Zusammen sind Altstadtmusikanten fast 500 Jahre alt
Autor: Jutta Behr-Groh
Bamberg, Dienstag, 02. Juli 2013
Die Altstadtmusikanten sind zwar nicht mehr die Jüngsten, denken aber nicht ans Aufhören. Seit 30 Jahren gibt es sie. Am Sonntag sind sie in Bug zu hören.
Sie sind zur echten Rentnerband geworden, aber gesetzt geht es bei ihren Konzerten deswegen noch lange nicht zu. Wer die Bamberger Altstadtmusikanten schon gehört hat, der weiß, dass sie immer noch "wie die Jungen" jazzen können. Die nächste öffentliche Gelegenheit, das Sextett zu erleben, bietet sich am kommenden Sonntag, 7. Juli, ab 10.30 Uhr bei einem Jazz-Frühschoppen in bzw. an der Hoffmannsklause auf dem Campingplatz in Bug. Der Eintritt ist frei.
Seit bereits 30 Jahren begeistern die inzwischen weißhaarigen Herren ein Publikum, das zum Teil wesentlich jünger ist als die Akteure. Mit 87 Jahren ist Matthias Bäumel, der Mann am Akkordeon, der Senior. Als einziger noch in den Siebzigern ist Posaunist Leo Drescher. Auch Richard Eichfelder, der die Kapelle 1983 aus der Taufe hob, feierte schon den 83.
Der "Bandleader" kommt ins Schwärmen, wenn er erzählt, was sie nicht schon alles erlebt haben: neben Fernseh- und Rundfunk-Auftritten waren das auch Gastspiele in Berlin und Rodez, der französischen Partnerstadt Bambergs. Für Eichfelder persönlich bedeutete die Mitwirkung im Fernsehfilm "Miele", der in Bamberg gedreht wurde und in dem das Ensemble bei einer Sequenz zu sehen und zu hören ist, die auf dem Wilde-Rose-Keller gedreht wurde, einen besonderen Höhepunkt.
Die meisten Fans haben die Altstadtmusikanten aber daheim in Bamberg kennen gelernt, ob bei den Seniorenkonzerten oder einem Jazz-Frühschoppen in Bug - beides Publikumsmagnete seit 15 Jahren. Die Rentnerband jazzt bei Familienfeiern und spielt zu Tanz- und Unterhaltungsabenden in Stadt und Landkreis auf. Drei der sechs Altstadtmusikanten unterhalten auch häufig die Passagiere an Bord von Kreuzfahrtschiffen, wenn diese in Bamberg über Nacht vor Anker gehen.
Alles fing damit an, dass der bekannte Bamberger Bildhauer Hermann Leitherer (1919 - 1991) eine Tagung in Bamberg vorbereiten sollte und eine geeignete Musikgruppe suchte. Das war 1983, die Veranstaltung sollte 1984 stattfinden und die Musik ohne elektronische Verstärkung zum Tanz aufspielen, dezent aber flott, wie sich Eichfelder erinnert: "Nach über zwei Dutzend Absagen wollte Leitherer sich in der städtischen Musikschule beim neuen Leiter Rat holen." Das war damals niemand anderer als Eichfelder. Er kannte Musikanten im Raum Erlangen, die genau das beherrschten, was Leitherer suchte. Als die Truppe aus Baiersdorf aus Termingründen ebenfalls absagte, nahm Eichfelder die Sache selbst in die Hand und stellte ein fünfköpfiges Ensemble aus Bamberger Musikanten zusammen.
Die Skepsis des Auftraggebers muss groß gewesen sein. Er glaubte wohl, dass Amateure und noch dazu solche, die für wenig Gage aufzutreten bereit sind, nichts zu Wege bringen können. Er engagierte die Truppe dennoch und der Tanzabend in Kunigundenruh muss ein Riesenerfolg gewesen sein. "Ein Professor aus Norddeutschland sprach großes Lob und wollte die Musikanten, in der Annahme es wären alle Symphoniker, einzeln vorstellen", amüsiert sich der 84-jährige Eichfelder noch heute.
Es handelte sich zwar um ein wahres Meister-Ensemble, aber keiner von ihnen hatte Musik studiert: Der Trompeter Ewald Müllich war Kunstschlossermeister, der Posaunist Karl Hofmann ein Geigenbauermeister, der Akkordeonspieler Matthias Bäumel ein Schreinermeister, der Schlagzeuger Bertl Gunzenheimer ein Schuhmachermeister und Eichfelder, der Mann am Kontrabass, ein "Schulmeister".
Bäumel, Eichfelder und Gunzenheimer sind heute noch mit von der Partie. Später kamen Fritz Himmel (Trompete), Willi Saffer (Klarinette, Saxofon) und Leo Drescher (Posaune) dazu, so dass die Altstadtmusikanten heute als Sextett auftreten.