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Zwischen Lügenbrücken und Monstermauern - der etwas andere Stadtrundgang in Bamberg


Autor: Michael Wehner

Bamberg, Montag, 16. Januar 2017

Wo recken sich Monstermauern in die Höhe, die ein früherer Baureferent mit der Säge nachbearbeiten ließ? Ein Stadtrundgang der etwas anderen Art.
Wo recken sich Monstermauern in die Höhe, die ein früherer Baureferent mit der Säge nachbearbeiten ließ? Ein Stadtrundgang der etwas anderen Art. Fotos: Ronald Rinklef



Deutschlands schönster Parkplatz



Stellt man sich so den Mittelpunkt des Universums vor? Zugeparkt, mit Füßen getreten, eine skurrile Insel im Bamberger Pflastermeer? Dabei sollte das Kunstwerk von Micha Ullman den Standort der legendären Tattermann-Säule hervorheben, jenen Ort, an dem sich im mittelalterlichen Deutschland Macht und Schönheit aufs Trefflichste verbanden. Heute ist der "Nabel der Welt" in Bamberg nicht nur längst vergessen, er befindet sich gewissermaßen im Streik: Die Glasscheibe, die den Blick in die Tiefe freigeben soll, ist entweder beschlagen oder vereist. Und im Winter eine Falle für Fußgänger.


Können Liebesschlösser lügen?



Myriaden von Liebesschlössern künden heute von ewiger Treue über der braun dahinfließenden Regnitz. Doch in ihrer wilden Entstehungsphase machten Kettenbrücke und die benachbarte Löwenbrücke auf andere Weise von sich reden: Ungezügelte Eskapaden mit gebrochenen Schwüren, zweistelligen Millionenmehrkosten und wiederkehrenden Bauverzögerungen schockten Stadtrat und Bürgerschaft. Auch der Bund der Steuerzahler würdigte die Ingenieurs- und Rechenkunst an der Regnitz: mit einem Stammplatz im Schwarzbuch der Geldverschwendung.


Die Klagemauer von Bamberg



Bis sich der Bürger wehrt, kann es in Bamberg dauern. Doch dann bringt der Volkszorn sogar Mauern zum Einsturz. Das bekam vor etwa zehn Jahren der damals frisch gewählte OB Andreas Starke (SPD) zu spüren. Die Betonwände an den Uferrampen am Heinrichsdamm waren so hoch geraten, dass auch der Protest ins Uferlose wuchs. Die Stadt wusste sich nicht anders zu helfen, als zum Äußersten zu greifen und die Gestaltung mit der Kettensäge "fortzuschreiben", wie der damalige Baureferent formulierte. Ergebnis der ästhetischen Nachbearbeitung: Die Monstermauern wurden einen Meter kürzer, das Stadtsäckel um 200 000 Euro ärmer.


Und ewig ruht der Maxplatz



Was könnte man mit drei Fußballfeldern im Herzen der Altstadt nicht alles anfangen? Eine Basketballhalle mit 10 000 Plätzen bauen, dem neuen DG Asyl gewähren oder doch lieber Rasen ansäen? Der Maxplatz ist mit über 200 Jahren Leerstand nicht nur die älteste Baulücke der Stadt, er ist auch die widerspenstigste. Allen Verschönerungsversprechen zum Trotz hat er seinen spröden Charme als Nacktplatz bis heute verteidigt. Die Tristesse einer gehassten und geliebten Feiermeile wird wohl auch den nächsten Vorstoß der Politik überleben. Am Mittwoch wagt der Bausenat wieder einen Aufschlag. Es wäre nicht der erste runde Tisch, der sich am Kleinsteinpflaster die Zähne ausbeißt.