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Tabakatlas 2015: Die Franken rauchen weniger


Autor: Natalie Schalk

Bayreuth, Dienstag, 03. November 2015

Der Norden ist die Raucherecke der Republik - im Süden wird weniger gequalmt. Und das, obwohl die Tabakproduktion in Franken Tradition hat: beim Großkonzern BAT und bei den letzten kleinen Tabakbauern Bayerns.
Symbolfoto: Caroline Seidel/dpa


In allen Bundesländern sterben doppelt so viele Männer wie Frauen an den Folgen des Rauchens. Nach dem "Tabakatlas", den die Bundesdrogenbeauftragte Marlene Mortler (CSU) und das Deutsche Krebsforschungszentrum am Dienstag in Berlin vorgestellt haben, sind 13,5 Prozent aller Todesfälle aufs Rauchen zurückzuführen. Hauptursachen: Krebs, Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen. 120.000 Menschen sterben jedes Jahr daran - in Baden-Württemberg und Bayern weniger als im Norden Deutschlands. Dort qualmt jeder Dritte, hier jeder Vierte.

Woran das liegt, geht aus der Studie nicht eindeutig hervor. Das Rauchverhalten hängt auch von Bildungsniveau, beruflicher Stellung und Einkommen ab: Mit steigendem Sozialstatus sinkt der Raucheranteil, wobei der Tabakkonsum insgesamt auf dem Rückzug ist: Anfang der 90er Jahre rauchten 37 Prozent der Über-14-Jährigen, heute nicht einmal mehr 30 Prozent.


Halb so viele versteuerte Zigaretten

Die Tabakindustrie merkt das am Umsatz: "Zwischen 1991 und 2014 hat sich die Menge an versteuerten Zigaretten fast halbiert", erklärt Karin Schlömer, Sprecherin von British American Tobacco (BAT). Der Konzern beschäftigt in Bayreuth 1400 Mitarbeiter (weltweit 57.000). BAT ist das zweitgrößte private Tabakunternehmen der Welt nach Altria / Philip Morris. In Bayreuth unterhält BAT sein weltweit größtes Werk. Mit 40 Milliarden wurden hier 2014 sogar mehr Zigaretten produziert als zehn Jahre zuvor, denn Glimmstängel aus Bayreuth gehen in die ganze Welt. Für den deutschen Markt werden vor allem Pall Mall und Lucky Strike hergestellt. Der Tabak stammt hauptsächlich aus Afrika, Asien und Lateinamerika.


Fränkischer Tabak für Ägypten

Früher einmal hat auch der Familienbetrieb des mittelfränkischen Tabakbauern Günter Leberer aus Roßtal-Raitersaich im Landkreis Fürth BAT beliefert. "Heute lohnt sich Zigarettentabak nicht mehr, außerdem ist das mit dem Zwischenhandel und allem viel zu kompliziert", sagt der 55-Jährige. Ein Großteil der deutschen Ware wird nach Ägypten exportiert und dort zu Wasserpfeifentabak verarbeitet.


Die letzten Tabakbauern Bayerns

Leberer ist Vorsitzender der Erzeugergemeinschaft Bayern-Tabak - was bedeutet, dass er für knapp 25 Bauern spricht, die ihre Höfe im Umkreis von etwa 30 Kilometern haben. Denn nur in den mittelfränkischen Landkreisen Nürnberg, Fürth, Schwabach und Ansbach wird in Bayern heute überhaupt noch Tabak angebaut. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es in Mittelfranken 1000 oder 1500 Pflanzer, sagt Leberer. "Allein in den vergangenen zehn Jahren hat sich die Anbaufläche halbiert." Das liegt Leberer zufolge aber nicht etwa am Nichtraucherschutz im Wirtshaus oder Warnsprüchen auf Zigarettenschachteln, sondern daran, dass 2010 die EU-Förderung für Tabak auslief. "Wenn es keine Prämien gibt, hat man keine Sicherheit. Das ist wie bei den Milchbauern. Da haben auch viele aufgegeben." Leberer glaubt aber, dass der Tiefpunkt überwunden ist.


Kippen in Öko-Verpackung

Wasserpfeifen sind in Mode. Weniger als zehn Prozent der Jugendlichen greifen noch zur Zigarette - ein Drittel hat laut Tabakatlas aber schon einmal "Shisha" geraucht, jeder zehnte innerhalb des letzten Monats. Forscher warnen davor, weil Wasserpfeifen ähnlich ungesund sind wie Zigaretten. Das sind alle Tabakwaren. Egal ob die inzwischen als irreführend verbotenen "Light"-Produkte oder "natürliche" Zigaretten ohne Zusatzstoffe, die derzeit bei allen Herstellern im Trend liegen. Zum Beispiel gibt es eine Variante der "Luckys" in ökobrauner Packung. "Ohne Zusätze bedeutet nicht, dass es sich um eine risikoärmere Zigarette handelt", sagt BAT-Sprecherin Schlömer. Bei den verschiedenen Produkten gehe es um unterschiedliche Geschmacksrichtungen.