Druckartikel: Ärger um Lärm vom Windpark bei Sonnefeld

Ärger um Lärm vom Windpark bei Sonnefeld


Autor: Rainer Lutz

Sonnefeld, Dienstag, 27. Sept. 2016

Zuerst war die Stimmung recht positiv. Doch seit die Windkraftanlagen auf dem Kraiberg zum ersten Mal gelaufen sind, hat sich der Wind gedreht.
Die Windräder auf dem Kraiberg stehen still. Foto: Rainer Lutz


"Meistens drehen sie sich nicht", sagt ein Bauer, der auf dem Feld nahe Windrad Nummer fünf arbeitet. "Wenn sie sich langsam drehen, dann hört man auch fast nichts", fügt er hinzu. Aber als vor kurzem mal etwas mehr Wind für eine ordentliche Umdrehungszahl sorgte, da sei es wirklich störend laut geworden bei ihm Zuhause - obwohl er rund einen Kilometer entfernt wohnt. Ihm geht es wie offenbar nicht wenigen in Oberwasungen, Zedersdorf, Plesten oder Weickenbach: "So laut haben wir uns das nicht vorgestellt."
Eine Spaziergängerin aus Gestungshausen ist froh, dass sie weiter weg wohnt. Zu Hause hört sie die Rotoren nicht. Einmal sei sie mit dem Hund dort oben unterwegs gewesen, als sich die Flügel drehten. "Wenn du da läufst, wenn sich die Dinger drehen, dann verstehst du jede Beschwerde" sagt sie.

Sie kenne ähnliche Anlagen aus dem Schwäbischen und ist sicher, die seien nicht annähernd so laut.
Es regt sich Widerstand gegen die Anlage, die inzwischen fix und fertig auf dem Kraiberg steht. Noch halten sich die Gegner des Windparks bedeckt. Auch ein Anrufer in der Redaktion will anonym bleiben - noch, sagt er. Er verweist auf die Facebook-Seite "Betroffene des Windparks Sonnefeld / Kraiberg". Dort werden beispielsweise aktuelle Schallmessungen gepostet. Demnach erreichte der Lärm am Montag in einer Entfernung von mehr als 800 Metern bereits eine Lautstärke jenseits des Grenzwertes von 45 dB(A) "...und der Wind kam nicht einmal in unsere Richtung", heißt es in dem Post.
Bereits bei Windgeschwindigkeiten um drei Meter pro Sekunde, wie sie am Montag auf dem Kraiberg erreicht wurden, werde demnach der zulässige Geräuschpegel deutlich überschritten. Die Gestalter der Facebook-Seite rufen alle, die unter den Geräuschen aus dem Windpark leiden, auf, sich beim Landratsamt Coburg zu beschweren und liefern auch gleich die Telefonnummern der zuständigen Ansprechpartner mit. Mit möglichst breitem Protest hoffen sie, zumindest zu erreichen, dass etwas unternommen wird, um die Lautstärke der Rotoren zu mindern. Vor allem in der Nacht könne ein Lärmpegel weit jenseits der Grenzwerte nicht hingenommen werden, sagen Anwohner.
Mag sich während der Planung und dem Bau der Windräder mit einer Gesamthöhe von jeweils knapp 200 Metern wenig Widerstand geregt haben - eitel Sonnenschein herrschte auch früher schon nicht. Bereits 2014 kritisierten Bürger bei einer Informationsveranstaltung, dass sie wenig Informationen im Vorfeld des Projekts bekommen hätten. Einige wollten nicht recht glauben, dass Geräusche, Lichtreflexe oder Schattenwurf wirklich so wenig störend sein würden, wie behauptet wurde.


Vor der 10H-Regel

Die Genehmigung für den Bau des Windparks auf dem Kraiberg wurde erteilt, ehe die bayerische Landesregierung die so genannte "10H-Regel" erließ. Seit November 2014 gilt im Freistaat, dass eine Windkraftanlage zehnmal so weit von der Wohnbebauung entfernt sein muss, wie sie hoch ist. Bei den knapp 200 Meter hohen Anlagen auf dem Kraiberg wären das zwei Kilometer. Sie hätten dann nicht mehr gebaut werden dürfen.
Bayern erntete für die Regelung viel Kritik. Schließlich ist es das erklärte Ziel der Bundesregierung, den Anteil des Windstroms an der Energieerzeugung in Deutschland deutlich auszubauen. Ende 2015 standen bundesweit nach Medienangaben knapp 26 000 Windkraftanlagen zur Verfügung.Ausreichend wehende Winde vorausgesetzt, sollen sie eine Leistung von mehr als 42 000 Megawatt bringen können. Wie der Tagesspiegel berichtet, soll die Leistung bis zum Jahr 2025 auf mehr als 60 000 Megawatt gesteigert werden. Flächen, auf denen sich sinnvoll Windstrom erzeugen lässt, stehen jedoch nicht unbegrenzt zur Verfügung.
In anderen Bundesländern gilt ein Mindestabstand von 600 Metern zwischen diesen Anlagen und der Wohnbebauung. In größerer Entfernung wird davon ausgegangen, dass keine Geräuschbelästigung mehr auftritt. Eine Einschätzung, die Anwohner rund um den Kraiberg nicht teilen. Wie es technisch gelöst werden soll, dass die störenden Geräusche gemindert werden, ist den Betroffenen des Windparks egal. Hauptsache der Lärm wird reduziert, dafür wollen sie notfalls auch vor Gericht ziehen.
Beschwerden gingen auch bereits zahlreich bei der Gemeinde Sonnefeld ein, bestätigt Bürgermeister Michael Keilich (CSU). Nach seinen Informationen soll der Lärm, der von den Windrädern ausgeht, nun noch einmal auch über einen längeren Zeitraum untersucht werden. Laut Betreiber Naturstrom gebe es dann durchaus technische Möglichkeiten, nachzubessern.