Wenn der Tierschutzverein Bamberg auch den Menschen helfen muss
Autor: Anette Schreiber
LKR Bamberg, Montag, 06. Oktober 2014
Immer wieder muss der Tierschutzverein Tiere aufnehmen, die ihre Besitzer nicht mehr behalten dürfen. Ein Vorgang, der den Beteiligten an die Nieren geht.
Keine einfache Situation: Polizei, Amtsveterinär oder Ordnungsamt verständigen den Tierschutzverein, der kurzfristig einen neuen Schützling zugewiesen bekommt. Einen verwaisten, geretteten oder auch beschlagnahmten. Vorsitzender Liebhard Löffler und seine haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter müssen viel improvisieren. Zuletzt etwa waren auf einen Schlag 19 Katzen angekündigt. Und das obwohl bereits etwa 80 Stubentiger im Tierheim "Berganza" residieren.
So mancher Fall ist unangenehm. Nicht selten muss sich das Einsatz-Team auf Auseinandersetzungen einstellen. Ab und zu erleiden die Helfer auch Verletzungen, wenn Tiere sich beim Einfangen zur Wehr setzen. Bisweilen gehen Fälle selbst erfahrenen Tierschützern und Vorsitzendem Löffler an die Nieren. Denn "hinter Tierschicksalen verbergen sich meist auch Menschenschicksale," lautet seine Erfahrung. Gerade das macht der jüngste Fall nur allzu deutlich. "Die Menschen werden ärmer. Es wird in Zukunft öfter solche Fälle geben", mutmaßt Löffler. Solche Fälle? Löffler meint Wohnungsräumungen. In der Vergangenheit waren es jährlich einige wenige Fälle. Löffler befürchtet eine Zunahme. Zuletzt sollte eine Frau im Landkreis zwangsgeräumt und ihre Katzen vom Tierschutzverein abgeholt werden.
Katzenliebhaberin
Die Katzen waren für die Frau ihr Ein und Alles, einen Großteil der Tiere hat sie gerettet, hatte das Tierheim-Team von der Freundin erfahren. Bevor sie Tiere und Wohnung im Zuge der Zwangsräumung verlieren sollte, nahm sich die Besitzerin das Leben.
So weit hätte es nicht kommen dürfen. "Es gibt immer Lösungen", stellt ein erschütterter Vereinsvorsitzender Löffler fest. Wenn der Verein früher davon erfahren hätte, hätte man eventuell tätig werden, der Frau irgendwie bei den Katzen helfen können. Freilich sorgten 19 Katzen für eine gewisse Brisanz.
Da muss man sich mit dem Deutschen Tierschutzbund kurzschließen, freie Kapazitäten in den Nachbartierheimen und auch die rechtliche Situation ausloten. Der Tierschutzbund ist für den Vereinsvorsitzenden immer verlässliche Anlaufstation. Mit Polizei, Amtsveterinären und anderen Ämtern ist zu kooperieren.
Wie die Polizei ihrerseits wissen lässt, setzt sie gleichfalls auf Fachkräfte. Darunter den Tierschutzverein. Es gelte in besonderen Situationen wie eben mit Tieren, auf diese Rücksicht zu nehmen, erklärt Pressesprecher Achim Dowerg (Präsidium Bayreuth). "Die Beamten bemühen sich um professionelles und einfühlsames Vorgehen." Gleichwohl verarbeite jeder einen solchen Einsatz anders.
Wie bei den Tierheimleuten. Die müssen nicht nur flexibel sein, also wenn's "brennt", zu Unzeiten anrücken. Tierheim-Tierärztin Ursula Hanns im Notfall ebenfalls. So wie bei den 19 Katzen. Denn die mussten vor Ort erst einmal medizinisch durchgecheckt sein. "Zum Glück hat uns der Anbau mit der Quarantänestation weitere Möglichkeiten und eine gewisse Flexibilität eröffnet", so Löffler.
Flexibilität gefordert
Flexibel müsse das jeweilige Team in jedem Fall sein. Weil man nie genau wisse, was auf einen zukomme: Umgebung Eindrücke, Anblicke, Gerüche. Was alle motiviere, sei das gute Gefühl, "wenn Tieren geholfen werden konnte." Und damit dann irgendwie auch Menschen.
Was bringt Menschen und Tiere zusammen? Eine Frage für den Psychologen, gerade angesichts des aktuellen Falles. Für manche sei ein Tier wie ein Familienmitglied, erklärt Diplom-Psychologe Bernd Fricke. So seien Motive vom Familien-Partnerersatz bis hin zur Anschaffung als Statussymbol und zur Funktionserfüllung (Wach- oder Jagdhund), aber bisweilen auch Modeerscheinung, "weil eben alle jetzt gerade so ein Tier haben."
Speziell Ältere oder oftmals Alleinstehende legen sich ein Tier zu. "Um eine Aufgabe, einen geregelten Tagesablauf, aber auch soziale Kontakte zu haben." Letztlich würde man über das Tier dem Leben einen gewissen Sinn geben, sich organisieren. "Menschen brauchen als soziale Wesen die Gemeinschaft, den Gegenüber. Das können eben auch Tiere sein."
Verarbeitung gemeinsam
Im Gegenüber, also gemeinsam, werden beim Tierheim-Team besondere Einsätze verarbeitet. "Die arbeiten in einem nach, die Schicksale bewegen uns, die tierischen ebenso wie die menschlichen", so Tierheim-Leiterin Elke Pohl fest.