Wird das Neubaugebiet bei Gaustadt junge Familien anlocken?
Autor: Michael Wehner
Bamberg, Dienstag, 11. Sept. 2018
Über 200 Baurechte sollen am Stadtrand von Bamberg entstehen. Der Politik schwebt günstiger Wohnraum vor. Anwohner zweifeln, dass dies gelingt.
Trutbert Sünkel hat seine Argumente in einer langen Liste gesammelt. Aus seiner Sicht ist das geplante Wohngebiet zwischen Gaustadt und dem Michelsberger Wald ein städtebaulicher Sündenfall, eine "Auswucherung" der Stadt.
Sünkel ist nicht allein. Als der Architekt, der wenige Meter entfernt am bislang unverbauten Ortsrand wohnt, Nachbarn zusammentrommelte, um über die Pläne der Stadt zu informieren, kamen überraschend 70 bis 80 Leute zusammen. Glaubt man Sünkel, dann ist es um die Stimmung im Gebiet rund um den Sylvanersee nicht mehr zum Besten bestellt, seit die Stadt im Rathausjournal über das Plangebiet "Jungkreut" informierte.
Dort will die Politik Wohnungsbau im großen Still möglich machen. In den städtischen Unterlagen zu dem Projekt ist die Rede von erschwinglichen Baugrundstücken, die dank eines geplanten Wohnbaulandmodelles vor allem jungen Familien zu Gute kommen sollen. Aber auch Seniorenwohnungen und alternative Wohnmodelle könnten hier entstehen - zwischen viel Grün. 10,5 Hektar umfasst das Plangebiet, das entspricht einer Fläche von ca. 15 Fußballfeldern. Der im Juli vom Bausenat gebilligte Rahmenplan würde einem der größten Neubaugebiete den Weg ebnen, die in den letzten Jahrzehnten in Bamberg geschaffen wurden. Es geht nach dem derzeitigen Konzept um bis zu 250 Wohneinheiten, 85 Prozent davon Reihen-, Doppel- und frei stehende Einfamilienhäuser.
Und es gibt einen ganz handfesten Vorteil gegenüber über manch anderem Bamberger Plangebiet, das durch langwierige Kaufverhandlungen von sich reden machte: Die Grundstückseigentümer sind wegen eines Verkaufs der Fläche von sich aus auf die Stadt zugegangen. Außerdem gehört ein erklecklicher Anteil der überplanten Fläche bereits der Stadt Bamberg.
Doch bei der jetzt beginnenden Bürgerbeteiligung und einer morgen stattfindenden Infoveranstaltung im Pfarrsaal von St. Josef in Gaustadt (siehe nebenstehenden Kasten) dürften vor allem die Einwände dominieren. "Dieses Neubaugebiet ist von der Dimensionierung einfach übertrieben. Das ist Wildwuchs, eine Ausweitung, die schon in zehn Jahren überholt sein werde", sagen Architekt Sünkel und seine Mitstreiter.
Wegen des hohen Grünflächenanteils und der nötigen Erschließungsmaßnahmen zweifelt er auch, dass hier der erschwingliche Wohnraum entsteht, den Bambergs Politiker schon seit Jahren versprechen: "Nach meiner Einschätzung werden die Häuser hier 450 000 bis 500 000 Euro kosten. Wer kann sich das denn heute noch leisten?"
Doch es sieht nicht danach aus, als ob sich Bambergs Stadträte in ihrer Mehrheit von solchen Befürchtungen beeindrucken ließen. Heinz Kuntke (SPD), der im Bausenat für den Rahmenplan gestimmt hat, spricht von positiven Erfahrungen, die die Stadt in vergleichbaren Baugebieten etwa an der Graf-Arnold-Straße gemacht habe. Dort hätten sich allen Unkenrufen zum Trotz viele Familien angesiedelt, weil der Anteil der Grundstückskosten durch den vergünstigten Verkauf erfolgreich habe gesenkt werden können.