Ärgern wenn der Bus kommt...
Autor: Jutta Rudel
Coburg, Dienstag, 08. Januar 2019
Die Awo-Bewohner in der Pettenkoferstraße sind enttäuscht: Gerade sie sind auf Barrierefreiheit und den öffentlichen Nahverkehr angewiesen.
Kurze Wartezeiten an der Haltestelle und eine Busfahrt ohne Extraschlenker - was im ersten Moment für die Fahrgäste der Buslinie 6/66 perfekt klingt, ist längst nicht für alle eine Verbesserung. Schlimmstenfalls könnte die Fahrplanänderung eine Rückzahlung von Fördermitteln mit sich ziehen.
Die Haltestelle "Lukaskirche" in der Dr.-Hans-Berger-Straße wurde nämlich zum Jahresbeginn in die ein paar Meter weiter unten liegende Dr.-Hans-Schack-Straße verlegt. Der Bus fährt diese nun direkt entlang, wie Raimund Angermüller, Betriebsleiter der Städtischen Werke Coburg (SÜC) erklärt. Zuvor ist der Bus einen Bogen über die Paracelsus-, Pettenkofer- und Dr.-Hans-Berger-Straße gefahren.
Für die Bewohner des Awo-Wohnprojekts "Wilna" in der Pettenkoferstraße bedeutet das nun eine doppelt so lange Wegstrecke zur neuen Bushaltestelle. Eine verärgerte Bewohnerin macht die erschwerte Situation deutlich: "Wir haben uns ausgesucht, hier zu wohnen, weil die Lage so günstig ist. Jetzt sind wir sehr enttäuscht."
Hinwärts zur Haltestelle sei der Fußweg machbar, weil es bergab geht. Heimwärts jedoch müssen sie noch weiter den Berg hinaufgehen. Das ist angstregend, denn "fast alle von uns sind auf Rollator oder Rollstuhl angewiesen".
Fehlende Barrierefreiheit
Doch nicht nur das stellt die Seniorin vor eine neue Herausforderung: Der Bordstein an der Haltestelle ist (noch) nicht erhöht worden. Wer ohnehin nicht gut zu Fuß ist, ist nun auf fremde Hilfe beim Ein- und Aussteigen angewiesen. Was sie besonders ärgert: Die alte Haltestelle war bereits barrierefrei. Die Stadt Coburg hat bisher in vier Tranchen Haltestellen behindertengerecht umgebaut. Dafür sind, wie David Schmitt, Pressesprecher der Stadt Coburg berichtet, jeweils rund 250000 Euro aufgewendet worden und in etwa gleicher Höhe Fördermittel des Freistaats geflossen.
"Die fünfte Tranche ist in Vorbereitung und kann voraussichtlich 2020 gebaut werden", sagt Schmitt. Die Stadt hat hierfür die naheliegende Haltestelle "Dr.-Hans-Schack-Straße" im Blick. Diese stellt einen barrierefreien Ersatz für die neue Haltestelle dar. Für die Wilna-Bewohner wäre dieser Weg aber fast dreimal so lange wie zur bisherigen Haltestelle.
Peter Tretau, Behindertenbeauftragter der Stadt, ist schockiert: "Ich bin erschrocken, als ich erfahren habe, was älteren Menschen und Behinderten hier zugemutet wird." Er selbst ist nicht ausreichend informiert worden und hat sich wütend an die ÖPNV-Beauftragte Marita Nehring gewandt. Diese konnten ihn aber etwas beruhigen, denn das letzte Wort sei noch nicht gesprochen.