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Fränkisches Handwerk: Glanz mit Makel


Autor: Matthias Litzlfelder

Bayreuth, Montag, 07. Dezember 2015

Die fränkischen Handwerksbetriebe zeigen sich am Jahresende hoch zufrieden mit ihrer Geschäftslage. Doch die anhaltenden Nachwuchssorgen schränken die Wachstumsspielräume ein. Die Kammern kritisieren den Trend zum Studium.
Irene Odenbach von der Confiserie Storath in Stübig (Landkreis Bamberg) befüllt Pralinenförmchen. Bei den fränkischen Nahrungsmittelhandwerkern liefen die Geschäfte zuletzt glänzend. Und vor Weihnachten gibt es nochmals einen Schub. Foto: Ronald Rinklef


Die Stimmung könnte eigentlich nicht besser sein. Für Frankens Handwerksbetriebe geht ein Jahr zu Ende, in dem die Geschäfte glänzend liefen. "Wir sind sehr zufrieden mit der aktuellen wirtschaftlichen Lage", sagte der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer für Unterfranken, Rolf Lauer. 90,7 Prozent aller unterfränkischen Betriebe hätten zuletzt ihre konjunkturelle Lage als gut oder befriedigend beschrieben.
Im Rest Frankens ist das nicht anders. In Mittelfranken sind mehr als 93 Prozent zufrieden, in Oberfranken rund 90 Prozent. Noch bessere Werte als im Vorjahr, als die Stimmung ähnlich positiv beschrieben wurde.
Thomas Zimmer, Präsident der Handwerkskammer für Oberfranken, nennt die anhaltend niedrigen Zinsen und eine weiterhin hohe Konsumbereitschaft in der Bevölkerung als treibende Kräfte für diese Entwicklung.


Unbesetzte Lehrstellen

Doch
der goldene Handwerksboden glänzt an einer Stelle nicht. Der Makel, der den Glanz der Handwerkskonjunktur etwas trübt, ist nicht neu. Es fehlt an Lehrlingen. "Unsere Betriebe haben aktuell noch immer 600 unbesetzte Lehrstellen in unserer Lehrstellenbörse gemeldet", berichtete Zimmer gestern bei der Vollversammlung der oberfränkischen Kammer. Er rechnet für dieses Jahr mit einem Umsatzwachstum von 1,5 Prozent im oberfränkischen Handwerk. Das ist nicht schlecht, könnte aber mehr sein. "Die Wachstumsspielräume vieler Betriebe sind allerdings durch die knappe Versorgung mit Fachkräften eingeschränkt", sagt Zimmer.


Vorweihnachtszeit bringt Umsatz

Bestes Beispiel: das Nahrungsmittelhandwerk. Vor allem Betriebe dieses Gewerks klagten über mangelnden Nachwuchs, teilt die Handwerkskammer für Mittelfranken in Nürnberg mit, neben Sanitär- und Heizungsbetrieben sowie Elektrounternehmen.
Im Gegensatz dazu liefen gerade hier die Geschäfte zuletzt glänzend. 95,7 Prozent der Nahrungsmittelhandwerker in Unterfranken hätten sich zuletzt zufrieden geäußert, berichtete zum Beispiel die unterfränkische Kammer. Den Spitzenwert erklärt der dortige Hauptgeschäftsführer Lauer mit dem "wunderbaren Sommer", "niedrigen Energiepreisen und der sehr stabilen Kaufkraft". Auch in den Erwartungen für das vierte Quartal hätten die Nahrungsmittelhandwerker die Nase vorn. "Die anstehende Vorweihnachtszeit wird sich auch in diesem Jahr positiv auswirken", meint Lauer.


"Nicht glücklich an der Uni"

Was aber tun, um mehr Auszubildende zu bekommen? "Wir müssen uns nach allen Seiten umschauen - auch im Gymnasium", fordert Thomas Zimmer. Vor allem dort solle die berufliche Bildung gleichberechtigten Eingang in die Berufsorientierung finden.
Zimmer spricht damit ein Thema an, dass die Handwerkskammern schon länger beschäftigt: die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung - nicht zuletzt wegen des Mangels an Lehrstellenbewerbern. Verschiebungen hin zum Studium entzögen der beruflichen Bildung immer mehr Jugendliche. Mittlerweile hätten 50 Prozent eines Jahrgangs eine Hochschulzugangsberechtigung.
"Der überhöhte Trend zum Studium ist ein Irrweg für viele Jugendliche, die an den Universitäten und Hochschulen nicht glücklich werden", sagte Zimmer. "Diese Entwicklung gefährdet mittel- und langfristig die Stabilität unseres Erfolgsrezeptes und das Rückgrat unseres Erfolges in Deutschland - nähmlich den Mittelstand." Es könne doch nicht sein, dass über den Hochschulpakt Milliarden in die Universitäten flössen und sich die berufliche Bildung hinten anstellen müsse, um zu sehen, was noch übrig bleibe, schimpfte der Kammerpräsident.
Die Integration von Flüchtlingen bietet in den Augen der Handwerksverantwortlichen da eine Chance. Zimmer forderte, dass "möglichst früh nach der Einreise bereits auch die berufliche Qualifikation erfasst wird". Außerdem seien ausreichende Sprachkenntnisse für eine erfolgreiche Integration in den Arbeitsmarkt unerlässlich.


"Teilqualifikation keine Lösung"

Zimmer plädierte dafür, dass Flüchtlinge einen Beruf "in seiner ganzen Breite erlernen". "Es wäre ein falscher Weg, für Flüchtlinge die Standards der Berufsausbildung zu senken und zum Beispiel Teilqualifikationen anzubieten, um ihnen damit den Einstieg in den deutschen Arbeitsmarkt zu erleichtern", sagte er. Deutschland brauche Fachkräfte, die ihren Beruf beherrschen. Dies könne nur im Wege einer regulären Ausbildung erfolgen. "Wir müssen aufpassen, dass hier nicht ein Heer von ,Geringqualifizierten‘ entsteht."