Druckartikel: Wildnis vor den Toren der Stadt Bamberg

Wildnis vor den Toren der Stadt Bamberg


Autor: Michael Wehner

Bamberg, Donnerstag, 02. Juli 2015

Das Nationale Naturerbe auf dem ehemaligen Übungsplatz bei Bamberg ermöglicht eine ganz neue Naturerfahrung. Hier entsteht die Wildnis von morgen. Ein Gewerbegebiet rund um die " Panzerwaschanlage", wie es die Politik vorgeschlagen hatte, lehnt der Bundesforst ab. Ziel sei es, die Panzerwaschanlage abzureißen und die Fläche ins Naturerbe zu integrieren.
Auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz haben sich viele Tümpel erhalten - ein Paradies für seltene Amphibien- und Fledermausarten. Auch die Wildkatze wurde bereits gesichtet.  Foto: Michael Wehner


Bernhard Struck von der Naturschutzbehörde im Landratsamt ist immer noch wie elektrisiert. "Das ist ein Geschenk an die Bamberger und an die Natur", sagt Struck über das, was der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages am 17. Juni entschieden hat. Die Widmung von 62 wertvollen deutschen Naturgebieten zum Nationalen Naturerbe.

Teil dieser "dritten Tranche" sind mehrere Gebiete in Franken, darunter als zweitgrößter Block der nördliche Teil des Hautpsmoorwaldes, seit Jahrzehnten vom Bundesforst genutzt. 303 Hektar sind es, in denen künftig Natur Natur sein darf, und das in unmittelbarer Nachbarschaft zur Stadt.

Was erwartet die Bewohner der Region auf einem Gebiet, das lange Zeit für Besucher verschlossen war? Naturschutzexperte Struck spricht von neuen Waldbildern, die sich hier im Lauf der Jahrzehnte herausbilden sollen. All das, was im Nutzwald nur bedingt möglich ist, wird hier zum Prinzip: Bäume dürfen zu Riesen werden und liegen bleiben, wenn sie gestürzt sind. Nicht menschliche Nutzung und Rohstoffproduktion stehen im Vordergrund, sondern die natürlichen Prozesse.

Schon die Größenordnung zeigt, um was es hier geht: Die beiden einzigen bestehenden Naturschutzgebiete in Bamberg, auf dem Gelände der "Muna" und im Bruderwald, haben gerade mal 44 Hektar Fläche. Auch der Hain und das Steilufer am westlichen Regnitzufer komment nur auf 88 Hektar. Jürgen Gerdes, Biologe bei der Stadt Bamberg, freut sich, die spannende Entwicklung eines Waldes miterleben zu können. "Es gibt bisher keinen einzigen Wald im Regnitztal, der sich selbst überlassen ist. Welche neuen Arten siedeln sich hier an? "

Schon heute zeigt der ehemalige Truppenübungsplatz ein sehr natürliches Bild. Im lockeren Wald aus Kiefern, Eichen und Birken haben sich auf sandigem Boden etliche Tümpel erhalten, die den Namen Hauptsmoorwald erklären und das Überleben seltener Arten wie der Gelbbauchunke und des Kammmolches ermöglichen. Glasklar ist das Wasser des "Silbersees" unweit der Autobahn - Zeichen, dass es hier keinen Nährstoffeintrag gibt.
Wichtig: Die Schätze der Natur sollen im Hauptsmoorwald den Menschen auch künftig frei zugänglich und erfahrbar gemacht werden. Das verspricht Godfried Schwarz, Betriebsleiter des Bundesforstes mit Sitz in Hammelburg. Schwarz weilt in diesen Tagen öfter in Bamberg, auch weil er für das Bundesamt für Naturschutz einen Entwicklungsplan erstellt. Der Forstmann bestätigt, dass sich das "Naturerbe" im Hauptsmoorwald nach den Vorgaben der Bundesregierung zur Wildnisfläche entwickeln soll. Ziel ist es, auf zwei Prozent der deutschen Fläche wieder Wildnis zuzulassen. Derzeit liegt man mit 0,5 Prozent im internationalen Vergleich weit hinten. Das schadet dem Artenschutz, aber auch der eigenen Glaubwürdigkeit. Denn wie können die Industrieländer von den armen Nationen den Schutz der Naturwälder fordern, wenn sie selbst kaum ungenutzte Flächen haben?
Zu klein für ein GewerbegebietNutzen oder schützen? Eine Frage, die auch in Bamberg überraschend wieder aktuell wurde, als MdB Andreas Schwarz (SPD) im Frühling erneut die Idee eines Gewerbegebiet im künftigen Naturerbe ins Gespräch brachte. Zumindest aus Sicht des Bundesforstes macht das aber wenig Sinn: "Die Fläche ist viel zu klein, außerdem gehe ich davon aus, dass die Autobahnbrücke aus Sicherheitsgründen abgerissen wird."

Was wird aus dem so genannten Panzerwaschplatz? Godfried Schwarz geht davon aus, dass hier nicht mit Altlasten zu rechnen ist. Die Gebäude sollen abgebrochen, die Fläche ins Natuerbe integriert werden. Auch die erhöht gelegene Deponie möchte der Bundesforst zugänglich machen - für eine Aussichtsplattform . "Von dort hat man einen traumhaften Blick auf Bamberg", sagt Schwarz.