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"Bag Art" in Coburg meldet Insolvenz an


Autor: Oliver Schmidt

Coburg, Dienstag, 08. Januar 2013

Die Boutique in der Badergasse steht vor dem Aus. Als Gründe nennt die Inhaberin die Konkurrenz im Internet sowie die Ansiedlung großer Ketten. Viele Händler stimmen ihr da zu, sehen aber auch noch Chancen für die Einkaufsstadt.
Nach dem Räumungsverkauf hat bei "Bag Art" nun der "Insolvenzverkauf" begonnen. Foto: Helke Renner


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Verena Gagel, Inhaberin des Geschäfts "Bag Art" in der Badergasse, hat einen Antrag auf Insolvenz gestellt. Das hat am Dienstag der Rechtsanwalt Klaus-Christof Ehrlicher von der Kanzlei Linse & Ehrlicher mitgeteilt, der vom Amtsgericht zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt worden ist.

Seit mehr als zwölf Jahren verkauft Verena Gagel in ihrer Boutique Lederwaren, Schuhe und hochwertige Damenmode. Doch wie sie berichtet, sei es in den vergangenen Jahren "zunehmend schwieriger" geworden, speziell mit Angeboten aus dem Internet Schritt zu halten. Bemerkbar mache sich zudem die Ansiedlung großer Modeketten in der Coburger Innenstadt. Ein im November gestarteter Räumungsverkauf lief ebenfalls nicht wie beabsichtigt.

Klaus-Christof Ehrlicher hat, wie er mitteilt, zunächst die Lage sondiert und wird nun zumindest bis Ende Januar den Abverkauf fortführen.
Ziel sei es, noch möglichst viel des Warenbestands veräußern zu können, um dann vom Erlös die Gläubiger befriedigen zu können.

Mietvertrag fristlos gekündigt

Doch selbst wenn dieser Abverkauf besonders gut laufen würden: Nach Auskunft von Bettina Göllner von der Kanzlei Linse & Ehrlicher ist eine Zukunft der Boutique am Standort Badergasse 15 "unwahrscheinlich". Denn der Vermieter hatte bereits vor dem Stellen des Insolvenzan trags eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses ausgesprochen.

Mit dem Satz "Es steht zu befürchten, dass ein weiteres, eingesessenes Coburger Einzelhandelsgeschäft für immer die Türen wird schließen müssen", schließt Klaus-Christof Ehrlicher seine schriftliche Mitteilung - und allen voran Sabine Thiere-Pilarzyk von der Aktionsgemeinschaft "Zentrum Coburg" muss ihm da mit einem tiefen Seufzer Recht geben: "Es ist immer schade, wenn ein inhabergeführtes Geschäft zumachen muss." Aber auch zu den von Verena Gagel aufgeführten Gründen hat die Chefin des Modehauses Matzer & Worsch eine klare Meinung. Stichwort: Internet. "Ich kann da die Argumente von vielen Leuten nicht verstehen", sagt sie. Beispielsweise, wenn über ein vermeintlich schlechtes Angebot in Coburg geklagt werde. "Viele wissen gar nicht, wie groß und vielfältig die Auswahl unserer Händler tatsächlich ist!" Außerdem gehe Menschlichkeit verloren, wenn jeder nur noch vom Computer aus einkauft.
Auch das Argument der Bequemlichkeit will sie nicht gelten lassen - etwa, wenn Familien einen Großeinkauf in der Stadt als "nervig" bezeichnen. "Eine tote und leere Innenstadt ist erst recht nervig", hält Thiere-Pilarzyk dagegen und ruft dazu auf, den Standort Coburg zu stärken.
Im Internet sieht Manfred Ptok vom Modehaus Kaspar ebenfalls eine immer größer werdende Konkurrenz. "Und keiner dieser Anbieter fühlt sich für eine attraktive Innenstadt mit schönen Häuserfronten, schönen Schaufenstern oder gekehrten Bürgersteigen verantwortlich!"

Immer mehr auf "grüner Wiese"

Aber auch die Entwicklung auf der "grünen Wiese" bereitet ihm nach wie vor Sorgen. "Wenn jetzt auch noch ein Elektronikmarkt auf die Lauterer Höhe zieht, haben wir dort faktisch das Einkaufszentrum, dass im Jahre 2000 laut Bürgerentscheid, von einer Mehrheit der Coburger abgelehnt wurde." Ebenso müsse man sich nicht wundern, warum es in der Innenstadt keinen Lebensmittelmarkt mehr gebe - angesichts der großzügigen Ausweisung neuer Verkaufsflächen etwa in der Bamberger und der Neustadter Straße und natürlich auf der Lauterer Höhe.

Was die Ansiedlung großer Modeketten in der Innenstadt betrifft, kann Manfred Ptok nur teilweise der Kritik von Verena Gagel folgen. "Wir hoffen natürlich immer darauf, dass Häuser wie etwa Wöhrl ein Frequenzbringer für alle sind. Dadurch steigt die Attraktivität Coburgs, sein Einzugsbereich wird größer. Inwieweit sich bei Wöhrl diese Hoffnung erfüllt hat, vermag Ptok aber noch nicht zu sagen. "In den vergangenen Monaten hat uns vor allem der große Ausverkauf der Baur-Kaufwelt in Altenkunstadt zu schaffen gemacht." Nun sei es aber auch eine "neue Chance", so manchen der bisherigen Baur-Stammkunden nach Coburg zu locken. Die Voraussetzungen dafür sieht Ptok auf jeden Fall gegeben und spricht vom "Erlebniseinkaufen", wie es das Internet nie bieten könne. Außerdem merkt er aus Sicht eines eingesessenen Einzelhändlers an: "Mit den Massenanbietern wollen und können wir uns gar nicht messen. Unsere große Chance ist es, auf Service, Qualität und Individualität zu setzen."