Für seinen Traum tauscht ein junger Creidlitzer in den kommenden acht Monaten sein Leben in Deutschland gegen niedrige Hygienestandards und eine fremde Kultur.
                           
          
           
   
          Die Jugend setzt sich immer dann für den Klimaschutz ein, wenn die Fridays-for-Future-Demo in die Unterrichtszeit fällt. Dass dieses Vorurteil bei Weitem nicht auf alle junge Menschen zutrifft, beweist Lukas Kestel. Frei nach dem Lebensmotto "Den Mutigen gehört die Welt" sitzt der Coburger in diesem Moment im Flieger nach Tansania. 
       
Gefährdetes Urlaubsparadies
Dort, aus dem fast 7000 Kilometer entfernten Urlaubsparadies, sagt der 19-Jährige in den kommenden acht Monaten Klimawandel und Umweltverschmutzung den Kampf an. Was viele nicht wissen: Die Postkartenidylle im Indischen Ozean ist von der Erderwärmung, dem ansteigenden Meeresspiegel und Versauerung bedroht. Die Korallen reagieren sensibel auf die sich ändernden Umwelteinflüsse. Ein Großteil der Riffe ist von Korallenbleiche betroffen. Zusätzlich leiden die flachen Riffe unter Müll, unachtsamen Touristen und Dynamitfischern. 
Nicht tatenlos zuschauen
Eine Entwicklung, bei der Lukas Kestel, der im vergangenen Jahr am Ernestinum in Coburg das Abitur gemacht hat, nicht tatenlos zuschauen will: "Ich will selbst mit anpacken!" Sein Leben in Deutschland tauscht er in den kommenden acht Monaten gegen niedrige Hygienestandards abseits von komfortablen Hotelanlagen, wo Lebensmittel nur nach dem Motto "Cook it, peel it or forget it" ("Koche es, schäle es oder vergiss' es") verzehrt werden. Nachdem er von dem Projekt Chumbe Island Coral Park (eine kleine Insel zwölf Kilometer vor der tansanischen Ostküste, siehe Info-Kasten) erfahren hat, wäre er am liebsten direkt nach dem Abi los geflogen. Das Corona-Virus hat seine Pläne aber zunichte gemacht. 
Also hat Lukas Kestel kurzfristig umgeplant und innerhalb weniger Monate eine Ausbildung zum Rettungssanitäter absolviert. Dann die Überraschung: Gerade die Ausbildung abgeschlossen, erhält der 19-Jährige von seiner Entsendeorganisation doch noch die Nachricht, dass er gemeinsam mit zehn weiteren Freiwilligen nach Tansania ausreisen darf. "Viele Leute haben gesagt: Das wird bestimmt nichts mehr." Schließlich hat die Organisation seit Beginn der weltweiten Pandemie keine Freiwilligen mehr ans andere Ende der Welt entsendet - nicht zuletzt weil der inzwischen gestorbene tansanische Präsident John Magufuli die Existenz des Corona-Virus geleugnet und behauptet hat, man könne die Viren einfach weg beten oder sich mit Dampfbädern reinigen. "Aber ich habe die Hoffnung nie aufgegeben. Und jetzt hat es echt geklappt."
So wird der 19-Jährige auf der kleinen Insel zwölf Kilometer von der Küste entfernt die Artenvielfalt der Korallenriffe dokumentieren und schützen, Daten erheben und die Einheimischen, insbesondere die Schulkinder aus Sansibar, für den Meeresschutz sensibilisieren. 
Gelbfieber, Hepatitis A und B, Tollwut, Meningokokken: Innerhalb weniger Tage hat Lukas Kestel einen wahren Impfmarathon absolviert, gegen das Corona-Virus ist er bereits länger immunisiert. Sicher ist sicher. "Wenn ich dort krank werde, weiß ich nie, wann das nächste Boot zurück aufs Festland fährt und ich zu einem Arzt komme." 
Mitten in der Pandemie
Alleine fast 7000 Kilometer von zuhause entfernt, ein fremdes Land und eine ebenso fremde Kultur, und das mitten in der Pandemie. Hat der junge Creidlitzer überhaupt keine Angst? "Man muss einfach Vertrauen in die Welt haben und meine Eltern unterstützen mich immer." Nur die Freunde müssen die nächsten acht Monate auf ihren Kumpel verzichten. " Die finden die Aktion aber natürlich genial."