"Altes Gebrück" mit ganz viel Charme
Autor: Ulrike Nauer
Coburg, Freitag, 23. Mai 2014
Die Packhalle am ehemaligen Coburger Güterbahnhof ist in der Hand der Studierenden. Sie hauchen dem maroden Gebäude mit ihren bunten Ideen neues Leben ein.
Kaum zu glauben, was ein paar kreative Köpfe aus einer Industriebrache machen können, die schon oft totgesagt und längst dem Abriss geweiht war. Die Coburger nennen so etwas wie die Packhalle am ehemaligen Güterbahnhof ein "altes Gebrück". Das klingt beinahe liebevoll und genau so - liebevoll nämlich - sind die Studierenden der Hochschule Coburg dieser Tage dabei, den schmucklosen Bau für die 26. Coburger Designtage herauszuputzen.
Viel Deko braucht es gar nicht, denn die Halle mit ihren Klinkerwänden, dicken Holzbalken und fast antiken Hinweistafeln hat einen ganz eigenen Charme, der für sich wirkt. So wird nur an der einen oder anderen Ecke etwas nachgeholfen. Ein nicht ganz so ansehnliches Drahtgitter zum Beispiel, verschwindet hinter knallbunten Rechtecken - fertig.
Auwi Stübbe, Hochschulprofessor und Vorsitzender des Coburger Designforums Oberfranken, kommt aus dem Schwärmen gar nicht mehr heraus. "Wir sind mehr als glücklich mit dem Güterbahnhof", betont er beim Presserundgang am Freitagmittag. "Solche Orte werden von anderen gern als Un-Orte angesehen", weiß Stübbe. "Die sagen: ,plattmachen!‘ - wir sagen: ,Moment! Erstmal schauen, was man daraus noch machen kann."
"Un-Orte" ins Licht rücken
Genau darin liege die Aufgabe der Designtage, solche Orte in den Vordergrund zu holen. Dass sich der Güterbahnhof nicht von heute auf morgen in eine blühende Schönheit verwandeln lässt, ist Stübbe wohl bewusst. "Das braucht Zeit. Schließlich stehen die Investoren hier nicht gerade Schlange."
Apropos Schlange: Kernstück des Gestaltungskonzeptes ist ein Laufsteg, der sich durch die gesamte Halle zwischen den Balken hindurchschlängelt. Darauf wird am kommenden Donnerstag der Studiengang Textildesign aus Münchberg zwei Mal seine modischen Kreationen präsentieren. Ein paar weiße Tücher drauf und schon ist der "Catwalk", dessen Unterbau aus Hunderten abgesägten Ästen besteht, zum Konferenztisch fürs Pressegespräch umfunktioniert.
Ansteckende Begeisterung
Die Idee, die Designtage in der alten Packstation stattfinden zu lassen, spukte den Veranstaltern schon länger im Kopf herum. "Aber es war nicht leicht, da ran zu kommen", sagt Mick Böhm, Koordinator vom Stadtmarketing. Zunächst habe die Stadt Coburg die Industriebrache kaufen müssen. "Und dann mussten erst einmal viele Wege gangbar gemacht werden", berichtet Böhm.
Eine Halle weiter bepflanzt in der Zwischenzeit ein Dreier-Team Holzkisten mit allerlei Grünzeug, während draußen die Spuren des heftigen Regengusses aus der vorherigen Nacht beseitigt werden. Zwischen den weißen Pavillons, seit Jahren so etwas wie das Markenzeichen der Designtage, soll ein See entstehen, an dem wiederum täglich Konzerte stattfinden werden. Eine Art See ist durch den Regen zwar schon entstanden, allerdings anders, als es sich die kreativen Köpfe ausgedacht hatten. Deshalb wird jetzt eifrig Splitt zwischen den Pavillons verteilt. Die Zeit drängt - bis zur Eröffnung am Dienstagabend muss alles fertig sein.