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Weltstar Albrecht Mayer: Ich liebe Bamberg


Autor: Rudolf Görtler

Bamberg, Freitag, 08. Juli 2016

Albrecht Mayer ist in Bamberg aufgewachsen. Der Oboist ist künstlerischer Leiter des Open-Air-Konzerts "Klassik am See" in Dechsendorf am 27. Juli.
Oboist von Weltrang: der in Bamberg aufgewachsene Albrecht Mayer


Ende Juli wird am Dechsendorfer Weiher zum 14. Mal das Open-Air-Konzert "Klassik am See" stattfinden mit einem Programm aus Mozart, Haydn und Beethoven unter dem Thema "Wiener Klassik". Künstlerischer Leiter und Starsolist ist der in Bamberg aufgewachsene Albrecht Mayer (51). Das Mitglied der Berliner Philharmoniker, vielfach ausgezeichnet, gilt als einer der besten Oboisten weltweit.

Sie sind in Erlangen geboren, in Bamberg aufgewachsen, haben Ihre Laufbahn bei den Bamberger Symphonikern begonnen. Sie sind, gekommen aus der fränkischen Provinz, zum Weltstar geworden. Wundern Sie sich manchmal selbst über Ihre Karriere?
Ich pflege die Philosophie, dass man versuchen sollte, jeden Tag ein bisschen dankbar zu sein über die schönen und guten Dinge, die einem passieren, und das Schicksal ist natürlich für vieles, auch für "Glück", verantwortlich.

Ich hatte natürlich viel Glück und versuche, meinen Studenten und den Musikern, die ich betreue, immer mitzugeben, dass sie dankbar sein sollen, wenn ihnen was Gutes passiert, aber größtenteils akzeptieren müssen, dass ihr Beruf viel, viel Arbeit mit sich bringt. Glück ist immer da, und Talent ist natürlich auch da. Glück vielleicht fünf Prozent und Talent fünf Prozent, und der gesamte Rest, die 90 Prozent, sind harte Arbeit. Ich sehe das auch bei meinen Kollegen, ich nenne nur einen stellvertretend, Frank Peter Zimmermann, einen der wunderbarsten Geiger, den die Welt je gesehen hat - wir haben ungefähr eine ähnliche Vita und sind gleich alt. Da sehe ich, dass er nie mit irgendwelchen PR-Raketen gestartet ist, sondern immer versucht hat, sich zu verbessern und weiter an sich zu arbeiten. Das ist toll, und ich verehre ihn über alle Maßen: Das ist das, was ich als Vorbild sehe für die junge Generation.

Sie haben als Kind wie ein Besessener geübt. Wie wird man zum Weltstar: Ist es Inspiration, also Talent, oder Transpiration, wie es Goethe einmal ausgedrückt hat?
Ein bisschen Talent gehört natürlich dazu. Ich sage immer: die berühmten fünf Prozent Talent, die man einfach haben muss. Es kommen mindestens 50 Prozent Determination dazu, dass man an sich arbeitet und leidensfähig ist, denn es fliegt einem ja nichts zu, und selbst wenn einem mal was zufliegt, dann muss man davon ausgehen, dass es genauso schnell wieder wegfliegt. Also das Allerwichtigste ist wirklich Durchhaltebedürfnis und viel Fleiß und man darf nicht undankbar sein. Zum rechten Zeitpunkt am rechten Ort zu sein ist auch etwas, was man nicht unterschätzen sollte.

Das Instrument Oboe zählt nun nicht zu den allerpopulärsten. Was fasziniert Sie daran?
Es gab in Bamberg sehr wenige Oboisten. Als ich so um 1975 herum anfing, Oboe zu spielen, da war in allen Kammerorchestern, an meiner Schule, dem E.T.A.-Hoffmann-Gymnasium, natürlich ein Oboenbedarf. Ich habe mich mit meinem Bruder zusammen bei Gerhard Scheuer gemeldet, der zu der Zeit bei den Bamberger Symphonikern spielte, und kam ins Schulorchester und so weiter - da hatte ich so ein Alleinstellungsmerkmal. Ich wurde gebraucht, und man hat mich angefragt. Als Geiger hätte ich mich hinten anstellen müssen mit vielen anderen wunderbaren Geigern und mein Leben wäre ganz anders verlaufen. Ich wurde plötzlich gebraucht als Zehn-, Elf-, Zwölfjähriger, durfte überall mitspielen, durfte Reisen machen. Das hat mich schon herausgefordert und mir einen Weg aufgezeigt, wie mein Leben später einmal aussehen könnte.

