Wie aus Gartenabfällen Wärme wird
Autor: Hans-Werner Penning
Scheßlitz, Freitag, 12. April 2013
Bei der Abfallwirtschaft des Landkreises darf man sich freuen: Bisher ist das Konzept zur Lieferung von Hackschnitzeln an das Biomasse-Heizwerk Scheßlitz aufgegangen. Und für die Zukunft stehen die Signale auf "Grün". Auf den Sammelplätzen des Landkreises rollt der Nachschub.
Mit seiner Probezeit vom Tag des Anschürens Mitte Januar bis zum Ende des Winters vor einigen Tagen hat das neue Hackschnitzel-Heizwerk in Scheßlitz seine Tauglichkeit bewiesen. Die drei Schulen des Schulzentrums - Förderschule, Mittelschule und Realschule - sowie das Scheßlitzer Feuerwehrzentrum werden seitdem durch Biomassse gewärmt, die Zeiten von Öl und Gas sind vorbei.
Für den Landkreis wie die Stadt Scheßlitz ein doppelter Grund zum Feiern wie zum Feuern: Man leistet nicht nur im Geiste der Klimaallianz einen Beitrag für eine sauberere Umwelt, sondern spart auch Geld. Denn ein erheblicher Teil des Heizmaterials kommt aus der eigenen Grüngut-Sammlung.
Etwa 60 Prozent des jährlichen Hackschnitzel-Bedarfes von rund 650 Tonnen (das sind etwa 2900 Schüttmeter) sollen aus eigener Kraft aufgebracht werden, rechnet der derzeitige Leiter des Fachbereiches Abfallwirtschaft am Landratsamt, Jürgen Pfister vor. Und man durfte gespannt sein, ob dieser Wert für den ersten "halben" Winter nach der Inbetriebnahme des Heizwerkes erreicht werden würde. Denn Holzöfen kommen wieder in Mode und es war nicht selbstverständlich, dass von Privatleuten, Kommunen und anderen Wald- und Gartenbesitzern genügend Nachschub kommen würde.
Doch nach dem Ende des Winters, der bekanntlich kein schlechter war, kann Pfister zufrieden sein. "Alle Beteiligten haben ihre Pflicht erfüllt. Es wurden etwa 300 Tonnen Brennmaterial angeliefert und zum großen Teil verfeuert. Davon kamen 180 Tonnen aus der Abfallwirtschaft des Landkreises und 120 Tonnen von der Waldbesitzer-Vereinigung Bamberg, die sich ebenfalls als zuverlässiger Partner erwiesen hat. Das hat auf Anhieb gut geklappt."
Am meisten freut sich Pfister aber darüber, dass das Feuer unter dem Kessel problemlos gebrannt hat und trotz des "inhomogenen Heizmaterials" nicht einmal ausgegangen ist. Irgendwelche Beschwerden gab es nicht. "Das ist die wichtigste Erkenntnis der Probephase." Denn einheitlich ist nur die Zerkleinerung der Holzstücke auf eine Größe von maximal zehn Zentimetern. Was indes Qualität und Wassergehalt anbelangt, gingen die Bestandteile doch weit auseinander.
400 Tonnen sind notwendig
Ob für den nächsten Winter, der sicherlich kommen wird, aus den Grüngut-Sammlungen des Landkreises auch die doppelte Menge beschafft werden kann? An die 400 Tonnen werden nötig sein, will die Abfallwirtschaft des Landkreises ihren Prognosen Taten folgen lassen.
Derzeit gibt es dazu drei Sammelplätze in Litzendorf, Walsdorf und Zapfendorf, wo Holzreste, Äste und anderer brennbarer Gartenabfall angeliefert werden können. Zwei weitere sollen noch im ersten Halbjahr 2013 eröffnet werden: in Baunach und in Frensdorf. Das sollte reichen, erläutert Pfister am Beispiel Walsdorf.
Um geordnete Verhältnisse zu schaffen, wurde der Sammelplatz - auch Häckselplatz genannt - noch vor dem Winter eingezäunt und ist inzwischen gut gefüllt. Auf etwa 30 mal zehn Meter Fläche türmt sich jetzt schon ein zwei bis drei Meter hoher, stattlicher Haufen von potenziellem Heizmaterial. Etwa gleichviel Platz ist noch frei.
Damit die Spreu vom Weizen - also das nicht brennbare Material von den Holzabfällen - gleich getrennt wird, erfolgt die Anlieferung an etwa acht Stunden pro Woche unter der Aufsicht der Gemeinde Walsdorf, der Landkreis kommt für diese Unkosten auf.
"Den Sommer über kann das Heizmaterial dann trocknen, bevor der Häcksler kommt und daraus Hackschnitzel herstellt", erläutert Pfister den weiteren Ablauf. Weil der große Haufen von Vögeln und anderen Tieren gerne als Brutstätte genutzt wird, darf vor Ende August nicht gehäckselt werden.
Alle Bürger können Material anliefern
Die Arbeiten werden vom Landkreis an private Firmen vergeben, so dass für den Kreisbauhof keine zusätzlichen Belastungen entstehen. Und anliefern können selbstverständlich alle Landkreis-Bürger.
Die damit auch teilhaben an einem Projekt, das laut Jürgen Pfister in Bayern seinesgleichen sucht. Nur in Sulzbach-Rosenberg gibt es im Freistaat eine ähnliche Anlage, allerdings mit einer ganz anderen Ausrichtung. Um nach dem Aufkommen der Idee im Landratsamt ein anschauliches Vorbild zu finden, musste man schon in den Rhein-Hunsrück-Kreis in Deutschlands Westen reisen.
Dass dann die Scheßlitzer Anlage nach mancher Verzögerung gerade rechtzeitig in Betrieb genommen werden konnte, freut Projektleiter Robert Martin und Jürgen Pfister ganz besonders. Der lange Winter konnte damit deutlich günstiger "befeuert" werden als mit Öl und Gas. Die Entsorgung der Asche und Filterstäube erfolgt problemlos auf der Mülldeponie in Gosberg.
"Beides wurde bereits untersucht, es ist alles im grünen Bereich", sagt Pfister. In den letzten Tagen war der Verbrauch an Heizmaterial im Kessel übrigens deutlich niedriger - es wurde aber auch Zeit, denn die Vorräte waren doch kräftig zusammengeschmolzen.
Sonntag Tag der offenen Tür
Bei einem "Tag der offenen Tür" am Sonntag von 10 bis 16 Uhr wird das neue Hackschnitzel-Heizwerk am Scheßlitzer Schulzentrum der Öffentlichkeit vorgestellt. Dabei werden von den politisch und technisch Verantwortlichen viele weitere Informationen nicht nur zur Anlage selbst und zur 400 Meter langen Wärmeleitung und ihren Möglichkeiten gegeben, sondern auch zur Beschaffung der Hackschnitzel.