Zoff am Rande der Sandkerwa: Keine Hemingway-Bar
Autor: Harald Rieger
Bamberg, Dienstag, 16. August 2016
Eine Kontroverse führt nach 20 Jahren zum Aus der Hemingway-Bar. Gleichzeitig wird es auch am Parkdeck des Katzenbuckels keine Bewirtschaftung geben.
In rund zwei Wochen startet sie wieder, die 66. Bamberger Sandkerwa. Leider gibt es im Vorfeld schlechte Nachrichten für alle Sandkerwabesucher. Neben dem Katzenbuckel und dem Grünhundsbrunnen, die schon seit einiger Zeit nicht mehr mit Musik bespielt wurden, werden heuer weitere zum Teil schon legendäre Kerwa-Örtlichkeiten fehlen. So bleiben die Türen der Hemingway-Bar, des Parkdecks am Katzenbuckel und des Innenhofs des Palais Schrottenberg geschlossen. Diesmal sind allerdings nicht die verschärften Sicherheitsauflagen oder gar Behördengenehmigungen schuld, sondern eine klaffende Uneinigkeit zwischen den Betreibern der Örtlichkeiten.
"Wir öffnen seit 20 Jahren die Hemingway-Bar zur Sandkerwa. Zwar ist es für uns jedes Jahr ein riesiger Aufwand, doch wir haben es immer gerne mit Leidenschaft und Enthusiasmus gemacht", schildert Bar-Mitbetreiber Ralf Schmidtlein. Geduldig hätten sie in all den Jahren die vielen Auflagen zum Brandschutz oder zu den Fluchtwegen umgesetzt, alle Hygienevorschriften eingehalten und zusätzliches Sicherheitspersonal bereitgestellt. Doch eine drohende gerichtliche, einstweilige Verfügung zu einer Sperrzeitverkürzung sei einfach nicht mehr zu schultern. Und genau diese wurde ihnen laut Schmidtlein von der Nachbarin, der Betreiberin des Hotels "Palais Schrottenberg", dieses Jahr angedroht.
"Wir investieren jährlich mehrere Tausend Euro, um aus einem Hauseingang zur Sandkerwa eine Bar zu machen. Eine Verkürzung der Sperrzeit auf 23 Uhr wäre jedoch für uns nicht mehr tragbar", erläutert Schmidtlein.
Dazu muss man Folgendes wissen: Alle Musikdarbietungen im Freien wie beispielsweise an der Bischofsmühle müssen um 23 Uhr enden. Die Bestandgastronomie darf bis 1 Uhr Musik spielen und halbüberdachte und halb im Freien befindliche Ausschänke, zu der auch die Hemingway-Bar zählt, dürfen bis 24 Uhr ihre Gäste musikalisch unterhalten. Bei der Hemingway-Bar kommt noch hinzu, dass diese bis vor zwei Jahren nur einen kleinen Hinterhof hatte. Durch den Umbau vor zwei Jahren wurde die Außenfläche deutlich größer. "Zudem", so räumt Ralf Schmidtlein ein, "sind wir dadurch näher an das Hotel herangerückt."
Während man sich die letzten beiden Jahre habe einigen können, sind dieses Jahr die Fronten festgefahren. So seien unzählige Gespräche mit der Nachbarin, auch zusammen mit der Sandkerwa Veranstaltungs GmbH, geführt worden, um irgendwie eine Lösung zu finden. Aber letzten Endes lief alles immer wieder auf die Forderung nach der Sperrstunde hinaus. "Anwälte wurden eingeschaltet, und wir spürten, dass man uns hier neidisch die eine Stunde länger Musik nicht gönnte", sagte Schmidtlein. Daher habe man sich entschlossen, schweren Herzens die Hemingway-Bar nicht aufzumachen.
Barbara Reichelt vom Hotel "Palais Schrottenberg" hingegen sieht sich ebenfalls im Recht: "Wir haben seit 1990 schon immer im Palais Live-Musik gemacht. Nun können wir dies aber nicht mehr, weil die Lärmbelästigung von der Hemingway-Bar zu laut ist." Zumindest seit vor zwei Jahren das Haus zwischen den beiden Örtlichkeiten abgerissen wurde und sie nur noch durch eine Mauer getrennt seien. Zwar habe man die letzten beiden Jahre versucht, gemeinsam mit einem DJ etwas aufzuziehen, aber das sei gescheitert. Daher wollte man heuer wieder eine eigene Musikveranstaltung auf die Beine stellen. "Ich habe jedoch nie gesagt, dass die Hemingway-Bar um 23 Uhr schließen muss", betont sie.
Vielmehr sieht sie sich einfach ungerecht behandelt. Denn Barbara Reichelt betreibt zur Sandkerwa noch das Parkdeck am einige Meter entfernt gelegenen Katzenbuckel.
