Zukunftsrat: Projekte bis zur Marktreife fördern!
Autor: Matthias Litzlfelder
Hirschaid, Freitag, 27. November 2015
Das von der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft gegründete Gremium hat eine Studie über die Zukunftsszenarien für Bayern erstellen lassen. Diese wurde in Hirschaid erörtert.
Viele Unternehmensgründer kennen das, was Almut Kirchner das "Valley of Death" in der Finanzierung nennt. Der schwierige Weg von der Forschung bis zur Anwendung. Der Zeitpunkt, wo ein Produkt optimiert werden muss, aber noch kein Geld erwirtschaftet. "Da fallen viele Gründungen in ein Loch", sagt Kirchner.
Die Wirtschaftsforscherin von der Schweizer Prognos AG stellte gestern in Hirschaid (Landkreis Bamberg) die Studie "Bayerns Zukunftstechnologien" vor, die der Zukunftsrat der Bayerischen Wirtschaft in Auftrag gegeben hatte.
Gremium seit Mai 2014
Den Zukunftsrat mit 16 Mitgliedern, vornehmlich Hochschulprofessoren, hatten die in der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (VBW) zusammengeschlossenen Arbeitgeberverbände im Mai 2014 gegründet. Die Studie liegt seit Juli dieses Jahres vor.
Gestern wurde sie erstmals in Franken erörtert, es folgen weitere Termine in Nürnberg (1.12.) und Aschaffenburg (11.12.).
"Wir brauchen ein Finanzierungssystem bis zur Marktreife. Unsere Patente müssen hier produziert werden können", forderte VBW-Präsident Alfred Gaffal, zugleich Vorsitzender des Zukunftsrats, und gab damit zugleich eine von vielen Handlungsempfehlungen des Gremiums ab. Zuvor hatte Prognos-Studienleiterin Kirchner ausgeführt, wie Bayern wirtschaftlich aufgestellt ist und welche Technologien in den kommenden Jahren für die Wirtschaft des Freistaats wichtig sein werden.
"Extrem gute Ausgangsposition"
"Die Rahmenbedingungen sehen aktuell aus wie vom Weihnachtsmann", beschrieb die Wirtschaftsforscherin die "extrem gute Ausgangsposition". Um rund zehn Prozent sei das Bruttoinlandsprodukt in Bayern in den vergangenen fünf Jahren gewachsen.
Einziger Wermutstropfen: Bayern sei extrem abhängig von den Branchen Fahrzeug- und Maschinenbau. Kircher verwendete in diesem Zusammenhang den Schweizer Begriff "Klumpenrisiko".Die Forscherin sagte im Hinblick auf Industrie 4.0 und Digitalisierung eine "Reduktion des Arbeitskräftevolumens" voraus, vor allem ab dem Jahr 2030. Im Maschinenbau habe die digitale Revolution längst stattgefunden, dagegen sei der Anteil in der Elektrotechnik noch sehr klein.
Viele Entwicklungen seien getrieben von der Globalisierung. Dabei könnten Konflikte nicht einfach ausgeblendet werden. "Der mittlere Osten war früher weit weg. Das ist er heute nicht mehr. Die Probleme der Welt werden uns auch in unserem schönen Bayern beschäftigen - mit oder ohne Zeitverzögerung", sagte Kirchner.
Branchen-Grenzen hinderlich
Die Digitalisierung mache vor allem eins: vernetzen.
Die nahe Zukunft bringe autonomes Fahren, autonomes Produzieren und autonomes Entwickeln. Allerdings findet laut Kirchner bei der Digitalisierung in unserem Land "nichts statt, was Standards schafft". "Wir können Autos - das mit der Digitalisierung passiert woanders", sagte sie und sprach von Handlungsbedarf. "Vielleicht hat das Statussymbol in einigen Jahren keinen Stern oder vier Ringe, sondern heißt Google oder Apple?"
"Cross-Cluster-Aktivitäten aufbauen"
Stark positioniert sei Bayern bei Werkstoffen und Materialien. "Kleben statt Schweißen" laute zum Beispiel ein neuer Trend. Abschließend riet sie, weniger spezialisierte Studiengänge anzubieten. Man müsse künftig mehrfach ausgebildet sein.
"Wer weiter ein hochtechnologisches Land sein will, muss sich Bildung leisten."Im Hinblick auf die Studienergebnisse forderte Zukuftsrats-Vorsitzender Gaffal unter anderem neue Cross-Cluster-Aktivitäten aufzubauen. Die Grenzen zwischen Branchen und Technologien müssten überwunden werden. Als Beispiel nannte er die Aufnahme technischer Fächer in die Medizinausbildung.
"Jedes Unternehmen muss seine eigene Digitalisierungs strategie finden und umsetzen", sagte Gaffal. "Als Verband unterstützen wir es dabei."