Coburger Flugplatz: Auf Sicht eine Hilfe?
Autor: Simone Bastian
Coburg, Mittwoch, 02. August 2017
Ein neues Papier aus dem Bundesverkehrsministerium erregt hohes Interesse: Eröffnet es es neue Möglichkeiten für die Flugplätze in Coburg und Bamberg?
Benjamin Bartsch beantwortet obenstehende Frage mit "das prüfen wir gerade". Bartsch koordiniert für die Projektgesellschaft Verkehrslandeplatz Coburg (PGVC) die Planungen für einen neuen Verkehrslandeplatz bei Neida (Landkreis Coburg). Der Flugplatz soll gebaut werden, um den Instrumentenflugbetrieb von und nach Coburg zu sichern. Denn dieser ist auf der Brandensteinsebene nur dank einer Ausnahmegenehmigung möglich. (Siehe auch unten: Hintergrund in Stichworten.) Das fragliche Papier zeigt auf, unter welchen Bedingungen die "Einrichtung von Instrumentenanflugverfahren auf Nichtinstrumentenlandebahnen" möglich ist.
Befristet bis Ende 2019
Instrumentenflugbetrieb bedeutet, dass Flugzeuge auch bei relativ schlechtem Wetter in Coburg starten und landen können, weil Funkfeuer den Piloten den Weg weisen. Die Piloten müssen dafür festgelegte Routen nutzen. Außerdem muss der Flugplatz einige Voraussetzungen erfüllen - unter anderem braucht er eine Anflugbefeuerung wenigstens an einem Ende der Start- und Landebahn. In Coburg erfüllt die Anflugbefeuerung die vorgesehenen Standards nicht; sie wird mit einer Ausnahmegenehmigung betrieben, die aber Ende 2019 ausläuft. Damit erlischt automatisch die Erlaubnis für den Instrumentenflug. Ein Papier aus dem Bundesverkehrsministerium vom Mai spricht nun davon, dass die Luftämter Verkehrslandeplätzen ohne Instrumentenflugverfahren trotzdem erlauben können, dass sie nach Instrumentenflugregeln angeflogen werden. Der letzte Teil des Anflugs erfolgt dann nach Sichtflugregeln. Das heißt, die Sicht muss mindestens 1500 Meter betragen, die Wolken dürfen nicht tiefer hängen als 500 Fuß über Grund. Tieferliegende Flugplätze haben da einen Vorteil gegenüber der Coburger Brandensteinsebene, die selbst schon 1491 Fuß (rund 454 Meter) hoch liegt. Vom Meeresspiegel aus gesehen, müssen die Wolken etwa 600 Meter hoch sein, damit Coburg noch angeflogen werden kann, in Bamberg-Breitenau genügt eine Wolkenhöhe von knapp 400 Metern überm Meeresspiegel.
Übergangslösung?
Derzeit werde geprüft, ob "das Papier Übergangsmöglichkeiten für die Brandensteinsebene eröffnet", sagt Bartsch. Denn es rechnet niemand mehr ernsthaft damit, dass bis Ende 2019 ein neuer Flugplatz bei Neida in Betrieb gehen kann: Das Projekt ist nicht nur umstritten, es hat bislang auch noch keine Genehmigung. Im laufenden Planfeststellungsverfahren hat noch nicht einmal ein Erörterungstermin stattgefunden, weil die PGVC erneut Gutachten nachreichen muss. Für Neida zeige das Papier jedenfalls keine Erleichterungen auf, betonte Bartsch: Ziel sei ein Verkehrslandeplatz mit Instrumentenflugberechtigung für Starts und Landungen. "Wenn es eine bessere Lösung gibt als die Verlängerung einer Ausnahmegenehmigung für die Brandensteinsebene, kann das helfen. Aber die Probleme auf der Brandensteinsebene bleiben bestehen: die zu kurze Bahn, keine ausreichenden Sicherheitsfreiflächen", betont Bartsch.
Über Coburg nach Bamberg
Schon jetzt fliegen übrigens viele der Piloten, die den Instrumentenflug nutzen, den Coburger Flugplatz bei entsprechendem Wetter nach Sichtflugregeln an. Sie sparen sich damit den Umweg, den sie auf der für den Instrumentenflug vorgegebenen Route machen müssten. Außerdem nutzen manche Piloten das Coburger Instrumentenanflugsverfahren, um unter die Wolkendecke zu kommen - und dann auf Sicht nach Bamberg weiterzufliegen.Dem Bamberger Sonderlandeplatz Breitenau könnte das Papier aber neue Perspektiven eröffnen. Bartsch wollte das nicht kommentieren - "wir beschäftigen uns nicht mit Bamberg". Der Sonderlandeplatz Breitenau wird vom Verkehrsbetrieb der Bamberger Stadtwerke betrieben; operativ zuständig ist aber der Aero-Club Bamberg.
"Private Nutzer" würden auf eigene Kosten untersuchen lassen, ob die im Papier genannten Voraussetzungen für einen instrumentengesteuerten Anflug auf Bamberg möglich seien, hatte der Sprecher der Stadtwerke Bamberg am Freitag erklärt.
