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Wie grün wird das neue Bamberger Atrium?


Autor: Michael Wehner

Bamberg, Donnerstag, 17. Sept. 2020

Auch die Grünen haben dem neuen Atrium ihren Segen erteilt. Der Preis dafür soll eine großzügige Fassadenbegrünung des 200 Meter langen Parkhauses sein.
Die 200 Meter lange Parkhausfassade des Atrium soll mindestens zu 70 Prozent begrünt, die Bäume vor der Fassade ersetzt werden.  Foto: R. Rinklef


Es war ein spannender Moment im Bausenat der Stadt. Die Entkernung des alten Atriums am Bahnhof ist mittlerweile weit fortgeschritten, die Abbruchbagger für den geplanten Abriss sind bereits bestellt. Dennoch hätte die stärkste Fraktion im Rathaus die Wiederbelebungspläne für das größte Gebäude Bambergs empfindlich durchkreuzen können.

Dazu kam es nicht. Einhellig sprach sich der Stadtrat für das Projekt in der vorliegenden Fassung aus. Das bedeutet: Der Investor hat erstmals seit dieser Woche die Sicherheit, dass er seine Pläne am Bahnhof tatsächlich verwirklichen kann. Das Aufatmen bei den Bauherren der Eyemaxx-Gruppe war spürbar: Sie wollen in das Gewerbeprojekt mit 160-Zimmer-Hotel, Büros, Fitnesscenter und Handelsflächen in den nächsten zwei Jahren 40 bis 50 Millionen Euro stecken. Bei einem Nein hätten sie das Vorhaben wohl auf Eis gelegt. "Es war ein schwieriges Verfahren. Aber jetzt gibt es den Startschuss für das Projekt. Wir werden in den nächsten zwei bis drei Wochen das Gebäude sehr sichtbar abreißen", sagt Projektleiter Heiko Tost. Man darf gespannt sein, wie es aussieht, wenn ein "Einkaufsparadies" abgewrackt wird.

Allerdings: Ganz umsonst haben die Grünen ihre Zustimmung nicht gegeben. Die Fraktion, die das Projekt vor der Wahl als damals noch drittstärkste Kraft skeptisch beäugt und vor allem den Boom an Hotelbetten kritisiert hatte, will dem Atrium nun auf andere Weise ihren grünen Stempel aufdrücken: "Wir fordern eine Begrünung von mindestens 70 Prozent der Parkhausfläche. Auf dem Dach soll eine Photovoltaik-Anlage entstehen sowie eine Regenwassernutzung zur Fassadenbegrünung", zeigte sich Christian Hader als Sprecher des Bündnisses Grünes Bamberg/ÖDP und Volt entschlossen. Das kurze Wort "fordern", das sich auch in der prompt nach dem Beschluss vorgelegten Pressemitteilung der Grünen findet, lässt freilich stutzen. Es zeigt: Auch wenn nächste Woche die Bagger anrücken, ist das Tauziehen um das Atrium noch nicht zu Ende. Die grünen Wünsche haben keine juristische Bindungswirkung. Sie kamen zu spät, um sie in den Forderungskatalog für den städtebaulichen Vertrag einarbeiten zu können.

Entsprechend ambivalent fielen die Aussagen des Investors aus. So soll die Möglichkeit einer Fassadenbegrünung am Parkhaus entlang der Ludwigstraße wohlwollend geprüft werden. "Wir werden die ohnehin am Hotel geplante Begrünung auch auf die Bereiche am Parkhaus ausdehnen, und zwar dort, wo es Sinn macht. 70 Prozent kann ich mir aber nicht vorstellen", erklärte Projektleiter Heiko Tost anderntags. Auch eine Fassadenbegrünung müsse unterhalten werden oder sei auf der zur Bahn gewandten Seite wegen des dort zu erwartenden Sogs bei der Durchfahrt des ICE schwierig.

Eine klare Absage erteilten die Planer der Idee einer Grauwassernutzung und einem Photovoltaikdach: "Entweder ein Gründach oder Photovoltaik. Wir haben uns für ein Gründach entschieden", erklärte Frank Schönfelder von der Planungsgruppe Strunz. Immerhin: Glaubt man Heiko Tost, wird die Dachbegrünung mit rund 40 Prozent des Atriums für mehr als einen Farbklecks in der Bamberger Dächerlandschaft sorgen. So sollen unter anderem "Blühwiesen" dort für lebendige Vielfalt sorgen, wo tatsächlich neue Dächer entstehen, also beim Hotel und bei den Büroflächen im Mittelteil.

Schlecht stehen dagegen die Chancen für die Regenwassernutzung, für die sich ÖDP-Stadtrat Lucas Büchner eingesetzt hatte. Auch hier mochten die Bauherren nicht zustimmen.

Grundstückstausch erforderlich

Ganz ohne Einflussmöglichkeiten stehen die Grünen und die Stadt aber nicht da, um ihre Ergänzungswünsche doch noch durchzusetzen. Noch steht die Baugenehmigung für das Projekt aus. Sie soll demnächst erteilt werden. Gesprächsbedarf besteht außerdem für die neben dem neuen Atrium auf 15 Metern Breite geplante Flaniermeile mit Bäumen, Busspuren und Gastronomieflächen. Sie setzt einen Grundstückstausch zwischen Investor und Stadt voraus.

Sprecher der anderen Fraktionen freilich wollen von irgendwelchen Verknüpfungen nichts wissen. Franz-Wilhelm Heller (CSU) warnte ausdrücklich davor, das Ergebnis der Verhandlungen zu "gefährden". "Gott sei Dank haben wir hier einen Investor, der unheimlich viel Geld in die Hand nimmt, um aus diesem Scheusal von Gebäude etwas zu machen", sagte Heller. Auch Heinz Kuntke (SPD) sprach von einem "städtebaulichen Missstand" und der Sorge, dass der Abwägungsprozess noch ins Wanken geraten könnte. Seine Hoffnung ist, dass hier "ein Juwel am Eingang der Innenstadt "entsteht.

Eine grüne Forderung kann bereits als gesichert gelten: die großzügige Ausstattung des neuen Atrium mit Fahrradstellflächen. Insgesamt sollen in und am Haus rund 850 Radparkplätze entstehen, davon 250 in einem bewirtschafteten Fahrradparkhaus direkt gegenüber vom Bahnhof. Auf dieses Ergebnis sind die Planer bei Eyemaxx besonders stolz: "Wir fördern die Fahrradstadt Bamberg."