Druckartikel: Bad Rodacher Methusaleme fränkisch verwurzelt

Bad Rodacher Methusaleme fränkisch verwurzelt


Autor: Rainer Lutz

LKR Coburg, Montag, 12. März 2018

Ein Projekt der Regierung von Oberfranken widmet sich uralten Bäumen. Das Stadtgebiet von Bad Rodach wurde als eines der ersten kartiert.
Die Eiche an der Straße von Roßfeld nach Streufdorf soll 1000 Jahre alt sein. Botaniker haben da ihre Zweifel. Uralt ist sie allemal, landschaftsprägend und sehr beeindruckend.Rainer Lutz


Wer einem alten Baumriesen gegenüber tritt, der versteht, warum Menschen einst solche Lebewesen verehrten, sie in Verbindung mit der Götterwelt brachten, an die sie glaubten. Jahrhunderte alt vermitteln sie uns Ehrfurcht vor dem Leben. Dass die Regierung von Oberfranken ein Biodiversitätsprojekt zum Erhalt solcher für die Kulturlandschaft prägenden Bäume aufgelegt hat, ist aber auch anderen Gründen geschuldet als denen der Mythologie. "Fränkisch verwurzelt" heißt das Programm. Das Stadtgebiet von Bad Rodach ist eines der ersten dass dabei betrachtet wurde.
Herbert Rebhan, Leiter des Sachgebiets Naturschutz an der Regierung von Oberfranken, überreichte den Bericht über diese Erfassung an die Stadt Bad Rodach und weitere Beteiligte. Bürgermeister Tobias Ehrlicher freute sich über die umfangreiche Bestandsaufnahme und ist davon überzeugt, dass damit dem Baumschutz in Zukunft noch mehr Aufmerksamkeit zukommen wird.
Im Fokus dieses Biodiversitätsprojekts stehen markante Einzelbäume, landschaftsgliedernde Baumreihen, wegbegleitende Alleen und Streuobstgebiete. Gerade Baumveteranen sind nach Einschätzung von Herbert Rebhan ökologisch besonders wertvoll. In unserer "ausgeräumten" Kulturlandschaft sind sie letzte Rückzugsräume und wichtige Biotopverbundstrukturen. Sie dienen Vögeln, unzähligen Insekten und rindenbewohnenden Flechten als Lebensraum. In von Spechten gezimmerten Baumhöhlen finden später Fledermäuse ihr Tagesversteck. Auch für Kleinsäuger wie Haselmaus oder Siebenschläfer sind solche Höhlen wichtige Habitate. An abgestorbenen Ästen beginnen spezialisierte Pilzarten bereits mit der Zersetzung des Holzes und im Mulm hohler Bäume können sich seltene Großkäfer ansiedeln.


Grüne Zeitzeugen

Neben dem hohen naturschutzfachlichen Wert sind die untersuchten "grünen Zeitzeugen" auch von kulturgeschichtlicher Bedeutung. Als ehemalige Gerichts- oder Gedenkbäume erinnern sie an längst vergangene Zeiten. Davon zeugen ihre Namen wie bei der Gerichtslinde in Unterlauter oder der Bratwursteiche nahe Bad Rodach oder der Luthereiche in Weitramsdorf. Naturdenkmäler, um deren Schutz immer wieder gerungen werden muss, und die am Ende och nicht für die Ewigkeit erhalten werden können.
Alleen oder Baumreihen stehen oft an historischen Wegeverbindungen und Kopfweiden, Baumfelder und Streuobstwiesen sind Zeugnis früherer Formen der Landnutzung. "Zudem steigern solche Baumstrukturen den Erholungswert einer Landschaft und fördern das Heimatgefühl", schreibt die Regierung über das Projekt.
Allerdings werden diese alten Bäume immer seltener in unserer Kulturlandschaft. Diesem Rückgang möchte die Regierung von Oberfranken mit ihrem Projekt entgegenwirken. Im Stadtgebiet Bad Rodach wurden 51 Einzelbäume, 13 Baumgruppen, 42 Baumreihen, neun Alleen und 17 Streuobstbestände aufgenommen.


Baumporträts

Zu jeder dieser Strukturen gibt es nun ein zweiseitiges Baumporträt. Darin sind neben den erhobenen Daten zum Baum und Standort besonders auch die naturschutzfachliche Bedeutung sowie die Wirkung auf das Landschaftsbild anschaulich dargestellt. Eine Beurteilung der Baum-Vitalität und Handlungsempfehlungen runden die Steckbriefe ab.
Die jeweiligen Baumporträts werden den Eigentümern der Bäume, Entscheidungsträgern und den für die Unterhaltung von Straßen verantwortlichen Institutionen zur Verfügung gestellt. Damit soll für den Erhalt solcher Bäume geworben werden. Weitergehen wird es dann mit der Erfassung der baumgeprägten Strukturen im Gebiet der Marktgemeinde Ebensfeld, im Landkreis Lichtenfels.
Nähere Informationen zu dem Projekt gibt die Regierung von Oberfranken unter www.reg-ofr.de/biodiv. auf ihrer Internetseite.


Forst schont Methusaleme

"Keiner fällt einen echten Methusalem", sagt Albert Schrenker, Leiter des Forstbetriebs Coburg der Bayerischen Staatsforsten (BaySF). Er kennt zahlreiche uralte Bäume in den Wäldern des Betriebes, die aus Gründen des Waldnaturschutzes nicht angetastet werden. Stirbt so ein Baum, bietet er als Totholz Lebensraum für ungezählte Arten, die für den Erhalt gesunder Wälder sehr bedeutend sind.
Dass es sich für Waldbesitzer lohnen kann, Biotopbäume zu erhalten, erläutert Oliver Kröner, Bereichsleiter Forsten am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Coburg/Lichtenfels. Dazu gibt es ein Vertragsnaturschutzprogramm Wald. Es stellt neben vier weiteren Fördertatbeständen auf den Erhalt von Biotopbäumen ab. Wer etwa einen starken als Biotopbaum erkennten Laubbaum von mehr als 60 Zentimetern Durchmesser ( gemessen ca 130 Zentimetern über dem Boden) nicht fällt, sondern zwölf Jahre stehen lässt, bekommt dafür 195 Euro je Baum. Bei Nadelholz 150 Euro. "Es ist dann das Ziel, dass der Baum auch nach diesen zwölf Jahren nicht gefällt, sondern erneut geschützt wird", erklärt Oliver Kröner. Biotopbäume weißen etwa Spechthöhlen, Baumpilze oder andere Besonderheiten auf. Das macht ihren Wert für die Natur aus. Für die wirtschaftliche Nutzung wird er dagegen sehr gemindert. Es kann sich also durchaus lohnen, nach solchen Bäume im eigenen Wald zu suchen.