Druckartikel: Wer hatte in Walsdorf das Sagen?

Wer hatte in Walsdorf das Sagen?


Autor: Hans Kurz

Walsdorf, Freitag, 24. Juli 2015

Das Immobiliengeschäft wirft Fragen auf. Nicht die Sparkasse, sondern der Insolvenzverwalter sei für den Verkauf zuständig gewesen, meint Landrat Johann Kalb. Unex-Insolvenzverwalter Thomas Linse widerspricht dem mit Nachdruck.
Lediglich die Lagerhalle des Immobilienkomplexes (im Bild vorne links) gehörte zur Insolvenzmasse von Unex. Für den Haupttrakt und das private Wohnhaus hatte die Sparkasse Bamberg einen Zwangsverwalter eingesetzt. Foto: Ronald Rinklef/Archiv


Wer war für den Verkauf der Grundstücke in Walsdorf zuständig, auf denen ein Investor zusammen mit dem Landratsamt eine Notfallunterkunft für Asylsuchende plante? Landrat Johann Kalb (CSU) hat vor dem Kreistag erklärt, es sei Aufgabe des Insolvenzverwalters gewesen, einen Käufer zu suchen. Die Sparkasse habe darüber nicht zu bestimmen gehabt und somit habe sich auch der Verwaltungsrat - dessen Vorsitzender Kalb ist - nicht damit befasst.

Dieser Darstellung widerspricht Unex-Insolvenzverwalter Thomas Linse aus Coburg ganz entschieden. "Es stimmt definitiv nicht, dass ,ausschließlich der Insolvenzverwalter zuständig" war", erklärt auf Nachfrage des Fränkischen Tags. "In die Verkaufsverhandlungen war ich überhaupt nicht eingebunden", stellt Linse vielmehr klar. Tatsächlich gehörte zu dem Areal, das verkauft wurde, nur ein kleiner Teil zur Insolvenzmasse der Unex-Metall.

Das bestätigt auch der frühere Besitzer Werner Müller-Neuhaus. Insgesamt geht es nämlich um drei Grundstücke und drei Gebäude. Neben der kleinen Lagerhalle im hinteren Bereich, die der Firma Unex selbst gehörte, sind das noch das Privatanwesen der Familie Müller-Neuhaus sowie der Werkhallen- und Verwaltungstrakt im vorderen Bereich. Das Wohnhaus war Eigentum von Anneliese Müller-Neuhaus. Sie und ihr Mann haben jetzt nur noch für zwei Jahre ein Wohnrecht darin. Das Fabrikgelände gehörte der MN Verwaltungs-GmbH & Co. KG, die das Gebäude an Unex-Metall vermietet hatte.

Alle drei Grundstücke gemeinsam

Weil auf diese beiden Grundstücke Bürgschaften eingetragen waren, habe die Sparkasse sie unter Zwangsverwaltung gestellt, so Werner Müller-Neuhaus. Von diesem Zeitpunkt an sei von der Käufersuche und später auch von den Vertragsverhandlungen ausgeschlossen gewesen. Auch Kaufinteressenten für das Haus und Mietinteressenten für die Werkhallen, die sich bei ihm gemeldet hätten, seien nicht zum Zuge gekommen. "Die Sparkasse hat darauf bestanden, alle drei Grundstücke gemeinsam zu verkaufen", sagt er.

Dass die Grundstücke schließlich an die Firma F & F Consulting veräußert werden sollten, erfuhr Müller-Neuhaus nach eigener Aussage erst am Vormittag des Notartermins - und zwar vom Kaufinteressenten Franc Nikolic. Dieser sei persönlich bei ihm erschienen und habe ihn zu dem Beurkundungstermin am 20. Mai in Lichtenfels "gedrängt". Kurz darauf habe auch Nikolic' Geschäftspartner Jung telefonisch "Druck gemacht".

Auch Insolvenzverwalter Linse fand sich vor fast vollendete Tatsachen gestellt. "Wir erhielten nur überraschend den Entwurf eines Notarvertrages, den wir dann noch spezifisch auf insolvenzrechtliche Aspekte anpassen ließen", sagt Linse.

Wegen dieser Anpassung wurde ein Nachtrag zum Vertrag nötig, die schließlich am 15. Juni beurkundet wurde. In der Zwischenzeit , bereits am 22. Mai, hatte das Landratsamt bereits einen Beherbergungsvertrag für eine Asylbewerberunterkunft mit Nikolic geschlossen.

Müller-Neuhaus ist der Meinung, dass die Gebäude und Grundstücke dafür "unter Wert verkauft" worden seien. Er legt zwei Gutachten aus dem Jahr 2014 vor, die den beiden Anwesen unter der Zwangsverwaltung der Sparkasse einen deutlich höheren Verkehrswert, als den erzielten Preis bescheinigen: 299 000 Euro für das Wohnhaus und 319 000 Euro für das Firmengelände. Die Lagerhalle und das dazugehörige Grundstück aus der Unex-Insolvenzmasse, wurde Müller-Neuhaus zufolge früher schon auf knapp 60 000 Euro taxiert. Rund 380 000 Euro stehen jetzt im Kaufvertrag für alle drei.

Wer die Verkaufsverhandlungen geführt hat, kann Insolvenzverwalter Linse nicht sagen, da er nicht beteiligt war. Er betont jedoch: "Ein Zwangsverwalter ist zur Veräußerung eines Grundstücks nie berechtigt." Die Sparkasse Bamberg habe seinem Büro bestätigt, dass der Verkauf aus ihrer Sicht in Ordnung gehe und erwünscht sei, weil man den Immobilienkomplex schon länger erfolglos - auch der Gemeinde Walsdorf - zum Kauf angeboten habe.

Soll die Gemeinde draufzahlen?

Die Gemeinde Waldorf, hat sich schließlich nach Gesprächen mit Nikolic und dem Landrat bereit erklärt, das Areal zu erwerben. Um die Unterkunft zu verhindert wurde dazu ein einstimmiger Gemeinderatsbeschluss gefasst. Doch inzwischen mehren sich in Walsdorf die Stimmen, die davon abkommen wollen. Denn dem Vernehmen nach ist der geforderte Kaufpreis deutlich höher als der, den der Investor erst vor wenigen Wochen zu zahlen hatte.