Autoknackerbande: Sechs Täter verurteilt
Autor: Katja Nauer
Coburg, Freitag, 01. Dezember 2017
Gegen sechs Angeklagte, die Autos von Deutschland nach Tschechien verschoben hatten, fiel nun das Urteil. Der "Kopf der Bande" erhält ein eigenes Verfahren.
Sechs der sieben Urteile in dem Gerichtsverfahren gegen die Autoknackerbande, die gestohlene Autos aus Deutschland nach Tschechien verschoben hatte, sind am Freitag gefallen. Auch die letzten Angeklagten waren schließlich geständig. Der siebte Angeklagte, Drahtzieher und "Kopf der Bande", O., will nun ebenfalls auspacken. Weil seine Aussagen, so hoffen die Ermittler, allerdings weitere Untersuchungen nach sich ziehen werden und das Verfahren gegen ihn als Drahtzieher weit aufwändiger ist, wurde es vom bisher laufenden Hauptverfahren abgetrennt. Gegen ihn wird am kommenden Freitag, 8. Dezember, weiter verhandelt.
Das Gericht verspricht sich von O. ein umfassendes Geständnis zu den Tatvorwürfen. Sollte der 39-Jährige noch zusätzlich die Hintermänner aufdecken, so dass die Ermittler die Chance hätten, diese zu fassen, sei O. eine Strafmilderung sicher. So formulierte es der Vorsitzende Richter am Landgericht, Christoph Gillot, in der Urteilsverkündung.
Der "Deal"
Ein von allen Parteien bereits am Mittwoch angenommenes Verständigungsgespräch - von Gillot kurz "Deal" genannt - regelte damit Strafmaß und Vorgehensweise an den letzten beiden Verhandlungstagen. Nach den darin geforderten umfassenden Geständnissen aller Angeklagten habe deshalb auch auf die weitere Vernehmung von 87 Zeugen verzichtet werden können, so der Richter. Gillot sprach in seiner Urteilsverkündung von dem "großen Kraftakt", das dieses Verfahren für alle Beteiligten bedeutet habe, und einem Pensum, das so kaum mehr lange durchzuhalten gewesen wäre. Ohne den "Deal" und die Kooperationsbereitschaft der Anwälte hätte wohl auch noch an den Samstagen und monatelang weiter verhandelt werden müssen.
Von ursprünglich 100 Anklagepunkten waren am Ende 57 Tatkomplexe Gegenstand des Verfahrens. "Wir haben 13 Hauptverhandlungstage in vier Wochen durchgezogen mit anfangs sieben Angeklagten, 13 Verteidigern, vier Dolmetschern und über 110 Leitz-Ordnern Aktenmaterial", sagte der Richter. Zuvor habe es eine zwei Jahre dauernde polizeiliche Ermittlung über Ländergrenzen hinweg gegeben. Die Täter, die aus Moldawien, Rumänien und Tschechien stammten, begingen sowohl in Tschechien, Deutschland als auch in Österreich Straftaten. Von den sieben Angeklagten wurden vier von benachbarten Ländern nach Deutschland ausgeliefert, einer der Angeklagten saß in belgischer Untersuchungshaft, einer in der Ukraine und zwei weitere in Tschechien ein.
Der "Deal" regelte die Ober- und Untergrenzen des Strafmaßes für die einzelnen Angeklagten. Dem im Zeugenschutz befindlichen V. drohten so maximal vier Jahre und sechs Monate Haft, die Maximalstrafe für den nun gesondert verfolgten O. wurde auf sieben Jahre und sechs Monate begrenzt. Staatsanwältin Jana Huber plädierte für den Angeklagten im Zeugenschutz, V., auf drei Jahre und neun Monate Freiheitsstrafe. Die Kammer setzte die Strafe allerdings auf vier Jahre fest. Den Grund nannte Gillot ebenfalls: "V. ist nicht nur derjenige, der eine Beichte abgelegt hat, er ist auch der unter zweifacher Bewährung stehende Intensivtäter."
Familie bedroht
Der 39-Jährige war nicht nur in Österreich, sondern auch in Tschechien bereits einschlägig verurteilt worden, wobei ihn die tschechischen Behörden sogar des Landes verwiesen. Zudem sei er der "Chef an der Front" mit einer "wichtigen Führungsrolle" gewesen und erst nach und nach zu einem Geständnis bereit, so Gillot, der dem Angeklagten zudem eine "hohe kriminelle Energie" bescheinigte. Dennoch habe V. unter hohem Druck gestanden, sagte er. Mit seinen Aussagen habe er "umfassende Aufklärungshilfe" geleistet.
Dafür habe es Einschüchterungsversuche gegen ihn und seine Familie gegeben. Laut seinem Verteidiger soll unter anderem eine nahe Verwandte mit einer Schusswaffe bedroht worden sein. "Das ist schlimm, so etwas darf nicht passieren", sagte der Richter, "aber Auslöser dieser ganzen Entwicklung ist seine Straftat. Indem er auspackte, nahm er eine Eigengefährdung und eine Gefährdung seiner Familie in Kauf." Ohne das Geständnis wären allerdings rund sieben Jahre Freiheitsstrafe "fällig" gewesen, informierte er.
Die Urteile
Neben V., der des schweren Bandendiebstahls schuldig gesprochen wurde, erhielten die fünf Mitangeklagten Haftstrafen zwischen drei Jahren und zwei Monaten sowie vier Jahren und drei Monaten. Für den Richter stand auch die Generalprävention im Vordergrund: "Die Urteile sollen sich in Tschechien, Rumänien und Moldawien herumsprechen."
Alle Angeklagten baten um Entschuldigung. Der angerichtete Schaden, den das Gericht auf insgesamt mehr als 800.000 Euro bezifferte, wurde zur Einziehung als Wertersatz angeordnet, das heißt, die sechs Männer müssen für die von ihnen angerichteten Schäden gerade stehen. Zudem tragen sie die Kosten des Verfahrens.