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62 Stunden für eine neue Brücke


Autor: Klaus Oelzner

Ebersdorf, Sonntag, 01. Oktober 2017

Wochenlange Vorarbeiten und noch längere Planung waren nötig, um eine Unterführung in die Bahnlinie zwischen Ebersdorf und Coburg einzubauen.
Präzise Vermessung ist die Grundvoraussetzung, dass nach dem Einschub die Schienen wieder genau verlegt werden können.Klaus Oelzner


Wenn Ausflügler, Pendler oder Urlauber am Montag in Regionalbahn (RB) und Regionalexpress (RE) zwischen Coburg und Ebersdorf unterwegs sind, merken sie nichts mehr vom Baustellentrubel, der Ursache für eine 62 Stunden andauernde Sperrpause des Schienenverkehrs war. Dieser, mit zweijährigem Vorlauf geplante Zeitraum stand Mitarbeiterteams von Spezialfirmen und Deutscher Bahn zur Verfügung, um nahe Friesendorf ein 300 Tonnen Brückenbauwerk in den Bahndamm zu integrieren.
Die Bauarbeiten stehen im engen Zusammenhang mit Schaffung der Umgehung Ebersdorf im Zuge der neu geführten Kreisstraße CO 13, um Verkehrsströme aus dem überlasteten Ortskern heraus zu nehmen. "Bereits seit drei Jahrzehnten bestehen Planvorstellungen. Aber erst mit der Wiedervereinigung wurden konkrete Vorbereitungen eingeleitet" unterstreicht Bürgermeister Bernd Reisenweber (FW), der es sich nicht nehmen ließ, die Endphase der Bauarbeiten am Sonnabend mit seinem Gemeinderat in Augenschein zu nehmen. Mit Vorbereitung und Überwachung durch die Tief-bauverwaltung des Landkreises zeigte er sich ebenso zufrieden, wie vom minutiös geplanten Wochenendeinsatz mit Baumaschinen, Fahrzeugen und rund 20 Mitarbeitern einer Tiefbaufirma.


Wochenlange Vorarbeiten

Eine in unmittelbarer Nähe der noch nicht für den Verkehr freigegebenen CO 13 Straßenbrücke in mehrwöchiger Vorarbeit neben dem Bahndamm mit 120 Kubikmeter Beton und 20 Tonnen Stahlbewehrung entstandene Betonkonstruktion steht in Zukunft als Geh- und Radwegunterführung zur Verfügung. Mit 2,50 Metern lichter Höhe, drei Metern Durchgangsbereite und beiderseitigen 5,20 Meter Flügelwänden bringt die genau 644 Zentimeter lange Konstruktion etwa 300 Tonnen auf die Waage. Nach Auflassung und Abbau (voraussichtlich Ende Oktober) des benachbarten beschrankten Bahnübergangs können Radler und Spaziergänger die Mitte des 19. Jahrhunderts entstandene Werrabahnlinie bei Streckenkilometer 140,2 gefahrlos unterqueren.
Nach Arbeitsfreigabe durch die DB waren bei stromloser Oberleitung Versorgungskabel und Drahtzugseile für Signalbedienung zu entfernen, Schienenstränge zu trennen, Betonschwellen auszuheben, 20 Tonnen Schotter und rund 1200 Kubikmeter Bahndammschüttung im Scheinwerferlicht zur Zwischenlagerung abzutransportieren. Bevor die etwa 5,8 Tonnen schweren Einzelteile der beiderseitigen Verschubbahnen auf in Handarbeit mit zentimetergenau vorbereiteten Grund verlegt werden konnten, musste ein Gutachter die verdichtete Sohle der Tiefbaustelle inspizieren und freigeben.
Nach wochenlangen Vorarbeiten dauerte der zentimeterweise Einschub des 300 Tonnen schweren Bauwerks um rund 18 Meter in die Bahndammlücke genau 37 Minuten. Zahlreiche Interessierte verfolgten von der Straßenbrücke aus das nicht alltägliche Spektakel. Mit seinen gerade zehn Lenzen war der mit Vater aus Rödental gekommene Leander wohl der jüngste "Beobachter".


Millimetergenaue Arbeit

Im Auftrag eines auf Bahnbrückenbauten spezialisierten Saalfelder Ingenieurbüros führte Alexander Debri immer wieder statische Messungen über festgelegte Referenzpunkte durch, um den vorab festgelegten Verschiebevorgang zu gewährleisten. Festgestellte Abweichungen im Millimeterbereich galt es bei Bedienung der hydraulischen Verschubeinrichtung sofort zu korrigieren.
Die optimal genutzte Sperre des DB Schienenverkehrs und professionelle Arbeit der ausführenden Firmen würdigte Landrat Michael Busch vor Ort im Gespräch mit Jürgen Alt, der den Baufortschritt überwachte. Immerhin müssen für die nicht alltägliche Maßnahme rund eine Million Eigenmittel zur Verfügung stehen. "Der Landkreis geht davon aus, dass alles zeitgerecht abläuft und der Bahnbe-trieb am Montag wieder fahrplanmäßig läuft" zeigte sich Alt am Samstag Mittag zuversichtlich.
Und er sollte trotz kleiner Ungereimtheiten und unvorhersehbarer, aber gemeisterter Schwierigkeiten Recht behalten. Die Elektro- und Dieseltriebwagen rollen wieder planmäßig.