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Wohnheim in Bamberg: Nicht-Studenten müssen raus


Autor: Michael Wehner

Bamberg, Mittwoch, 12. Oktober 2016

Vor einem Jahr herrschte noch Leerstand im "Luxuswohnheim" der Baugenossenschaft an der Brennerstraße. Mittlerweile müssen Mieter gekündigt werden.
Am Rande der Gärtnerflächen in Bamberg-Nord steht das neu gebaute Wohnheim der Baugenossenschaft. Dort sehen sich nicht studierende Mieter überraschend mit einer Kündigung konfrontiert.  Foto: Ronald Rinklef


Es ist eine unerfreuliche Botschaft, die Günther Straub dieser Tage ins Haus flatterte. Das Bauordnungsamt der Stadt fordert den Geschäftsführer der Baugenossenschaft für den Stadt- und Landkreis Bamberg auf, im Studentenwohnheim an der Brennerstraße wieder rechtskonforme Zustände herzustellen.

Mit den Konsequenzen des Bescheids sieht sich nun auch eine Reihe von Bauhandwerkern, Professoren, Ärzten und anderen Nicht-Studenten konfrontiert, die mittlerweile an der Brennerstraße wohnen: Weil die baurechtliche Genehmigung der Stadt für das 20-Millionen-Euro-Projekt nur für ein Studentenwohnheim gilt, müssen alle nicht immatrikulierten Mieter das Haus wieder verlassen.

Straub ist alles andere als glücklich über das Schreiben, das auf die Beschwerde einer Bewohnerin zurückzuführen ist, die sich durch die gemischte Belegung offenbar belästigt fühlte.

Viel lieber hätte er "alle seine anständigen Mieter" behalten als nun etliche Kündigungen aussprechen zu müssen.


Flachbildschirme und Tiefgarage

Dazu muss man wissen: Das vor zwei Jahren in Betrieb genommene Wohnheim an der Brennerstraße glänzt mit luxuriöser Ausstattung. Es hat, um nur einige Beispiele zu nennen, in jedem Zimmer große Flachbildschirme, Möbel aus heimischer Fertigung, dreifach verglaste Fenster und eine kaum benutzte Tiefgarage mit 77 Plätzen.
Doch bei der ursprünglich anvisierten Zielgruppe stießen die 150 Appartements und WG-Zimmer nur auf mäßiges Interesse. Die Studenten machten sich rar, zumal der Markt mit Appartements plötzlich überschwemmt war: "Es ist einfach so, dass die meisten dieser Wohnungen extrem unattraktiv sind. Wohnungen zwischen 450 und 500 Euro kann sich nur ein kleiner Teil der Studenten leisten", konstatierte Mitte 2015 Studierendenvertreter Paul Hummer.

Ein Jahr später hat sich der Leerstand im Luxuswohnheim offenbar in Luft aufgelöst, die Nachfrage soll mittlerweile auch bei Studenten hoch sein. Das hat weniger mit der neu geweckten Liebe zum Haus zu tun als vielmehr mit einer Preiskorrektur, mit der die Baugenossenschaft auf das gewachsene Angebot reagierte. Die Quadratmetermieten, die für die großen WG-Zimmer vor Jahresfrist noch 8,50 Euro und 13 Euro für die Einzelappartements betrugen, sind kräftig gepurzelt: auf 6 bis 6,50 Euro für die WG-Zimmer und auf 6 bis 10 Euro für Einzelzimmer je nach Lage.


Leerstand von 60 Prozent

Freilich: Um dem Leerstand von zeitweise 60 Prozent entgegenzuwirken, hat die Baugenossenschaft kurz entschlossen auch den Mieterkreis erweitert. Eine ganze Reihe von Bauhandwerkern, aber auch etliche andere Interessenten, die im heiß gelaufenen Bamberger Wohnungsmarkt kurzfristig eine Bleibe suchten, wurden seither an der Brennerstraße fündig.


Frist bis zum Ende März

Die pragmatische Verhaltensweise des Eigentümers füllte das leere Haus, erweist sich nun aber als Bumerang. Die Stadt hat Günther Straub eine Frist bis zum 31. Dezember gesetzt, die nun auf Ende März verlängert wurde. Bis dahin sollen die unerlaubten Vermietungen beendet werden. Andernfalls droht ein Zwangsgeld.

Ist es überbordende Bürokratie, die hier eine laut Straub funktionierende Hausgemeinschaft zu zerschlagen droht? Bambergs Baureferent Thomas Beese bezeichnet die Vorgehensweise der Stadt als "absolut üblich". Die Beschränkung der Nutzung auf Studenten erklärt sich laut Beese durch die geringert Zahl von Stellplätzen, die ein Studentenwohnheim erfordere. Konkret heißt das: Weil Studenten in der Regel weniger Autos besitzen, konnte sich der Bauherr etliche Parkplätze einsparen. Aus dem gleichen Grund ist auch eine in der Brennerstraße lebende, betreute Gruppe von Jugendlichen nicht vom Bannstrahl der Verwaltung bedroht. Wie andere Heimbewohner lösen sie keinen erhöhten Stellplatznachweis aus, heißt es im Beamtendeutsch.

Umgekehrt bedeutet diese Regelung aber auch: Würde die Baugenossenschaft eine Nutzungsänderung beantragen, so dass sämtliche Nicht-Studenten dort einziehen könnten, stünde sie vor dem Problem, die Zahl der Parkplätze auf dem Grundstück zu verdoppeln oder eine hohe Ablöse zu zahlen.


Soziale Komponente?

In der Politik würde man eine Belegung des Hauses durch unterschiedliche Bevölkerungsgruppen durchaus begrüßen, signalisiert etwa Ursula Sowa von den Grünen. Dies würde nicht nur dem Leerstand bei Wohnungsmangel entgegenwirken. Die Grünen sprechen sich auch aus nachbarschaftlichen Gründen für ein buntes Viertel aus. Zumal es einige Möglichkeiten gäbe, um im konkreten Fall den Stellplatznachweis wirksam zu senken, wie Sowa weiß. Etwa durch die soziale Komponente einer Alters- oder Demenz-WG oder den Umbau von Appartements zu großen Wohneinheiten.

Vielleicht gibt es ja doch eine gemischte Zukunft an der Brennerstraße.



Kommentar des Autors:

Wer baut für die Bürger?

Das Studentenwohnheim an der Brennerstraße zeigt beispielhaft, was schief läuft - nicht nur im Bamberger Immobilienmarkt. Obwohl völlig klar ist, dass Studierende nicht zu den Großverdienern zählen, werden Appartements hochgezogen, die über jeden Schnickschnack verfügen und dann prompt leer stehen.

Kein Einzelfall: Die Akteure auf dem Parkett weigern sich beharrlich, das zu bauen, was von der breiten Mehrheit der Bevölkerung gebraucht wird, was langfristig geboten und bezahlbar wäre. Statt dessen geht es um den schnellen Euro - ein Kartell, dem die Politik offenbar nichts entgegenzusetzen hat.

Das Überangebot von Studentenappartements in Bamberg ist aber auch ein Warnschuss für Investoren. In Zeiten falscher Anreize durch billiges Geld kann man darauf warten, dass die Preise wieder fallen.