Abschied nach 42 Jahren im Coburger Bauamt
Autor: Ulrike Nauer
Coburg, Donnerstag, 01. Januar 2015
Vier Bau-Bürgermeister und ungezählte Pläne hat Werner Töpfer in 42 Jahren und drei Monaten erlebt. Jetzt geht der 65-Jährige, der bei der Stadt Coburg für die Bauleitplanung in Cortendorf und in der Stadtmitte zuständig war, in Pension.
Als Werner Töpfer am 1. Oktober 1972 im Bauamt der Stadt Coburg anfing, gab es dort - abgesehen von einigen Schreibkräften - so gut wie keine Frauen. Heute, 42 Jahre später, ist das ganz anders. Viele Sachbearbeiter sind weiblich und seit einigen Monaten führt mit Birgit Weber nun auch eine Bürgermeisterin das Baureferat. "Eine Frauenquote brauchen wir hier jedenfalls nicht", sagt Töpfer lachend. "Eher eine Männerquote." Dabei sorgt der 65-Jährige nun selbst dafür, dass der Anteil der Frauen im Bauamt steigt. Töpfer tritt am 1. Januar seinen Ruhestand an und sein Nachfolger wird eine Frau.
Beim Gespräch mit dem Tageblatt, kurz vor Weihnachten, hat Werner Töpfer seinen Schreibtisch schon leergeräumt. Ein paar Bücher stehen noch im Regal und neben dem Computer liegt ein riesiger zusammengerollter Plan. Er zeigt in unterschiedlichen Farben Coburgs Baugebiete seit der Wende vom 19. zum 20.
Baupläne - sie waren 42 Jahre lang Werner Töpfers Welt. Zu seinen Aufgaben gehörte die (vorbereitende) Bauleitplanung in den Bereichen Cortendorf und Stadtmitte und damit auch der Flächennutzungsplan, der regelmäßig alle paar Jahre auf den aktuellen Stand gebracht werden muss. Die aktuelle Version hat Töpfer neben anderen Dingen wie dem Brauhof oder dem Sagasser-Gelände in den letzten Monaten beschäftigt. "Etwa ein Drittel habe ich geschafft", sagt er. "Ich hätte den Entwurf gerne noch fertigbekommen." Dass die Zeit am Ende nicht mehr ganz reichte, ärgere ihn ein bisschen.
Praktisch vom ersten Tag an, war der "blutjunge Ingenieur" Töpfer in der Stadtverwaltung mit der Bauleitplanung betraut. Konkret bedeutet das, die bauliche und sonstige Nutzung von Grundstücken vorzubereiten und zu leiten. Diese Tätigkeit kam Töpfer sehr entgegen, denn schon während seines Architekturstudiums hatte er Bauleitplanung und Städtebau als vertiefte Themen gewählt. "Das ganze mathematische Zeug wäre dagegen nicht meines gewesen", erzählt er lachend.
Erst Handwerk, dann Studium
Ehe er das Studium am Staatlichen Polytechnikum Coburg, der heutigen Hochschule, aufnahm, absolvierte Töpfer erst einmal eine handwerkliche Lehre. Er ist Zimmerer-Geselle. Dass er kein Abitur hatte, sei für das anschließende Studium kein Hindernis gewesen, sagt der gebürtige Neustadter. "Das war damals noch mit der Mittleren Reife möglich."
Zum Berufswunsch Architekt sei er schon früh gekommen, wie er erzählt - allerdings nicht, wie man meinen könnte, über seinen Vater. Der sei Kaufmann gewesen. Töpfers Großvater aber war Stadtbaurat in Neustadt. "Ich war zwar erst sechs oder sieben Jahre alt, als er gestorben ist, aber wahrscheinlich wurde mir mein Beruf doch in die Wiege gelegt."
Als Töpfer vor 42 Jahren ins Bauamt kam, landete er mitten in der Zeit der ersten Eingemeindungen und sah sich mit allerlei Wünschen der Gemeinden konfrontiert. "Der Flächennutzungsplan wurde damals händisch erstellt, Computer gab es noch nicht", erinnert sich Töpfer. Die Stadt hatte extra Studenten angeheuert, die die Pläne für die Sitzungen mit Farbstiften colorierten.
Zur Jahrtausendwende war der Flächennutzungsplan zum letzten Mal geändert worden. "Nach der Wende entstanden viele neue Baugebiete." Die mussten eingearbeitet werden. Rasterkarten und Farbstifte sind natürlich längst Geschichte. Heute werde der Flächennutzungsplan vollständig digital erstellt, erklärt Töpfer. "Man ist eben nicht unentbehrlich."
Gibt es eigentlich ein Projekt, das ihm in 42 Jahren ein paar graue Haare beschert hat? Der 65-Jährige winkt ab. "Nein, den letzten Nerv hat mich nichts gekostet." Die Arbeit sei im Prinzip immer die gleiche, aber Coburg sei im Vergleich zu anderen Städten auch erfreulich unkompliziert, nicht zuletzt, weil die Zusammenarbeit innerhalb der Verwaltung gut klappt. "Wir sind mit der Kämmerei, den Liegenschaften und der Verkehrsplanung eng verzahnt, das ist das Schöne bei uns. Die Wege zwischen den Behörden sind kurz." Lange Baugenehmigungsverfahren wie sie etwa in München an der Tagesordnung seien, gebe es hier nicht. "Das geht in Coburg fix."
Was Töpfer besonderen Spaß gemacht hat, war die Arbeit am Integrierten Stadtentwicklungskonzept, kurz: Isek. Ein Jahr lang lief das Projekt und Töpfer war "von A bis Z" dabei. "Viel Arbeit, viel Zeit", sagt er rückblickend, aber man merkt ihm die Begeisterung an, wenn er über das Isek spricht. Und ein Lob muss er auch noch loswerden: "Alle Akteure haben toll mitgezogen."
Wie viele Projekte er in 42 Jahren und drei Monaten betreut hat, kann Töpfer nicht sagen. Es waren einfach zu viele. Bei den Bürgermeistern, die er seit 1972 erlebt hat, ist die Rechnung einfacher. Vier waren es: Eduard Reichardt, Richard Dlouhy, Hans-Heinrich Ulmann und nun Birgit Weber. Einen Favoriten habe er nicht, versichert Töpfer. Jeder habe seinen ganz eigenen Charakter. Reichardt zum Beispiel sei "Kriminaler" gewesen - "das hat man schon gemerkt".
Fällt es ihm eigentlich schwer, jetzt den Ruhestand anzutreten? Töpfer zuckt die Schultern: "Teils, teils." Wenn er gewollt hätte, hätte er auch schon früher in Altersteilzeit gehen können, doch das sei für ihn nicht in Frage gekommen. Dass er nun aber die Stelle für einen jungen Menschen frei mache, der sich dann verwirklichen könne, freue ihn schon.
Dass es ihm im Ruhestand zu ruhig werden könnte, fürchtet Töpfer nicht. Zum einen gebe es da seine zweijährige Enkelin, die noch nicht in die Kinderkrippe gehe, sondern die Zeit bei ihren Großeltern verbringe. "Da sind wir eingespannt", berichtet er. Außerdem gehöre zur Familie auch noch ein Dackel. Eine Weltreise oder ähnliches sei nicht geplant, versichert er lachend. "Aber wir unternehmen eine Radtour an der Edertalsperre, nur kurz übers Wochenende." Den Rest lasse er auf sich zukommen, aber eines ist für Werner Töpfer klar: Das Thema Bauen ist im Ruhestand passé.