100 Euro Antrittsgeld: Wie Bamberg seine Einwohnerzahl steigert
Autor: Michael Wehner
Bamberg, Mittwoch, 29. Juni 2016
Die Stadt will die Einnahmen steigern und zahlt Studenten, die sich mit Erstwohnsitz anmelden, ab sofort 100 Euro in Einkaufsgutscheinen.
Student müsste man sein. Einfach ins Einwohnermeldeamt marschieren, sich anmelden und 100 Euro fürs das Da-Sein kassieren.
Ganz so einfach ist es nicht - aber fast. Der Finanzsenat hat in seiner letzten Sitzung beschlossen, die Summe ab sofort zu verdoppeln, die Studenten vom ersten bis zum dritten Semester erhalten, wenn sie sich in Bamberg mit Erstwohnsitz anmelden. Von 50 auf 100 Euro steigt das offiziell Anreiz genannte Begrüßungsgeld ab 1. Juli, auszuzahlen in Form von Geschenkgutscheinen, den in 460 Geschäften gültigen City-Schexs.
Allein im Jahr 2014 gab es 903 Eintragungen von Studenten
Schon bisher war das Anmelde-Programm für Studenten ein ziemlicher Erfolg. Wie Finanzreferent Bertram Felix vor den Stadträten vorrechnete, ist es der Stadt gelungen, auf diese Weise von 2009 bis 2015 immerhin 4873 Studenten zur Registrierung zu bewegen und damit zumindest zeitweise zu echten Bambergern zu machen. Allein im Jahr 2014 verzeichnete das Einwohnermeldeamt 903 Eintragungen von Studenten - ein Rekord, der sich auch in den parallel stark nach oben zeigenden Einwohnerentwicklung widerspiegelt. Zwischen 2009 und 2015 wuchs die Bamberger Bevölkerung von 69 827 auf 73 200.
Dabei ist die muntere Bürgervermehrung ein Geschäft, das beiden Seiten nutzt. Die Studenten und Studentinnen, die am Studienort in der Regel zuvor nur mit Zweitwohnsitz angemeldet waren, erhielten bislang je fünf Einkaufsgutscheine "City Schexs" im Wert von insgesamt 50 Euro, wenn sie sich in Bamberg mit Erstwohnsitz anmeldeten. Ab 1. Juli bringt der Gang zum Rathaus bereits 100 Euro.
Stellt sich die Frage, warum das Antrittsgeld für akademische Neubürger auch für die Stadt und damit alle bereits hier lebenden Bürger ein Geschäft ist? Antwort ist das komplexe System des Finanzausgleichs, das über die Schlüsselzuweisungen den Kommunen viele Millionen Euro zukommen lässt, abhängig unter anderem auch von der Einwohnerzahl. Kurz gesagt bedeuten mehr Bürger mehr Geld, und zwar deutlich mehr als 50 oder auch 100 Euro.
Aufwand scheint sich zu lohnen
Finanzreferent Bertram Felix konnte auf Nachfrage von Stadträten zwar keine Angaben darüber machen, wie viele Euro jeder zum Bamberger erklärte Student in die Kassen der Stadt spült, aber es scheint keinen Zweifel zu geben, dass sich der Aufwand lohnt. So sehr, dass man im achten Jahr des Programms jetzt noch eine Schippe drauf legt. Potenzial für neue Bamberger ist dank der stark gewachsenen Otto-Friedrich-Universität in Hülle und Fülle vorhanden. Denn einerseits sind 4873 Erstwohnsitzanmeldungen durch Studienanfänger in acht Jahren nicht schlecht, andererseits aber auch nur 17,25 Prozent aller Neuankömmlinge an der Uni, die zuletzt deutlich über 13000 Studierende zählte.
Stadrat billigt die Kosten
Von so viel Chancen auf Neubamberger ließen sich die Stadträte gerne überzeugen. Sie billigten die Kosten für die zu vergebenden Einkaufsgutscheine in Höhe von voraussichtlich 30 000 Euro ohne Gegenstimme. "Es kommt was dabei raus", lautete die knappe Begründung von Helmut Müller (CSU). Auch Heinz Kuntke von der SPD-Fraktion freute sich - weil noch Luft nach oben ist. "17,25 Prozent ist ja eine bescheidene Quote." Norbert Tscherners Befürchtungen, die Stadt könne durch schnelles An- und Abmelden ausgetrickst werden, konnte vom Finanzreferent zerstreut werden. Peter Gack (Grüne) hob das Beispiel von Erlangen hervor. Dort werden jährliche "100 Studi-Bikes" verlost, um die Zahl der Erlanger zu vermehren. Auch Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) sprach sich dafür aus, das "Einwohnermeldewesen zu optimieren" und die Grundlagen dafür zu verbessern, dass Bamberg seinen Verpflichtungen als Stadt nachkommen kann.
Angesichts des stürmischen Einwohneranstiegs in nur fünf Jahren könnte man meinen, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis Bamberg die 75 000-Einwohner-Marke knacken wird. Selbst 80 000 Bürger wären nach Ansicht einiger lokalpatriotisch gesonnenen Kommunalpolitiker drin, würde Bambergs das Potenzial der Konversionsflächen besser ausschöpfen.
Eine Idee, wie man wohl sehr viele Studenten und Studentinnen dazu bewegen könnte, ins Rathaus zu kommen, hat Finanzreferent Bertram Felix schon mal in die Runde geworfen: "Würden wir die Studierenden mit einem i Pad begrüßen, hätten wir wohl eine Anmeldequote von 100 Prozent."