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30 Jahre gute Nachbarschaft zwischen Gemünda und Ummerstadt


Autor: Bettina Knauth

Gemünda, Donnerstag, 06. Februar 2020

Gemünda und Ummerstadt feierten die Öffnung der innerdeutschen Grenze vor 30 Jahren. Lehren aus der Geschichte müssten gezogen werden, wurde gemahnt.
Mit Fackeln zogen Bewohner von Gemünda (Foto) und Ummerstadt am Sonntag zur Grenze nahe der Gehegsmühle, um deren Öffnung vor 30 Jahren zu gedenken.  Foto: Bettina Knauth


Mit einem Begegnungsfest an der Gehegsmühle begingen Bürger aus Gemünda und Ummerstadt am Sonntag das 30. Jubiläum der Grenzöffnung. "Es war ein großer Glücksfall der Geschichte, dass die Grenze gefallen ist und nach so vielen Jahren wieder zusammengefunden hat, was zusammengehört", sagte Seßlachs Bürgermeister Maximilian Neeb (FW). Gerade für die nachgewachsene Generation, die weder Mauer noch zwei deutsche Staaten kennt, sei es wichtig, "dass wir heute hier stehen, feiern und erzählen, wie es damals war", meinte Ummerstadts Bürgermeisterin Christine Bardin (parteilos).

Das Begegnungsfest wurde vom Bundesprogramm "Demokratie leben!" unterstützt. Dabei jährte sich die lang ersehnte Öffnung erst am Dienstag. Auf Youtube hat die Stiftung "1150 Jahre Dorfgemeinschaft Gemünda" drei kurze Filmausschnitte vom 4. Februar 1990 als Zeitdokumente hochgeladen (https://www.youtube.com/watch?v=4aea1dtxI4k). Festgehalten hat die Eindrücke Martin Großkreuz. Noch gut kann er sich an den Tag erinnern: Begleitet von den Autenhaus'ner Musikanten holten die Bürger von Gemünda damals die Ummerstadter ab und geleiteten sie in ihr Heimatdorf. Dort angekommen, konnten sich die lange so unerreichbaren Nachbarn an jenem Sonntag gründlich umsehen. Vom Kindergarten bis zu den ortsansässigen Betrieben hatte alles geöffnet. Noch lange feierten Einheimische wie Gäste im Sportheim wie in der "Alten Schmiede" den Anlass.

"Was lange währt, wird endlich gut", begann der damalige Seßlacher Bürgermeister Hendrik Dressel 1990 seine Ansprache. Es habe zwar einige Wochen gedauert, bis nun auch zwischen Gemünda und Ummerstadt die Grenze offen war. Aber was sei diese Zeitspanne im Vergleich zur Länge der Teilung. "Wer noch vor einem halben Jahr die Öffnung der Grenze prophezeit hätte, wäre als Spinner ins Krankenhaus eingeliefert worden", war sich Dressel sicher. Inzwischen waren erste Kontakte geknüpft, regelmäßige Besuche möglich - und dies an jenem Sonntag auch auf kürzestem Wege. Besonders Dressel habe sich als "Mann der ersten Stunde" immer dafür eingesetzt, "dass wir hier zusammenwachsen können", hob 30 Jahre später Bardin hervor.

Unvorstellbar für Junge

"Für meine Generation ist es unvorstellbar, dass hier in der Mitte Europas seinerzeit die Welt zu Ende war", sagte Seßlachs 28-jähriger Bürgermeister. Mittlerweile sei es "das Normalste der Welt", dass Ummerstadt und Gemünda zusammengehörten, befreundet seien und sich austauschten. Neeb: "Durch unsere interkommunale Zusammenarbeit in der Initiative Rodachtal werden wir auch in der Zukunft profitieren."

Froh zeigte sich Bardin darüber, dass mittlerweile die Lebensleistung der DDR-Bürger anerkannt werde. Denn "Zusammenwachsen" bedeutet für die gebürtige Heilgersdorferin neben dem Gefühl der Zusammengehörigkeit auch, sich mit der gemeinsamen Geschichte zu beschäftigen, füreinander Verständnis aufzubringen und sich gegenseitig voranzubringen.

"Waren wir nicht alle froh, als diese unsäglichen Grenzen verschwanden und sich die Welt für uns öffnete?", fragte Bardin mit Blick in die Runde. Nun, da sich rechtes Gedankengut verbreite, fürchte sie um die Demokratie:

Gleich hinter dem Festplatz vom Sonntag befindet sich eine kleine Stein-Stele mit zwei aufrechten Halbzylindern. Den Ring, der sie zusammen hält, ziert ein Spruch zur Erinnerung an den 4. Februar 1990. "So symbolisiert dieses Kunstwerk uns Bürgern aus Ost und West, dass wir wieder zusammengekommen sind und gut zusammenpassen, so wie wir heute Abend", sagte der Stiftungs-Vorsitzende Josef Starkl.

Das Singen des Rennsteiglieds, des Lieds der Franken sowie der Hymnen Deutschlands und Europas war Teil der Feier, die von "Joana and the soulmates" musikalisch ausgestaltet wurde.

Gut angenommen wurde auch die Fotobox, in der sich Franken wie Thüringer mit Ost-West-Requisiten fotografieren lassen konnten.