Druckartikel: Alte Linde soll nicht dem Flugplatz bei Neida weichen

Alte Linde soll nicht dem Flugplatz bei Neida weichen


Autor: Stefanie Karl

Breitenau, Freitag, 17. April 2015

Aus den Planfeststellungsunterlagen für den Verkehrslandeplatz bei Neida geht hervor, dass eine 500 Jahre alte Linde in der Einflugschneise steht. Eine Initiative kämpft nun dafür, dass der Baum ein Naturdenkmal und somit nicht gefällt wird.
Die 500 Jahre alte Linde war früher ein Gerichtsbaum. Foto: Stefanie Karl


An ihrem mächtigen Fuß ranken sich Buschwindröschen und ihre starken Arme ragen weit hoch in den Himmel: Die Breitenauer Linde auf einer kleinen Anhöhe außerhalb des Dorfes trotzt schon seit mehr als 500 Jahren den Zeiten, schützend umringt von zahlreichen jüngeren Bäumen. Im Rahmen des geplanten Neubaus eines Verkehrslandeplatzes bei Neida könnte der Baum im Flurbereich Hähnles jetzt allerdings in Gefahr sein. Das geht aus den Unterlagen des Planfeststellungsverfahrens hervor, die derzeit ausliegen.

Die Bürgerinitiative Bad Rodach "Kein Verkehrslandeplatz zwischen Neida und Wiesenfeld" hat deshalb am Mittwochabend eine Ortsbegehung mit Stefan Beyer vom Bund Naturschutz Coburg organisiert. Unklar war, ob die Linde tatsächlich direkt von einem Kahlschlag betroffen wäre. Mitunter seien die Unterlagen des Planfeststellungsverfahrens, die immerhin gut 2300 Seiten umfassen, nicht ganz einfach nachzuvollziehen, gibt Steffi Laube von der Bürgerinitiative zu bedenken.

Wenn schon nicht die Linde selbst, so ist doch Baumbestand in der Nähe gefährdet

Stefan Beyer geht nach Einsicht in die Planunterlagen allerdings davon aus, dass die Linde selbst der geplanten Einflugschneise nicht weichen muss, wohl aber Baumbestand in unmittelbarer Nähe.

Um den altehrwürdigen Baum in jedem Fall zu schützen, soll dieser dennoch zeitnah als Naturdenkmal ausgewiesen werden; ein entsprechender Antrag sollte nach seiner Empfehlung über die Stadt Bad Rodach als Grundstückseigner laufen. "Die Linde ist es in jedem Fall wert, als Naturdenkmal eingestuft zu werden. So einen schönen Baum sieht man nicht häufig", sagte der Vertreter des Bund Naturschutz. Zuständig für die Einstufung als Naturdenkmal ist das Landratsamt Coburg als untere Naturschutzbehörde. "Letztlich muss es der Landrat unterschreiben", so Stefan Beyer.

Aber auch wenn die Linde selbst nicht fallen muss, besteht nach Einschätzung von Ralf Wielgosch trotzdem Handlungsbedarf: "Auch durch eine Abholzung im näheren Umfeld gerät die Linde in Gefahr. Der bislang geschützte Baum wird freigestellt und so Wind und Wetter ganz anders ausgesetzt", erläutert der Neidaer. Gegen derartige Witterungseinflüsse schützt sich ein freistehender Baum normalerweise automatisch durch seinen Wuchs, im Querschnitt erscheinen die Jahresringe dann nicht mehr als ebenmäßige Kreise mit einem fixen Mittelpunkt, sie wachsen vielmehr exzentrisch. "Diesen so genannten Exzenterwuchs hätte die Linde im Laufe der Jahrhunderte aufbauen müssen, jetzt aber hat sie nicht mehr die Chance dazu."

Fehlen die anderen Bäume, könnte ein Sturm den Baum fällen

Die Wechselwirkungen dieser Eingriffe dürften keineswegs unterschätzt werden, so der Flugplatzgegner. "Kommt dann ein Sturm, fällt die Linde um.

"Wir verteidigen unseren Baum, unsere Femlinde", sagt Hartmut Keller von der Bürgerinitiative Bad Rodach. Als Gerichtslinde blickt sie auf eine bewegte Vergangenheit zurück: Im Mittelalter saßen die Ratsherren unter schützenden Bäumen an herausgehobener Stelle zu Gericht, bevorzugt unter blattreichen Linden, denen - dem Aberglauben nach - ganz besondere magische Wirkungen zugeschrieben wurden. "Und wegen zwei oder drei größeren Herren soll nun unsere Natur kaputt gemacht werden? Sie hat 500 Jahre überstanden und soll jetzt wegen einem Verkehrslandeplatz weg? Das tut weh", so der Breitenauer.

"Eine Persönlichkeit"

Auch Enno Kempf fürchtet um die hochgewachsene Linde. "Das ist kein Baum mehr, das ist eine Persönlichkeit", sagt er. Für die Zukunft keimt aber wieder Hoffnung: "Nach der Begehung mit Herrn Beyer schlägt mein Herz schon wieder viel leichter." Vielleicht - ja, vielleicht - sind das ja die viel beschworenen magischen Kräfte der Linde?

Pfarrerin Johanna Sonntag denkt an Ähnliches: "Diese Linde ist ein Anziehungspunkt für Menschen, aus ihr fließt die Kraft der Natur. Deshalb haben wir vor circa fünf Jahren angefangen, Gottesdienste hier abzuhalten - die tiefe Dankbarkeit für Gottes Schöpfung fühlen die Menschen an dieser Stelle deutlicher als in jedem Kirchengebäude."

Ein Hotzenplotzbaum

Anziehungskraft - die hat der alte Baum bereits auf Kinder. "Wir sind im Sommer oft hier", sagt die 11-jährige Franka Laube und zeigt auf zwei kleine Waldhütten, die sie selbst mit ihren Freunden gebaut hat. Baumrinde, Äste und Laub bilden eine höhlenartige Behausung im Schatten der ausladenden Äste der alten Gerichtslinde. "Ich finde, sie schaut aus wie ein Hotzenplotzbaum", sagt sie und räumt den Eingang zu ihrer Höhle frei, um dann hinein zu schlüpfen. "Sie ist doch schon so alt und stand schon immer da. Wenn der Baum weg müsste, dann wäre hier ein leerer Fleck."