Druckartikel: Auch die Queen was "very amused"

Auch die Queen was "very amused"


Autor: Oliver Schmidt

Coburg, Samstag, 14. Mai 2016

Viele bemerkenswerte Beiträge hatten sich in diesem Jahr um den Coburger Medienpreis beworben.
Natalie Schalk aus Bad Rodach gewann den Medienpreis in der Kategorie Wellenschläger/Oberfranken. Links Moderator Christian Limpert, rechts Tageblatt-Redaktionsleiter Oliver Schmidt.


Lecker, was da in dem vermeintlichen Gasthaus alles aufgetischt wurde: Eier, Toast und Joghurt, dazu syrisches Fladenbrot und selbstgemachte Marmeladen. Des Festmahls wunderbare Hintergrundgeschichte: Das hungrige Urlauberpaar aus Karlsruhe hatte sich im Landkreis Bamberg in ein Gebäude verirrt, das zwar laut Außenwerbung vorgab, noch immer ein Lokal zu sein, doch in Wahrheit war es längst zu einem Heim für Asylbewerber umfunktioniert worden. Für sehr freundliche Asylbewerber.


Lob von OB Tessmer

Lecker auch, was da am Donnerstagabend im Alten Güterbahnhof in Coburg den vielen Gästen serviert wurde: Die Matchbox Big Band aus Wien interpretierte bekannte Rocksongs völlig neu, die Comedy-Künstlerin Krissie Illing aus Toulouse begeisterte als Queen Elizabeth sowie als verliebtes Mauerblümchen - und zwischen diesen Programmpunkten wurde der Coburger Medienpreis vergeben.
Die vielleicht mit am meisten Beifall bedachte Siegerin war Natalie Schalk (Mediengruppe Oberfranken), die zusammen mit ihrem Kollegen Bernhard Brandl die anfangs beschriebene Geschichte "Touristen verirren sich Asylbewerberheim" entdeckt und einfühlsam aufgeschrieben hat.

Coburgs Oberbürgermeister Norbert Tessmer (SPD) bezeichnete die Verleihung des Coburger Medienpreises als "das zentrale Medienereignis in Nordbayern". Lob für die Veranstaltung und für die eingereichten Bewerbungen kam auch von Thomas Nagel, dem Leiter der Akademie für Neue Medien in Kulmbach: "Ich finde es großartig, dass es in vielen Beiträgen um Europa geht." In diesem Zusammenhang betonte er: "Der Wert der Demokratie darf nicht verloren gehen."

Tageblatt-Redaktionsleiter Oliver Schmidt hielt die Laudatio auf Natalie Schalk. Er würdigte vor allem den Fleiß und die Hartnäckigkeit der aus Bad Rodach stammenden Redakteurin.


Über Nebensatz gestolpert

Denn die Geschichte vom Urlauberpaar im Asylbewerberheim wäre um ein Haar unentdeckt geblieben. Erst Monate nachdem sie geschehen war, trudelte in der Redaktion der Bericht über ein kirchliches Fest ein. In einem Nebensatz wurde der kuriose Vorfall aus dem Sommer erwähnt. Redakteur Bernhard Brandl, der den Text bearbeitete, stolperte über diesen Nebensatz - und Natalie Schalk begann zu recherchieren. Sie schaffte es tatsächlich, das Urlauberpaar ausfindig zu machen, und die Geschichte, die laut Oliver Schmidt "ans Herz geht und zu Tränen rührt", konnte geschrieben werden und somit "Wellen schlagen".

Doch auch nach der Veröffentlichung in den Zeitungstiteln der Mediengruppe Oberfranken, zu denen unter anderem das Coburger Tageblatt gehört, machte sich Natalie Schalk verdient. Denn Medien aus ganz Deutschland wollten ebenfalls darüber berichten, und die Redakteurin fungierte dabei in vielen Fällen als Mittlerin zwischen ihren Journalistenkollegen und den Asylbewerbern. So konnte die Geschichte auch bundesweit Wellen schlagen.

Bemerkenswert auch der Einsatz des 23-jährigen Manuel Stark, der für seine Serie "Schicksal Flucht" den Medienpreis in der Kategorie Oberfranken/Nachwuchs erhielt. Die Serie war in den Anzeigenblättern der Mediengruppe Oberfranken veröffentlicht, zu denen auch das im Tageblatt-Haus produzierte "Coburg Stadt und Land" gehört.

Die Jury lobte vor allem die vielen Blickwinkel, aus denen Manuel Stark das Thema beleuchtete. Er sprach mit Flüchtlingen, mit Flüchtlingshelfern oder auch mit drei Jungs, die sich auf dem Spielplatz mit einem Buben aus Afghanistan anfreunden. In einem Serienteil ging es um das Schicksal einer Familie, die nach dem Zweiten Weltkrieg von Breslau nach Oberfranken flüchten musste. "Vielleicht hat diese Parallele so manchem, der angesichts der heutigen Situation Vorurteile hat, die Augen geöffnet", hieß es von der Jury.
In eine ähnliche Kerbe schlug Comedian Stefan Eichner ("Das Eich"), als er seinen Medienpreis erhielt. "Ich kann ja über fast alles lachen", sagte er, aber wenn ich sehe, wie einfache Rattenfänger derzeit Hochkonjunktur haben, dann vergeht mir das Lachen." Er, so erklärte Eichner, wolle mit seinen auch bissigen Beiträgen einen "Gegenpol" dazu setzen. Sagte es, und tischte den Gästen der Preisverleihung spontan eine Kostprobe seines Könnens auf. Lecker!


Von der Bürgerwehr bis zum "Schicksal Flucht": Alle Preisträger auf einen Blick


Der Preis Der mit insgesamt 3750 Euro dotierte Coburger Medienpreis wurde zum sechsten Mal vom Coburger Medienclub vergeben - in den Kategorien Nachwuchs, Schöpfung und Wellenschläger, jeweils noch unterteilt in "national" und "Oberfranken". Insgesamt gab es 80 Bewerbungen.

Die Jury Die Beiträge wurden gesichtet und bewertet von Christian Limpert (Bayerischer Rundfunk), Thomas Nagel (Akademie für Neue Medien in Kulmbach) und Tageblatt-Redaktionsleiter Oliver Schmidt.

Die Sieger Den Medienpreis in der Kategorie Wellenschläger/ National ging an Hans-Jakob Rausch (NDR) und Frieda Thurm (Zeit) für ihre Dokumentation "7 Tage ... Bürgerwehr". Den nationalen Preis in der Kategorie Schöpfung gewann ein Team des Jugendprogramms "Puls" vom BR mit einem crossmedialen Projekt "Die Frage: Wie schlimm ist der Knast?" Der nationale Nachwuchspreis ging an Madeleine Hofmann (Berlin) für das Onlinemagazin "Generation (wh)y)", das für mehr Verständnis der jungen Generation durch die ältere wirbt. Den Coburger Medienpreis Oberfranken in der Kategorie Nachwuchs holte sich Manuel Stark aus Bamberg für die Reportagereihe "Schicksal Flucht" in den Anzeigenblättern der Mediengruppe Oberfranken. In der Kategorie Schöpfung gewann Stefan Eichner ("Das Eich") aus Kulmbach mit seinen satirischen Wochenrückblicken, zu hören auch auf Radio Eins. In der Kategorie Wellenschläger ging der Preis an Natalie Schalk von der Mediengruppe Oberfranken für ihre Geschichte "Touristen verirren sich in Asylbewerberheim". ct