Wo Corona die Wirtschaft antreibt: drei Gewinner aus dem Landkreis Bamberg

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Läuft wie geschmiert bei Messingschlager in Baunach. Foto: Messingschlager
Läuft wie geschmiert bei Messingschlager in Baunach. Foto: Messingschlager

Covid-19 hat nicht nur Verlierer gebracht. Im Schatten der Krise sind manche Branchen sogar gewachsen. Drei Firmen aus dem Landkreis profitieren.

Baunach - Einen Gang hochgeschaltet haben im Coronajahr 2020 die Baunacher Radspezialisten bei Messingschlager. "Die Menschen haben wieder zum Fahrrad zurückgefunden", berichtet Geschäftsführer Dennis Schömburg, der in den vergangenen Wochen wie die gesamte Branche einen regelrechten Boom erlebt hat. Einen Run aufs Rad.

"Wir sind wohl einer der wenigen Nutznießer der Krise", bestätigt Schömburg. Ohne Sorgen und Schwierigkeiten ist die Pandemie freilich auch an den Baunachern nicht vorbeigegangen. "Mitte März war erstmal für alle Verunsicherung da, weil man ja in ganz Europa den stationären Fahrradfachhandel abgeriegelt hat. Man durfte nur reparieren, aber nicht verkaufen", berichtet der Geschäftsführer. Doch dafür machten die Onlineplattformen einen "richtigen Sprung. Und das sind auch Kunden von uns."

Das Rad ist umweltfreundlich, hält automatisch Abstandsregeln ein, bietet eine sichere Alternative zum ÖPNV, wirkt als Stresstherapie und Fluchtfahrzeug raus aus der überfüllten Stadt: Die Deutschen setzten sich 2020 daher verstärkt auf den Sattel.

Verkehrsmittel 2020

"Als im Mai der Fachhandel wieder aufgemacht hat, begann ein Run auf Fahrräder und Kinderfahrräder, der so noch nicht in er Industrie zu sehen war", berichtet Schömburg. Die Nachfrage sei dreimal so hoch wie normal gewesen. "Fahrräder in den Preislagen von 400 bis 800 Euro waren alle super schnell restlos ausverkauft."

Elektro- und Mountainbikes: "Wir sind drei Monate mit dem Ausliefern nicht hinterhergekommen." Die asiatischen Herstellerfirmen der Rad-Teile kamen mit dem Produzieren kaum nach, Kunden mussten warten. Um Lieferzeiten unabhängiger und kürzer zu machen, hat Messingschlager zuletzt sein Lager um 25 Prozent vergrößert - der spiegelnde Glasanbau in Baunach ist weithin sichtbar.

Wie geht es weiter?

Der Blick in die Zukunft lässt den Geschäftsführer hoffen: "Ich denke, wir werden 2021 ein ähnliches oder sogar noch stärkeres Jahr sehen als 2020." Urlaub daheim bleibe angesagt - und damit auch die Lust aufs Rad. Wer alte Drahtesel daheim stehen habe, rüste seine Fahrradflotte jetzt auf. Messingschlager will vorbereitet sein.

Quarantäne-Quartier auf sechs Rädern: Concorde

Das eigene Zuhause als Zufluchtsort: Ein Luxuswohnmobil wirkt in Coronazeiten wie ein Quarantäne-Quartier auf sechs Rädern. Kein Wunder, dass Caravaning als Urlaubsform der Deutschen im Coronasommer um 20 Prozent zugelegt hat.

"Diese Urlaubsform ist sehr sicher. Die Eigner können individuell entscheiden, wie sie Abstande und auch ihre Kontakte regeln und sich somit hervorragend an die jeweilige Situation anpassen", erklärt Markus Freitag, Marketingleiter bei Concorde Reisemobile.

Das Schlüsselfelder Unternehmen mit 380 Mitarbeitern verzeichne wie die gesamte Branche eine gestiegene Nachfrage, obwohl Schwankungen im Segment der Luxusreisemobile nie so stark ausfielen, wie im Markt der Massenanbieter. "Während des Lockdown ist auch bei uns der Auftragsvorlauf etwas zusammengeschrumpft; hat sich heute jedoch wieder bei 13 Monaten eingepegelt. ? Das bedeutet: Das Modelljahr 2021 ist komplett ausverkauft. Aktuell haben wir auch schon rund 37 Prozent des Modelljahres 2022 verkauft", berichtet Freitag.

Freilich brachte Corona im Frühjahr auch Schwierigkeiten in der Lieferkette: "Hier sind im Wesentlichen die Probleme der Bereitstellung von Chassis durch unsere Fahrgestellhersteller Iveco und Mercedes-Benz zu nennen." Iveco fertige beispielsweise in Norditalien seine Lkw-Chassis für die Concorde-Luxusreisemobile. "Das war zu diesem Zeitpunkt absolutes Krisengebiet." Bei Mercedes-Benz in Wörth sei die Produktion zeitig eingestellt worden und später nur zögerlich mit Fokus auf die Logistikbranche wieder angelaufen. All das habe auch Concorde ausgebremst.

Die Logik der Logistik

Die Logistikbranche brummt. Die Spedition Pflaum in Strullendorf verzeichnet ein Rekord-Hoch bei den Fahrtaufträgen. "Der E-Commerce ist stark wie nie", berichtet Gesellschafterin Ruth Pflaum. Ihre Firma ist Logistik-Dienstleisterin für die Großen im Onlinehandel, spezialisiert auf die "lange Strecke" zwischen den Versandzentren. "Die letzte Meile machen wir nicht", erklärt die Unternehmerin.

Auch im Lebensmittelhandel sind die Pflaum-Lastwagen unterwegs. "In beiden Bereichen ist die Nachfrage seit der Coronakrise stark gestiegen, und wir verzeichnen auch weiterhin hohe Wachstumszahlen." Im Frühjahr schoss die Kurve nach oben, blieb über die Sommermonate ungewöhnlich hoch - und jetzt im Herbst ist eh üblicherweise die stärkste Zeit, was zu einem Allzeithoch führt. "Wir suchen immer nach Berufskraftfahrern", berichtet die Gesellschafterin von 1300 Beschäftigten. "In den kommenden Monaten kommt es auf Stabilität an, allem voran auf die Gesundheit unserer Mitarbeiter. Und wir haben natürlich die gefühlt täglichen Änderungen zu beachten. Grenzüberschreitungen, Abriegelungen, Schutzmaßnahmen, Quarantäne: Das alles müssen wir einhalten. Dies ist oftmals mit hohen Kosten verbunden, und all das können wir nie vorher einschätzen."