3000 Fans kamen zu Helene Fischer nach Hof
Autor: Jochen Nützel
, Donnerstag, 20. Sept. 2012
Doppelte Premiere in Hof: Die Freiheitshalle erlebte nach dem Umbau ihre Feuertaufe mit dem seit Wochen ausverkauften Gastspiel von Helene Fischer. Die testete vor 3000 Besuchern das Konzept ihrer Tour.
Helene Fischer hat sich einen XL-Spielplatz gewünscht und bekommen in Form eines Bühnenbildes mit Showtreppen gleich einem vielstufigen Stahl-Dschungel, der anmutet wie Feuerleitern in der Bronx. Die Stadt Hof hat sich lange eine neue Spielstätte gewünscht und bekommen in Form einer runderneuerten Freiheitshalle.
Endlich, nach drei Jahren des Umbaus, nach Horrornachrichten über Kostenexplosionen wegen überteuerter Elektronik, angebohrten Stützen und vermurkstem Estrich, der einfach nicht abbinden wollte.
Intimer Tour-Auftakt
Schnee von gestern. Spätestens vergessen, als am Dienstagabend um 19.30 Uhr der erste Vorhang fällt und Helene Fischer raum- und stimmergreifend ins Rampenlicht tritt, dem Applaus von 3000 Zuschauern entgegen.
In der neuen alten Arena darf einer der hellsten Sterne am Schlagerpop -Himmel leuchten. Der Tour-Auftakt der 28-Jährigen hält Bewährungsproben für viele an allen Ecken und Enden bereit: für die Künstlerin mit ihrem frisch aus den USA rekrutierten Tänzerensemble und einer Choreografie, an der noch gefeilt wird; für die Bühnentechniker wegen der noch ungewohnten, aber - wie sich zeigen sollte - nach wie vor hervorragenden Akustik; für die Parkplatzeinweiser, die aufgrund der Enge wegen der parallel wachsenden Zeltstadt der Oberfrankenausstellung auf dem Gelände eher Mangelverwalter sind; und nicht zuletzt für den Bayreuther Konzertveranstalter Dieter Semmelmann, der schon immer ein Faible hatte für die Freiheitshalle und der dem Ex-Sanierungsfall nach der Premiere ein "Daumen hoch" signalisiert.
Ein Höhepunkt zur Feuertaufe
Er ist es auch, der zur Feuertaufe den Hofern einen Höhepunkt beschert. Denn die 50 Stationen umfassende Reise der 28-jährigen Sängerin mit russischen Wurzeln beginnt auf Wunsch Semmelmanns in der Saalestadt, in der mit Abstand kleinsten Halle der Tour. Von draußen wirkt die Halle, deren Fassade blau leuchtet, ein wenig wie der kleine Bruder der Allianz-Arena bei Spielen des TSV 1860 München. Drinnen regieren andere Lichteffekte, tanzen Laser an den Wänden, regnen Rosenblätter digital über die LED-Leinwand.
Helene Fischer hatte auf ihrem Wunschzettel auch den Punkt "größeres Tänzerensemble" vermerkt. Die Truppe aus Los Angeles, die in den nächsten zweieinhalb Monaten in sieben Ländern unterwegs sein wird, ist definitiv eine Bereicherung. Die drahtigen Männer und Frauen verlustieren sich inmitten der Zuschauer, gebärden sich als Agentenstaffage bei Fischers B(l)ond-Girl-Version von "Golden Eye" und rüschen in Pettycoat und Röhrenjeans übers Parkett, wenn die Begleitkombo den 20-minütigen Musical-Block aus "Grease" einzählt.
Doch die gut gelaunte Künstlerin bleibt bei dem Gewusel das Epizentrum und ihrem Motto treu, sich bei allem eigenen Erfolgsrepertoire auch fremder Werke zu bedienen und sie umzuformen. Und so mutiert etwa das Synthesizer-Intro von "Sweet Dreams" der Eurythmics zum Antakter des Fischersongs "Vergeben, vergessen und wieder vertraun" vom Album "Zaubermond".
"Allein im Licht"
Dominiert aber wird der Abend von den Titeln des jüngsten Albums "Für einen Tag". Mit der Ballade "Allein im Licht" nimmt der knapp dreistündige Auftritt seinen Anfang. Dass die 28-Jährige sich aber Stück für Stück aus der Schlager- in die Popwelt transferiert, zeigen Up-Tempo-Nummern wie "Villa in der Schlossallee". Manchmal möchte man Komponist Jean Frankfurter (der im Hofer Publikum saß) zurufen, er möge das Liedgut nicht nur textlich auf das hohe Niveau von Helene Fischers beachtlichem Stimmvolumen anheben. Manche Tralala- und Bumbum-Nummern halten so nur schwer Schritt mit der überragenden Bühnenpräsenz der Sängerin, die dank tänzerischer Begabung das Komplettpaket anbietet.
Die Show hingegen, die alle Beteiligten abliefern, ist großartig; die Bühne ein Tummelplatz, auf dem sich Frontfrau, Musiker und Ensemble in Bestform präsentieren. Aufgebaut wird das imposante Werk von einer Firma, die sonst für U2 und Madonna anpackt. Entsprechend sind die Kosten: Die Vorproduktion verschlingt sechs Millionen Euro. Allein das zeigt, das so etwas unter normalen Umständen nie in Hof zu sehen wäre - wären da nicht Dieter Semmelmann und seine besondere Beziehung zur Freiheitshalle. Selbst wenn die von der Größe her nie ein XL-Format erreichen wird.