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Denkpause beim Stromnetz-Bau durch Franken


Autor: Günter Flegel

Bayreuth, Montag, 24. Februar 2014

Die Pläne für die umstrittene Trasse durch Ober- und Mittelfranken liegen auf Eis. Die Bürger-Proteste und die Grundsatzdiskussion um die Energiewende zeigen offenbar Wirkung.
Bis April ruhen die Pläne für die geplante Süd-Ost-Stromleitung zunächst. (Symbolbild: Julian Stratenschulte / dpa)


Ist das der Versuch, Zeit zu gewinnen und die Gemüter zu besänftigen, oder ist das der Beginn einer grundlegenden Wende bei der Energiewende? Der Netzbetreiber Amprion hat die Pläne für die umstrittene Süd-Ost-Stromleitung auf Eis gelegt. Das Unternehmen wartet auf klare politische Vorgaben. Das kann dauern.
Am Montagabend haben sich die Bürgermeister und Landräte der Regionen getroffen, die von der geplanten Gleichstrompassage Süd-Ost durchschnitten würden. Sie wollen ihren Widerstand gegen das Projekt bündeln, das bis gestern als Kernstück der Energiewende galt.

Die 450 Kilometer lange Leitung, die in Bad Lauchstädt (Sachsen-Anhalt) beginnen und in Meitingen bei Augsburg enden soll, hat die Aufgabe, den Windstrom von den Hochsee-Windparks in den Süden zu bringen. Unter anderem durch das östliche Ober- und Mittelfranken. Die gleiche Aufgabe fällt einer zweiten Trasse zu, die Franken im Westen berührt: Die "Sued.Link" genannte Leitung führt über 900 Kilometer von der Nordsee bis nach Schwaben auch durch Unterfranken.

Die Pläne sind schon lange bekannt. Seit Jahren ermittelt die Bundesnetzagentur in Bonn, die Herr dieses per Gesetz festgeschriebenen Eilverfahrens ist, den Bedarf für neue Leitungen.


Vage Korridore


Die Trassen existierten lange nur als vager Korridor von nahezu 100 Kilometern Breite. Als die Netzbetreiber mit konkreten Trassen in die Öffentlichkeit gingen, wurde klar, was Netzausbau bedeutet: bis zu 75 Meter hohe Masten und Leitungen, durch mit einer neuen Technik (HGÜ - Gleichstrom) mehr Strom geschickt wird, als je zuvor in Deutschland über Land übertragen wurde.

In den betroffenen Regionen kocht die Volksseele. Die Tatsache, dass Ministerpräsident Seehofer (CSU) wie schon bei der Windkraft zunächst einmal auf die Energiebremse getreten ist, hat die Gemüter nicht beruhigen können. Nicht nur SPD-Politiker wie der Pegnitzer Bürgermeister Uwe Raab fürchten, dass Seehofer mehr die Kommunalwahl als das Wohl der von den Stromautobahnen betroffenen Bürger im Auge hat. Und dass es in der Staatskanzlei bei der Energiewende bald wieder eine Wende geben könnte.

Derweil rüsten die Trassen-Gegner auch argumentativ auf. Sie haben Wissenschaftler wie den Forschungsdirektor des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Christian von Hirschhausen, ins Boot geholt, der die neuen Trassen schlicht für überflüssig hält. "Auch ohne gehen die Lichter nicht aus."
All das zeigt Wirkung: Der Netzbetreiber Amprion hat am Montag angekündigt, dass die Pläne für die Gleichstromtrasse erst einmal ruhen. "Vor April passiert nichts", sagt Amprion-Sprecher Andreas Preuß.


Die Zeit wird knapp


Das bestätigt Christian Faul, der Pressesprecher des Wirtschaftsministeriums in München. Er verweist auf den Energiegipfel in Berlin: Dort sei festgelegt worden, dass die Energiewende und insbesondere der Bedarf an Leitungen neu berechnet wird. Das hieße: Es braucht eine neue Netzplanung. Und die kann, weil hochkomplex, nach Auskunft der Netz-Behörde in Bonn kaum vor Jahresende stehen. Das Zeitfenster für den Leitungsbau wird immer kleiner.