Kammer drängt auf Meisterpflicht
Autor: Matthias Litzlfelder
Bayreuth, Mittwoch, 23. Januar 2019
Frankens Handwerker sind nach wie vor im Hochkonjunktur-Modus. Doch der Rückgang der Ausbildungszahlen bei den Gewerken ohne Meisterpflicht ist den Kammervertretern ein Dorn im Auge. Eine Initiative soll das heuer ändern.
Ein weiteres Spitzenjahr liegt hinter den Handwerkern. Und die Geschäftslage ist nach wie vor hervorragend. "Die Betriebe arbeiten an ihren Kapazitätsgrenzen", sagte Unterfrankens Kammerpräsident Walter Heußlein. "Die Auftragsreichweite unserer Betriebe liegt aktuell bei durchschnittlich 8,7 Wochen", berichtete Thomas Zimmer, Präsident der Handwerkskammer für Oberfranken.
Die Umsätze und die Zahl der Beschäftigten steigen. Die Kammervertreter erwarten auch heuer "ein wirtschaftlich sehr gutes Jahr", wie es Heußlein ausdrückt.
Aber es gibt einen deutlich sichtbaren Kratzer auf der glänzenden Geschäftsklima-Tischplatte. Dem Handwerk fehlt der Nachwuchs. Fällt der Rückgang 2018 bei den neu abgeschlossenen Ausbildungsverhältnissen in Oberfranken mit 0,3 Prozent noch relativ moderat aus, so ist die Zahl neuer Lehrlinge in Unterfranken im Vergleich zum Vorjahr um 5,6 Prozent gesunken. Mehr als 1000 Lehrstellen in handwerklichen Berufen blieben in Unterfranken unbesetzt. In Oberfranken waren es 650. "Wir kriegen die Leute einfach nicht. Das wird die größte Herausforderung der Zukunft", sagte Thomas Zimmer.
Zu wenig attraktiv?
Das Problem ist nicht neu. Schon lange überlegen die Handwerksvertreter, was eine Ausbildung im Handwerk attraktiver machen könnte. Seit 2010 läuft die erfolgreiche bundesweite Imagekampagne "Das Handwerk. Die Wirtschaftsmacht. Von nebenan.". Daneben versuchen die Handwerker die Berufsorientierung an den Schulen zu forcieren. Ein Schulfach mit handwerklichen Fähigkeiten an Gymnasien, ist eine ihrer Forderungen, ebenso ein Azubi-Ticket analog zum Semesterticket oder sogenannte Bildungswohnheime anstelle von Studentenwohnheimen.
Wenn es um das Thema Ausbildung geht, rückt mehr und mehr die aus Sicht der Kammervertreter missglückte Novellierung der Handwerksordnung im Jahr 2004 in den Blickpunkt. Damals blieben von 94 meisterpflichtigen Handwerken - aufgeführt in Anlage A der Handwerksordnung - nur noch 41 übrig. Der Rest wurde zulassungsfrei und war fortan in Anlage B1 zu finden. "Dafür benötigt man keine Qualifikation. Für eine Geschäftsgründung brauchen Sie nicht einmal den Gesellenbrief", erläutert Thomas Koller, Hauptgeschäftsführer der oberfränkischen Kammer die Rechtslage.
Seither sind etwa Tischler oder Bäcker meisterpflichtig, Brauer oder Fliesenleger nicht mehr. Die Folgen sind laut Zimmer aber vor allem bei den Lehrlingen zu sehen. "Die Ausbildungsleistung in zulassungsfreien Gewerken ist eingebrochen", sagte Zimmer. Ausbildung finde zu 95 Prozent in Betrieben der Anlage A statt. So habe es zuletzt in Oberfranken in einem Jahr nur noch fünf abgeschlossene Gesellenprüfungen bei den Fliesenlegern gegeben.
"Es geht uns nicht um eine Marktabschottung, sondern darum, bewusst zu machen, für was der Meister gut ist", sagte Zimmer, selbst Bäckermeister in Bayreuth. Auf diesem Weg sind Zimmer und seine Kollegen schon ein Stück weit vorangekommen - vor allem auf politischer Ebene. "Wir werden prüfen, wie wir den Meisterbrief für einzelne Berufsbilder EU-konform einführen können", steht im Koalitionsvertrag der Bundesregierung. Über Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger hat der Freistaat eine Bundesratsinitiative zur Wiedereinführung gestartet. Das letzte Wort haben aber die Fachverbände. "Ziel ist es, die grundsätzliche Möglichkeit zur Wiedereinführung zu schaffen", sagte Zimmer. Laut Abfrage bei den Verbänden auf Bundesebene gebe es mittlerweile 26 Gewerke, die wieder meisterpflichtig werden wollen. Zum Beispiel die Fliesenleger, oder auch die Brauer. Sie gelte es nun zurückzuführen. "Bis zum 1. Januar nächsten Jahres soll das umgesetzt sein", sagte Zimmer. Wenn es bis dahin nicht gelänge, dann werde es schwer, dieses Ziel überhaupt noch zu erreichen.