Und genau hier möchte die Hotelchefin eine Gleichberechtigung mit der Hemingway-Bar und ebenfalls bis 24 Uhr Musikerlaubnis haben, da ihrer Meinung nach die Hemingway-Bar durch den erweiterten Innenhof zum Außenbetrieb zähle. "Nicht nur, dass wir von Seiten der Sandkerwa Veranstaltungs GmbH diese nicht bekamen, wurden wir sogar erpresst, dass wir das Parkdeck nur dann bewirtschaften dürfen, wenn wir der Sperrzeitregelung für die Hemingway-Bar zustimmen", sagte Barbara Reichelt.
Auch hätte sie erst Ende Juli einen Bescheid bekommen, das Parkdeck bewirtschaften zu können. Also viel zu spät, um noch rechtzeitig alle Vorbereitungen treffen zu können. Somit habe sie es abgelehnt, dieses zu bewirtschaften.
Erpressungsversuch bestritten
Einen Erpressungsversuch bestreitet Ulrike Heucken, Geschäftsführerin der Bamberger Sandkerwa Veranstaltungs GmbH, energisch und erklärt ziemlich aufgebracht: "Das ist von ihr so interpretiert worden. Uns ging es lediglich immer um ein Gesamtkonzept." Zudem habe man der Hotelbetreiberin seit Februar dieses Jahres ständig alle Türen aufgemacht und viele Gespräche geführt, um eine Einigung für alle Beteiligten zu finden. "Dabei haben wir sie gebeten, uns ein Konzept vorzulegen, was sie denn im Innenhof des Palais veranstalten möchte. Da kamen nur vage Aussagen wie ein Theaterstück oder leise Gitarrenmusik", schildert Heucken.Doch bei allen habe sich Barbara Reichelt stets unkooperativ verhalten. Geklagt, dass ihre Hotelgäste um 22 Uhr ihre Ruhe haben möchten und immer wieder auf die Sperrzeiten gepocht. "Für unsere Gutmütigkeit wurden wir mit Anwaltsschreiben belohnt. Wir haben alle viel Zeit investiert und wurden mit Füßen getreten", wetterte die Geschäftsführerin erbost. Und auch den Vorwurf, man hätte der Hotelbetreiberin die Genehmigung zu spät erteilt, will Heucken nicht stehen lassen. Denn seit Mai sei man schließlich in Gesprächen; aber nie sei ein klares Konzept eingegangen.
Kommentar
Kleinkrieg auf Kosten der Besucher Q uo vadis Sandkerwa? Oder auf fränkisch gesagt: "Was is bloß aus unserer schönen Kerwa geworden?" Hatten die Gründungsväter damals noch die Vision, daraus Bambergs größtes Volksfest zu machen mit ähnlicher Bedeutung wie die Erlangener Bergkirchweih, wird es für die derzeitigen Macher der Kerwa eine kaum mehr zu stemmende Aufgabe. 80 Seiten Sicherheitskonzept, Sicherheitsnetz am Brückengeländer, Lautsprecheranlagen und heuer noch mehr Securities und Polizei sowie Taschen und Rucksackkontrollen.
Alleine dies macht die Kerwa für die Besucher nicht attraktiver. Zumal im Gegenzug immer mehr uns liebgewonnene Orte und Plätze wegfallen. Beispielsweise der Gründhundsbrunnen. Eine für viele Bamberger gerne besuchte Anlaufstelle musste dem Sicherheitskonzept weichen. Und nun kommen sich auch noch einige Betreiber der Sandkerwa in die Wolle und führen auf Kosten der Sandkerwa und deren Besucher einen Kleinkrieg.
Ganz gleich, wer ihn angefangen hat, ganz gleich, wer Opfer ist, und ganz gleich, wer sich ungerechtfertigt behandelt fühlt. Bei dieser Sache gibt es nur Verlierer. Die Hemingway-Bar-Betreiber, die nach 20 Jahren den Laden zuschließen, aber auch die Hotelbetreiberin vom Palais Schrottenberg, die das Parkdeck nicht bewirtschaften wird und die im Palais selbst nicht an die guten alten Zeiten musikalischer Unterhaltung anknüpfen kann. Und vor allem die Besucher, die durch den Streit gleich drei Mal dumm in die Röhre gucken.
Jetzt sich gegenseitig den "Schwarzen Peter" zuzuschieben, hilft genauso wenig, wie sich zu beklagen, dass die Sandkerwa immer mehr zur Schrannen-Kerwa wird. Manchmal wäre es halt doch besser, die Fünf mal gerade sein zu lassen und irgendwie eine Lösung zu finden, mit der alle leben können. Denn sonst wird es bald keine Sandkerwa mehr geben.
Aber noch ist nicht aller Tage Abend. Diese Kerwa ist gelaufen. Aber bis zum nächsten Jahr ist noch viel Zeit. Bis dahin kann jeder noch einmal in sich gehen und im stillen Kämmerlein darüber nachdenken, was ihm dieser Streit gebracht hat.