Druckartikel: Feuern Sie sich doch selbst, Herr Chef!

Feuern Sie sich doch selbst, Herr Chef!


Autor: Peter Groscurth

Bayreuth, Freitag, 15. Juli 2016

950 Menschen verlieren beim Zigarettenhersteller BAT in Bayreuth ihren Job: In seiner Rede räumt Ralf Wittenberg ihnen jedoch kaum Platz ein.
Foto: David Ebener dpa


L ieber Herr Wittenberg,

ich schreibe Ihnen hier persönlich einige Zeilen. Am Donnerstag habe ich Sie erlebt. Als den netten "Ralf" - so hat Sie zumindest Ihre Pressefrau genannt.

Sie sprachen danach etwa 30 Minuten von Überkapazitäten, einem schwierigem Marktumfeld und von einer Europa-Gruppe Ihres Konzerns, die Sie wohl zu Taten genötigt hat. Demnach sind Sie schlicht und einfach vom Markt überrollt worden - von bösen westeuropäischen Verbrauchern, die leider viel zu wenig rauchen.

Den 950 Menschen, die Sie bis Mitte 2018 in die Unsicherheit jagen, haben Sie wenig Platz in Ihrem Vortrag eingeräumt. Wenn man bedenkt, dass ein jeder von uns etwa drei oder vier Menschen im direkten Umfeld hat, dann betrifft ihr Rausschmiss die Größenordnung einer kleinen fränkischen Stadt. Ehen werden wegen Ihrer Entscheidung scheitern, Kinder werden heulen, Häuser müssen verkauft werden und Eltern werden nicht wissen, was morgen kommt.

Sind Sie ein guter Mensch Herr Wittenberg? Nein! Sie labern lieber von Überkapazitäten und gucken in ihre neuen Märkte Richtung Osteuropa oder Afrika. Haben Sie doch selbst den Mut, Ihre Arbeit als Sprecher der Geschäftsführung von BAT niederzulegen. Ein guter Kapitän geht zuerst von Bord. Aber Sie sind nicht einmal das. Bei BAT versagen nicht nur die Manager, sondern auch die Damen und Herren der Politik schwadronieren munter drauf los. Kaum war die Meldung vom BAT-Job-Kahlschlag draußen, schon flatterten die Statements ein. Ein oberfränkischer CSU-Mann polterte gegen die EU, die schuld sein soll, dass weniger gequalmt wird.

Und eine grüne Bayreuther Kommunalpolitikerin jammerte lieber über die leeren Stadtkassen als über die Menschen, denen sie nur eine Zeile gönnte. Jetzt soll eine Transfergesesllschaft den Menschen helfen. Dort müssen die früheren BAT-Mitarbeiter, die auch in Zeiten von Überkapazitäten im Zigarettenmarkt Tausende Überstunden aufgebaut haben, dann von vorne anfangen und neue Jobs erlernen. Wohl auch mit Geldern aus der Steuerkasse, weil BAT mit solchen Zahlungen überlastet wäre. Ach so: BAT macht übrigens Gewinn, 5,4 Milliarden Euro allein im letzten Jahr.

Herzlichst
Peter Groscurth
PS: Lieber Herr Wittenberg, Sie können antworten - an p.groscurth@infranken.de.