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Wirbel um Rückforderung von Zuschüssen: Bamberger Zahnarzt empört


Autor: Christian Pack

Bamberg, Dienstag, 14. März 2017

Wegen formaler Abweichungen soll Matthias Wagner bereits geleistete Kassenzuschüsse zurückzahlen. Der Mediziner will das nicht akzeptieren.


Zahnarzt Matthias Wagner versteht die Welt nicht mehr: "Ich bin nicht nur sauer, sondern empört", schimpft der Bamberger Mediziner. Für mehrere Behandlungen soll Wagner bereits geleistete Kassenzuschüsse zurückzahlen, seit vergangenem Sommer landen immer wieder sogenannte Berichtigungsanträge in seinem Briefkasten. Mittlerweile wird eine vierstellige Summe zurückgefordert. "Zuerst dachte ich, das sei ein böser Scherz."

Die Rückforderungen begründen sich auf Formfehler von genehmigten Heil- und Kostenplänen. Teilweise handelt es sich um Fälle, die schon Jahre zurückliegen. Ein Beispiel: Durch ein Missgeschick war einem Patienten ein Frontzahn abgebrochen - und das kurz vor seinem Urlaub. Matthias Wagner half dem Mann kurzfristig, der Patient konnte wunschgemäß in den Urlaub fahren.


Neues Datenzentrum?

Wegen der schnell ausgeführten Behandlung landet der Genehmigungsstempel der Krankenkasse erst zwei Tage später auf dem Formular - rein rechtlich hätte der Mediziner diese Genehmigung abwarten müssen. "Doch so eine Frontzahnlücke ist nicht besonders schön, wenn man in den Urlaub fahren will", sagt Wagner.

In der Vergangenheit sei dies seitens der DAK auch immer unter der Rubrik "Notfall oder Ausnahme" gebilligt worden. Doch, ist sich der Zahnarzt sicher, habe sich dies mit der Einführung eines neuen Datenzentrums für Bayern und Baden-Württemberg geändert. Seither würde die Kasse bayernweit zahlreiche Rückforderungsbescheide für "medizinisch notwendige, genehmigte und ordnungsgemäß erbrachte Zahnersatzmaßnahmen" verschicken. "Es wird ein Häkchen gefunden und man beharrt darauf, dass der Zahnarzt den kompletten Festzuschuss zurückzahlt!"


Krankenkasse: Eine neue Software wurde nicht installiert

Die DAK weist die Vorwürfe zurück. Man prüfe generell bei allen zahnärztlichen Leistungen, die bewilligt werden müssen, ob die Voraussetzungen zur Abrechnung gegeben sind, erklärt Pressesprecher Stefan Wandel. "Dies ist seit vielen Jahren gesetzlich so geregelt."

Bei der Prüfung setze man seit Jahren auf EDV-Unterstützung. Eine neue Software sei nicht installiert worden. Im ersten Halbjahr 2016 seien seitens der DAK in Bayern 20.600 Heil- und Kostenpläne (HKP) geprüft worden, durchschnittlich 24 Prüfanträge seien anschließend pro Monat bei der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Bayern (KZVB) gestellt worden. "Das sind etwa 0,7 Prozent aller kontrollierten HKP. Somit kann man sagen, dass es nur Einzelfälle sind."


"Häufung kennen wir so nicht"


Die KZVB ist sozusagen der Überbringer der schlechten Nachricht. Auf Antrag der Kasse werden von München aus die Anträge verschickt, darin aufgeführt der Fall und der geforderte Geldbetrag. Rüdiger Schott, stellvertretender Vorstandsvorsitzender und niedergelassener Zahnarzt im oberfränkischen Sparneck, sagt, dass es selbstverständlich die Aufgabe einer Krankenkasse sei, Abrechnungen zu überprüfen. "Die Häufung von rückwirkenden Anträgen, wie wir sie aktuell bei der DAK erleben, kennen wir aber so bei anderen Kassen nicht." Bis 2016 habe es seitens der DAK keine derartigen Anträge gegeben. Innerhalb kurzer Zeit seien alleine im Bereich Zahnersatz fast 1000 rückwirkende Anträge eingegangen.

Es sei nicht im Sinne der Patienten, wenn der Zahnarzt auf die Genehmigung des Heil- und Kostenplanes warten muss. Bei denen von Matthias Wagner beschriebenen Fällen ginge es lediglich um Formfehler. "Die Behandlungsfälle waren aber medizinisch notwendig und wirtschaftlich", so Schott.

Man sei in Gesprächen mit der DAK, habe derzeit aber wenig Hoffnung, dass ein Umdenken einsetzt. "Wir können den Zahnärzten deshalb zurzeit nur raten, mit der Behandlung nicht ohne Genehmigung zu beginnen, auch wenn das für den Patienten eine längere Wartezeit mit sich bringt."


Das sagt das Bayerische Gesundheitsministerium

Auf Anfrage teilte eine Sprecherin des Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege (StMGP) mit, dass es generell rechtlich nicht zu beanstanden sei, wenn sich eine Krankenkasse darauf beruft, "dass Zahnärzte Zahnersatz in der Regel nur dann einsetzen dürfen, wenn die Kasse zuvor den Heil- und Kostenplan genehmigt hat". Honorarrückforderungen wegen formaler Fehler seien demnach möglich.

Da es in den vorliegenden Fällen wohl aber "überwiegend um die Vergütung tatsächlich erbrachter und medizinisch notwendiger Leistungen" geht, erscheine die Irritation betroffener Zahnärzte über eine plötzliche Umstellung der Verwaltungspraxis einer einzelnen Krankenkasse nachvollziehbar.

Aus Sicht der Sprecherin wäre es wünschenswert, wenn die Selbstverwaltungspartner "statt nach einer rechtlichen Klärung im Einzelfall nach einer generellen und einvernehmlichen Lösung für die Gesamtproblematik suchen würden, die sowohl die Interessen der Kasse wie auch der betroffenen Zahnärzte angemessen berücksichtigt".