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Wie Heizpilze die Bamberger Wirte im Corona-Winter retten sollen


Autor: Sebastian Schanz

Bamberg, Dienstag, 27. Oktober 2020

Gastronomen befürchten einen langen, dunklen Corona-Winter. Damit sie Gäste weiter an der frischen Luft willkommen heißen können, will Bamberg ihnen ausnahmsweise umweltschädliche Heizpilze im öffentlichen Raum erlauben - ein harter Schritt für die Grünen.
Heizpilze sind im Biergarten des Bolero das Mittel der Wahl gegen Kälte. Foto: Ronald Rinklef


Wer Datteln im Speckmantel knabbert, will nicht riechen wie eine geräucherte Forelle. Diese simple Erkenntnis hat der Bamberger Gastronom Ralf Schmidtlein schon vor einiger Zeit gewonnen, als er in seinem Bolero mit Feuertonnen im Biergarten experimentiert hat. "Wir hatten die Tonnen letztes Jahr im Garten gehabt, aber da haben die Leute innerhalb kurzer Zeit so dermaßen nach Kohle gestunken, wie in der Räucherkammer", berichtet der ehemalige DJ, der mit Thomas Gebert auch Chef von Salino, Brasserie, Little Italy und Rodez 7 ist. Fürs Schlenkerla wäre der Räucherduft ja vielleicht passend, aber nicht für das spanische Lokal in der Judenstraße.

Die Scherze haben einen ernsten Hintergrund. Wie sollen Wirte im Corona-Winter 2020/21 Gäste empfangen und ihnen gleichzeitig möglichst viel Schutz bieten? Für das Bolero hat der findige Gastronom eine Strategie entwickelt: "Wir werden im Winter einen erweiterten Weihnachtsausschank machen und einen Teil der Gaststätte in den Garten verlagern. Alles coronakonform mit 1,5 Meter Abstand in alle Richtungen. Und mit Heizpilzen." Im Biergarten sind die Pilze erlaubt, und der Gastronom hat gute Erfahrungen mit den Gasgestellen gemacht. Auch im Salino und im Rodez 7 sind die Wärmespender im Einsatz.

Viele Gastrokollegen bekommen unterm warmen Heizpilz jedoch kalte Füße, denn die Klimakiller sind auf öffentlichem Grund in Bamberg verboten - und nicht jeder Wirt verfügt über eigene Freiflächen. "Ich habe bereits Heizpilze aufgestellt, obwohl es dort eigentlich nicht erlaubt ist, weil mir die Fläche nicht gehört", gibt der Wirt eines anderen beliebten Restaurants in der Altstadt zu - will seinen Namen aber freilich lieber nicht in der Zeitung lesen.

Gastronomen wollen heizen

Der Hotel- und Gaststättenverband Bamberg (Dehoga) appelliert deshalb an die Lokalpolitik: "Wir fordern eine zumindest vorübergehende Erlaubnis der Heizpilze oder Heizstrahler", erklärt deren Vorsitzender Joachim Kastner. "Gäste wollen draußen sitzen, weil die Infektionsgefahr geringer ist. In der Gastronomie sind durch die Abstandsregeln einfach zu wenig Plätze möglich. Wir haben Kneipen oder Cafés. Die dürfen gerade mal einen Tisch ins Lokal stellen."

Nicht jeder Wirt werde eine Verlängerung der Außensaison umsetzen wollen oder können. Aber: "In Kombination mit Wintergärten, Markisen, Windschutz, Schirmen oder Decken ist es eine gute Alternative und Chance", meint Kastner, der auf einen milden Winter hofft.

Stadtrat berät das Thema

Die Wünsche der Wirte werden gehört. Am heutigen Mittwoch behandelt der Stadtrat das Thema. Die Verwaltung schlägt dabei den Volksvertretern vor, Heizpilze auf öffentlichem Grund zu erlauben und die Freischanksaison über den Winter zu verlängern. Dies soll auch für die wegen Corona vergrößerten Bewirtungsareale gelten, die in den öffentlichen Raum ragen.

"Viele Gäste halten sich lieber im Freien auf, das Unbehagen in Innenräumen wird durch die steigenden Infektionszahlen wieder größer werden", schreibt die Rathausverwaltung als Begründung.

Auch Überdachungen wie etwa Pavillons und Servicestationen auf Freischankflächen sollen möglich sein. Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing wollen darüber hinaus eine Verlängerung der Rückzahlungsfristen ihrer Darlehen im Rahmen des städtischen Rettungsschirmes gewähren. Der Arbeitstitel des Kataloges lautet: "Maßnahmen zur Unterstützung der Gastronomie".

Die Vorschläge an den Stadtrat enthalten einige Anregungen der Grünen. Pikant dabei: Die Fraktion musste für den Antrag über den eigenen Schatten springen. Denn langfristig wollen sie den Einsatz von Heizpilzen auf öffentlichen Flächen in Bamberg sogar generell verbieten. Für den Corona-Winter wollen sie aber eine Ausnahme machen - "ein für uns sehr harter Schritt", wie Stadtrat Andreas Eichenseher einräumt. Jedoch: "Wir sehen die wirtschaftliche Notwendigkeit." Freilich appellieren die Grünen an die Wirte: "Nutzen Sie sparsame Geräte, setzen Sie diese nur dann ein, wenn auch wirklich Gäste da sind, und nutzen Sie möglichst Heizstrahler, die mit Ökostrom betrieben werden, um den Schaden fürs Klima einigermaßen einzudämmen."

Wünschenswert wäre für den Hotel- und Gaststättenverband Bamberg dagegen eine Empfehlung, "welche Geräte unter welchen Bedingungen dauerhaft installiert werden dürfen". Alternativen seien rar, erklärt Dehoga-Vorsitzender Kastner. Lediglich elektrische Wärmeeinrichtungen, Strahler oder Heizkissen seien brauchbar - aber teuer. "Eine sehr gute Alternative sind Pellet-Heizer. Wir haben selbst einen und hier verbrennen die nachhaltigen Pellets nahezu geruchlos, ohne Rauchentwicklung. Dazu sehen sie auch noch gut aus." Der Hotelier wirbt: "Die Kombination der neuen Freischankflächen mit Heizstrahlern wird sicherlich das Überleben einiger Gastronomiebetriebe sichern."

Wie schädlich sind Heizpilze - und sind sie gefährlich?

Varianten Es gibt mehrere Varianten: den Gas-Heizpilz oder -Strahler, der sich nur mit einer Gasflasche betreiben lässt; den Elektro-Wärmepilz, der an der Steckdose hängt; den Infrarot-Strahler, der ebenfalls Strom saugt; oder Heizer, die Holzpellets verbrennen.

Umwelt Gas-Pilze sind wahre Kohlenstoff-Dioxid-Schleudern und von ihrem jährlichen Ausstoß an Treibhausgas laut welt.de in etwa vergleichbar mit einem Kleinwagen. Strom-Varianten stoßen nicht direkt CO2 aus, saugen aber sehr viel Strom und sind daher auch klimaschädlich. Hersteller von Pellet-Heizern werben mit "CO2-neutraler Verbrennung".

Gefahr Wo Hitze im Spiel ist, kann es immer Unfälle geben. Gas-Heizpilze dürfen außerdem nur an der frischen Luft angeschmissen werden. In Innenräumen entstehen zusätzliche Gefahren: Ist nicht genügend Sauerstoff vorhanden, entsteht stark giftiges Kohlenmonoxid. Falscher Umgang mit der Gasflasche kann zu einem Entweichen des Gases führen. Verpuffungen sind möglich.