Zumindest sind die Hürden nicht so hoch wie bei einem vollwertigen Instrumentenflugverfahren: Zwar muss der Platz dann entsprechende Funkeinrichtungen und einen Sichtweitenmesser aufweisen, aber für die Landebahn gelten keine Einschränkungen im Vergleich zu vorher. Der Bereich um den Platz, der frei von Hindernissen bleiben muss, ist kleiner als bei Instrumentenflug-tauglichen Bahnen; die Landebahn muss nur die Vorschriften erfüllen, wie sie für nicht-instrumentierte Bahnen gelten. Aufgrund der nahegelegenen Hochspannungsleitung gilt es jedoch als ausgeschlossen, dass in Bamberg regulär Instrumentenflug genehmigt werden könnte.
Instrumentenflug für Helikopter
Beantragt ist, Instrumentenflug für Hubschrauber auf der Breitenau zuzulassen. Das Verfahren beim Luftamt Nordbayern läuft noch: "Die Öffentlichkeitsbeteiligung ist abgeschlossen, so dass sich die Unterlagen unter Berücksichtigung der eingegangenen Stellungnahmen und Einwendungen derzeit in der Detailprüfung befinden", teilte eine Sprecherin der Regierung von Mittelfranken auf Anfrage mit. Weitere Anträge lägen derzeit nicht vor - und auch das Instrumentenanflugverfahren auf Nichtinstrumentenlandebahnen müsste das Luftamt Nordbayern genehmigen.
Hintergrund in Stichworten: Worum es beim Thema Flugplatz alles geht
Lage Eröffnet wurde der Flugplatz Brandensteinsebene im Jahr 1913. Der Platz auf dem Plateau östlich der Coburger Veste ist durch die natürlichen Gegebenheiten eingeschränkt - eine längere Landebahn als die vorhandene ist nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand (und Erdbewegungen) machbar. Einst wurde der Flugplatz wegen der Höhenlage dort angelegt - heute verhindern tiefhängende Wolken im Sichtflugbetrieb oftmals Starts und Landungen, wenn auf tieferliegenden Flugplätzen noch Starts und Landungen möglich wären.Instrumentenflug Für Instrumentenflug muss ein Flugplatz entsprechend ausgestattet sein; unter anderem braucht er eine Anflugbefeuerung. Die auf der Brandensteinsebene entspricht nicht den Richtlinien. Auch die Sicherheitsstreifen an den Bahnenden reichen nicht aus. Weil für die Anflugbefeuerung ein Stück von der Landebahn abgeknapst wurde, kann zum Beispiel der Jet der Firma Brose hier nicht mehr landen. Würde man für Anflugbefeuerung und Sicherheitsstreifen die Bahn weiter verkürzen, könnte keiner der hier stationierten Geschäftsflieger mehr in die Luft gehen. Und selbst, wenn eine richtlinienkonforme Anflugbefeuerung auf hohen Masten installiert würde, bleibt das Problem der kurzen Bahnlänge (632 Meter).
Sichtflug Dafür muss die Sicht mindestens 1500 Meter betragen: Das heißt, vom Tower aus muss man den Sendemast am Eckardtsberg noch sehen können. Bei Sichtflug sind Starts und Landungen von den Wetterbedingungen abhängig. Deshalb bestehen die Unternehmen auf die Möglichkeit des Instrumentenflugs, weil sie nur so Planungssicherheit haben.
Neubau Weil auf der Brandensteinsebene wichtige Vorschriften für den Instrumentenflug nicht eingehalten werden können und die relativ kurze Bahn nicht ungefährlich ist, fordern vor allem die hier fliegenden Unternehmen den Bau eines neuen richtlinienkonformen und instrumentenflugtauglichen Verkehrslandeplatzes. Vorgesehen ist eine Fläche bei Neida, aber dagegen gibt es großen Widerstand in der Bevölkerung. Auch Naturschutzbehörden und Deutsche Flugsicherung haben Bedenken angemeldet, unter anderem wegen der Vogelschutzgebiete. Noch läuft das Planfeststellungsverfahren.
Fristen Ohne Anflugbefeuerung kein Instrumentenflug. Aber weil die Anflugbefeuerung auf der Brandensteinsebene nicht den Regeln entspricht, hat sie eine Ausnahmegenehmigung. Diese gilt bis Jahresende 2019, aber auch nur dann, wenn erkennbar ist, dass sich die Stadt um die Herstellung eines regelkonformen Platzes bemüht. Würde die Projektgesellschaft Verkehrslandeplatz ihre Bemühungen um einen Neubau einstellen, könnte die Ausnahmegenehmigung gleich beendet werden.
Alternativen In der näheren Umgebung stehen der Sonderlandeplatz Bamberg-Breitenau (kein Instrumentenflug, 1253 Meter Bahnlänge ) und der Flugplatz Haßfurt (Instrumentenflug, Bahnlänge 1043 Meter plus 200 Meter Überrollstreifen) zur Verfügung. sb