 ist die Nutzung als Gastwirtschaft "Zum Goldenen Löwen" verbrieft.


Bausünden erschweren Arbeit

In den 50er und 60 Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurde Löwe Opfer zahlreicher Bausünden, die seine Wiederbelebung heute mehr erschweren als die über die Jahrhunderte angegriffene Bausubstanz, wie Hartwig versichert. Er wird jetzt daran gehen, vor allem diese Sünden, von Anstrichen auf den Holzteilen über vergrößerte Fenster bis zu unpassenden Umbauten in den Zimmern wieder rückgängig zu machen.
Für Bad Rodach bedeutet das, Ferienwohnungen für moderne Ansprüche mitten am Marktplatz im Herzen der Stadt. Vor allem aber ist die Stadt die Sorge um das altehrwürdige Gebäude los, das sie erst 2014 erworben hat, um überhaupt eine Lösung herbeiführen zu können.
1986 hatte ein Privatmann aus Coburg die frühere Kult-Gastwirtschaft erworben. Allerdings führte er sie nicht einer neuen Nutzung zu. Sie stand weiterhin ungenutzt da.
Wenn alles so läuft wie es geplant ist, dann werden in gut einem Jahr wohl die ersten Feriengäste in den Löwen einziehen. Das Haus mit der sehenswerten Fachwerkfassade, die sogar einmal geschnitzte Löwenköpfe gehabt haben soll, wird wieder mit Leben erfüllt.


Viel überstanden

Das wird dem Löwen nur gerecht. Hat er doch seit Wallensteins Angriff einiges überstanden. US-Truppen zerstörten etliche Häuser am Markt - nicht den Löwen. Ein vom Gastwirt angeblich selbst gelegtes Feuer vernichtete in den 20er Jahren das Nachbargebäude - nicht den Löwen. Der wird jetzt herausgeputzt, um wieder zu sein, was er über Jahrhunderte war: eine Zierde der Stadt.