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Bad Rodach mit anderen Augen gesehen


Autor: red

Bad Rodach, Dienstag, 18. November 2014

Acht Bad Rodacher haben ihre Heimatstadt aus der Sicht von Touristen gesehen und waren überrascht.
So schön ist Bad Rodach. Man muss nur wieder lernen hinzusehen. Acht junge Männer haben es getan. Foto: Stefanie Karl


Entstanden sei die Idee "aus einer Bierlaune am Schützenfest", sagt Dominik Marx und freut sich immer noch diebisch, dass das detailliert geplante Unternehmen "Reisegruppe Schulz" derart erfolgreich war: Eine achtköpfige Gruppe junger Bad Rodacher zwischen 25 und 33 Jahren machte sich in diesem Sommer auf, ihre Heimatstadt aus der Perspektive völlig ortsunkundiger Touristen zu testen. Ein fremder Name zur Tarnung, eine eigens angelegte E-Mail Adresse, um vorab eine typische Touristenanfrage zwecks Übernachtungsmöglichkeiten und Ausflugszielen zu generieren.
"Die komplette Palette, als ob wir tatsächlich total fremd hier wären. Wir haben sogar Kurtaxe bezahlt", erzählen die vermeintlichen Urlauber und berichten von der angenehmen Erfahrung mit der Bad Rodacher Tourist-Info: "Es kam eine ernsthafte, ausführliche Antwort mit allem Drum und Dran.

Es hätte ja auch heißen können: Junge Leute lieber nach Coburg."
"Ich hab' geguckt wie ein Bulldog", erinnert sich Wirt Karl Fadler vom Gästehaus direkt am Marktplatz an seine Überraschung, als die Reisegruppe "mit Rollkoffer, Sonnenbrille und Hut" die vorab unter falschem Namen gebuchten Zimmer bezieht. Dann aber versteht er und spielt mit, die wohlbekannten Reiseteilnehmer siezt er formvollendet. "Das Feedback aus der Rodacher Bevölkerung war überhaupt durchweg phänomenal. Alle fanden unsere Idee wahnsinnig gut und wer beteiligt war, ist sofort in die ganze Sache eingestiegen und hat mitgespielt", bestätigt Dominik Marx.

Stadtführung und Brandprobe

Das Wochenendprogramm der "Touristen" hatte es in sich: Eine Stadtführung mit Hedda Hanft, ein Besuch in der Destillerie der Familie Möbus inklusive Brandprobe, eine Führung durch die großen Hallen der Firma Figuren-Hoffmann, ein Abstecher zum Minigolfplatz und am Abend eine gemütliche Kneipentour. Der Besuch des Waldbades sowie das geplante Boccia-Turnier mussten auf Grund des schlechten Wetters leider ausfallen. Eine vorab gebuchte Kutschfahrt über die umliegenden Dörfer bis zum Georgenberg kam ebenfalls nicht zustande: "Der Veranstalter kam einfach nicht zur ausgemachten Zeit", bedauert Dominik Marx. "Vielleicht ist das ja ein kleiner Weckruf an alle Leute, die hier in der Umgebung Pferde haben, denn Kutschfahrten wären doch eine tolle Sache", überlegt Bastian Büttner und ergänzt: "Insgesamt müsste mehr gemacht werden. Hätten wir nicht über private Verbindungen davon erfahren, hätten wir nichts von der Möglichkeit einer Führung durch die Firma Hofmann gewusst." Eine Besichtigung, die im Übrigen ein echtes Erlebnis war: Keiner der Jungs hätte gedacht, dass in den hohen Werkshallen unter anderem auch ein neun Meter großer Affenkopf für den Film "Planet der Affen angefertigt wurde, um dann - für Werbezwecke - seinen Posten auf den Alexanderplatz in Berlin zu beziehen.
Die Reisegruppe Schulz jedenfalls zieht ein durchweg positives Fazit. "Es war richtig gut. Das Team der Destillerie Möbus hat sich sehr viel Mühe gegeben, da war alles einwandfrei. Und die Stadtführung mit Hedda Hanft war mega-interessant. Zur Führung gehörte unter anderem ein Ausflug in die Katakomben und Gruftkammern unterhalb der Johanniskirche; der Kupfersturm allerdings war auf Grund des vielen Taubenkots nicht begehbar. "Selbst wenn sie sich nur halb so viel Mühe gegeben hätte, wäre es immer noch ausreichend und informativ gewesen", lobt die Gruppe.
Gern gesehen hätte die Reisegruppe auch den Auftritt des Nachtwächters am Donnerstagabend. "Das wäre eine super Sache gewesen, allerdings waren wir ja nur am Wochenende als Touristen hier", bedauert Bastian Büttner. Ein Punkt, den die Stadt eventuell aufgreifen könnte: "Man müsste die Zielgruppe am Wochenende fangen, um sie länger zu halten. Die meisten Besucher, zum Beispiel für Reha-Patienten, kommen ja vorzugsweise am Wochenende." Überhaupt: "Es wäre durchaus sinnvoll, wenn die Stadt Nutzen aus unseren Erfahrungen ziehen würde", so die allgemeine Meinung. Bis in den Stadtrat vorgedrungen ist die Aktion allemal.; "Die Erfahrungen sollten wir auf jeden Fall genau analysieren und Schlüsse für unsere Tourismusaktivitäten in Bad Rodach daraus ziehen", sagt ein Stadtratsmitglied. Schluss ist für die "Reisegruppe Schulz" jedenfalls noch lange nicht: "Das wird unser neues Hobby - wir haben uns bereits vorgenommen, jedes Jahr eine Stadt in einer Entfernung von maximal einer Stunde Fahrt für ein Wochenende zu besuchen."