Altkleiderflut: Bergeweise Billigklamotten werden zum Problem - auch in Franken
Autor: Natalie Schalk
Bad Rodach, Donnerstag, 16. Januar 2020
Wir räumen auf, sortieren aus: Dass unsere alte Kleidung gespendet werden kann, gibt uns ein gutes Gefühl. In Wahrheit produzieren wir Unmengen Müll.
Es regnet in den Buggy hinein. Das Verdeck ist zurück geklappt, der Stoff ganz durchweicht. Jemand hat das Fahrzeug in Bad Rodach im Kreis Coburg vor einem Altkleider-Container der Malteser abgestellt. Einen Tag später liegt ein Koffer darauf. "Sobald irgendwas da steht, entwickelt das eine Eigendynamik", sagt Malteser-Mitarbeiter Wilhelm Horlemann. "Da stellt jeder was dazu, der etwas loswerden will - wie beim Sperrmüll."
Einen Tag später sind die Sachen weg, das Kur-Städtchen sieht wieder aufgeräumt aus. "Auf jedem Container steht eine Telefonnummer", erklärt Horlemann. Ist ein Container voll, kann der Textil-Recycler FWS angerufen werden, um die Sachen abzuholen. Das Bremer Unternehmen leert bayernweit die Altkleiderbehälter der Malteser. Nach dem so genannten "Verwertermodell" wird der gesamte Inhalt an die norddeutsche Textilrecyclingfirma verkauft und dort von Hand für die weitere Verwendung sortiert.
Export nach Osteuropa und Afrika
Es gibt ein paar wenige Sachen, die in deutsche Second-Hand-Shops gehen, einiges landet in osteuropäischen Ländern oder auch in Afrika. Manchmal wird kritisiert, dass unsere Kleiderspenden den lokalen Textil-Handel dort zerstören und der Transport nicht umweltfreundlich ist. Trotzdem gibt es auch kleine Händler, die in armen Ländern von Secondhand-Kleidung leben. Und was sind die Alternativen? Im Müllheizkraftwerk verbrennen? Textilien sind ein Wertstoff.
In Deutschland gilt das Kreislaufwirtschaftsgesetz: Nur das, was gar nicht mehr anders verwertbar ist, darf zur Wärmegewinnung verbrannt oder anderweitig als Müll entsorgt werden. Aber wenn wir uns entscheiden, den Pulli, die Jacke oder das T-Shirt nicht mehr tragen zu wollen, ist es trotzdem Müll. Wir beruhigen unser Gewissen, indem wir die alten Sachen an gemeinnützige Organisationen geben, aber im Grunde kaufen wir einfach viel zu viel. Wir werfen zuviel weg.
Das T-Shirt wird Dämmstoff im Auto
Eine Million Tonnen Altkleider bringen die Deutschen jährlich in Container oder Sammlungen. Wir tun damit nichts Gutes. Wir tun aber das Beste, was mit Müll gemacht werden kann: Wir versuchen, ihn wiederzuverwenden.
"Kleidung gehört nicht in den Hausmüll", betont Horlemann. Nicht einmal, wenn Löcher drin sind. Auch dann bleiben Textilien Wertstoffe. Zwar wird so gut wie nie Garn für neue Kleidung daraus gewonnen - das wäre echtes Recycling - aber es werden oft Putzlappen daraus gemacht. Oder die Stoffe werden geschreddert, bis sie nur noch luftige Fasern sind und als Dämmstoffe genutzt werden können. Beispielsweise in Türen oder Motorhauben von Autos.