"Bei uns ist das Leistungssport"
Autor: Sven Dörr
Coburg, Mittwoch, 19. Februar 2020
Selina Prusnat ist die diesjährige Gardekönigin des Coburger Mohr – und freut sich auf Fasching. Weshalb für sie das Samba-Festival jedoch das größere Highlight ist und warum sie zum Prinzentreffen keinen Prinzen dabei hatte.
"Ich tanze solange, bis ich Königin bin." Sollte Selina Prusnat ernst machen, geht für sie nach der Faschingssession eine Ära zu Ende. Die 22-Jährige durchlief in 18 Jahren alle Tanzgruppen des Coburger Mohr – von der Purzel- bis in die Königsgarde. "Ich habe einfach das Gefühl, dass ich alle meine sportlichen Ziele erreicht habe", begründet die Coburgerin ihre Abkehr vom Gardesport.
Ihre persönliche Bilanz kann sich sehen lassen: Süddeutsche Meisterschaft mit den Junioren, deutsche Vizemeisterin mit der Jugendgarde und der zweite Platz bei den süddeutschen Meisterschaften mit der Königsgarde – dazu ein Auftritt beim Veitshöchheimer Fasching, einer vorm damaligen Ministerpräsidenten Horst Seehofer und einer vor Angela Merkel. "Bei der Kanzlerin waren wir schon aufgeregter als bei den Turnieren – eine unserer Tänzerinnen ist sogar umgekippt. Es war aber trotzdem eine coole Sache." Einzig der Spagat auf dem Steinboden habe ein wenig geschmerzt, sagt sie schmunzelnd.
Bänderverletzungen sind keine Seltenheit: Eine Tänzerin des Coburger Mohr hatte schon zwei Kreuzbandrisse – Selina Prusnat ist davon bisher verschont geblieben. Die hohe Belastung für die Gelenke sei aber auch für sie spürbar – ein weiterer Grund aufzuhören. Zudem freue sie sich bereits jetzt darauf, mehr Freizeit zu haben – die ist für die zahnmedizinische Fachangestellte aktuell noch knapp bemessen: 12 Trainingsstunden pro Woche sind für sie normal. Vor den Turnieren seien die Einheiten besonders intensiv. Demnächst stehe wieder eine süddeutsche Meisterschaft auf dem Programm. Allerdings ohne die langjährigen Trainerinnen Dominique und Ramona Scholz. "Ramona hat einen guten Bezug zu uns gehabt. Vor den Turnieren hat sie jede Tänzerin noch einmal einzeln motiviert – bei mir hat sie immer Bezug auf mein brasilianisches Blut genommen. Das vermisse ich schon", sagt Selina Prusnat.
Sie betont, dass ihr Sport eine hohe Professionalität verlange. Mit dem Gardetanz vieler Faschingsvereine sei das nicht vergleichbar: "Bei vielen ist das ein Faschingshobby – bei uns ist das Leistungssport."
Gardekleid muss besonders sein
Am Coburger Gaudiwurm nehmen die Tänzerinnen vom Coburger Mohr trotzdem teil. Als Gardekönigin wird Selina Prusnat mitsamt den Trainern auf dem Wagen mitfahren – das gebietet die Tradition. Das Kleid, das sie tragen wird, fällt jedoch etwas aus dem Rahmen: "Wir haben ein Vereinskleid, das normalerweise verwendet wird. Ich wollte aber mein eigenes – das sollte schon etwas besonderes sein. Es ist natürlich farblich ähnlich", sagt sie. Beim Umzug wird sie es tragen – darauf freut sie sich.
Noch mehr freut sie sich auf das diesjährige Samba-Festival – ihre Wurzeln liegen in São Paulo. "Ich mag das Laute. Der Samba liegt mir im Blut. Das ist mein Wochenende – da fühle ich mich total heimisch." Zuhause fühle sie sich in Coburg auch unabhängig vom Festival – bei Coburger Adoptiveltern aufgewachsen, ist sie eine echte Coburgerin – ihre dunkle Haut habe nie zu Anfeindungen geführt: "Da gab es für mich nie Probleme. Ich denke, ich passe als Gardekönigin gut nach Coburg – der Coburger Mohr ist ja auch nicht hellhäutig", sagt sie mit einem Augenzwinkern.