Der Klang der Oboe, dieser warme, sinnliche Klang: Spielte der auch eine Rolle für Ihre Wahl im Vergleich zu anderen Holzblasinstrumenten?

Bestimmt. Ich weiß noch ganz gut, dass ich als Zwölfjähriger ein Konzert in Bamberg gespielt habe, das war so eine Art Erweckung, ich dachte, der Klang trifft mich selber. Auch beim Spielen ist etwas dabei, was mich selber fasziniert, und ich versuche, die Zuhörer dann mit in diesen Bann zu ziehen. Auch wenn es mit Schwierigkeiten und körperlicher Anstrengung verbunden ist, dachte ich: Das ist der Weg, den ich gehen möchte. Wie wir alle wissen, wird im Kino für Filmmusik, wenn es emotional wird, meistens die Oboe eingesetzt. Das hat mich schon immer fasziniert, ich bin ja selber Cineast, war schon als Kind auch von klassischer Filmmusik fasziniert, etwa von Beethovens Pastorale. Natürlich darf man nicht vergessen, was sicher ein ganz wesentlicher Faktor ist: Meine Eltern, die sehr musikalisch sind und die viel Musik gemacht haben - wir waren drei Kinder zu Hause -, die haben auch dafür gesorgt, dass unser Umfeld musikalisch war. Das heißt, ich durfte viele Konzerte besuchen, zu den Symphonikern, zum Musikverein, das spielte natürlich eine Rolle. So habe ich die Musik in meinem Leben als unverzichtbar angesehen.


Sie sind künstlerischer Leiter von "Klassik am See", spielten dort bereits 2009 ein Oboenkonzert. Welche Aufgaben haben Sie in dieser Funktion?
Das Programm habe ich zusammen mit Herrn Ronald Scheuer entwickelt. Ich hatte eine Carte blanche und konnte das machen, von dem ich glaube, dass es das Publikum anspricht. Seit fast 20 Jahren dirigiere ich auch und weiß, wie man die Menschen ohne Oboe erreichen kann. Ich habe einen lieben Freund, Markus Groh, gewonnen, der Mozarts d-Moll-Klavierkonzert mit mir spielt. Ich denke, es wird ein sehr rundes, dramatisches Programm. Wir haben natürlich auch die 5. von Beethoven dabei, die sogenannte Schicksalssinfonie. Ich denke, es wird für jeden was dabei sein. Was ich versucht habe zu vermeiden, war ein Häppchenprogramm. Also lauter kleine Sätze, damit man die Leue möglichst bei der Stange hält. Man sollte das Publikum nicht unterschätzen. Man kann eine ganze Sinfonie, ein ganzes Klavierkonzert, ein ganzes Oboenkonzert anhören, ohne dass man gleich in gähnende Langeweile verfällt, im Gegenteil. Mit den Nürnberger Symphonikern haben wir ein herrliches, junges, frisches Orchester, das Spaß macht. Es wird ein schönes Fest an diesem Abend.

Sie spielen Haydns Oboenkonzert. Worin liegt für Sie der besondere Reiz dieser Komposition?
Fairerweise muss man sagen: Es ist Joseph Haydn zugeschrieben. Es ist ein Konzert, das alles zeigt, was die Oboe ausmacht. Im Gegensatz zu Mozarts d-Moll-Konzert, das ja ganz sanft und mysteriös beginnt, ist es ein regelrecht militärisches Konzert, das mit Pauken und Trompeten beginnt, majestoso, was in diese Umgebung auch wunderbar passt und das sich abhebt vom Klavierkonzert. Der langsame Satz ist sehr gesanglich, und der letzte Satz ist eine Variation über ein sehr bekanntes Thema, das ich noch nicht verrate. Sehr virtuos, aber populär.

Nun ist "Klassik am See" ein sogenanntes Event, sehr kommerziell, es braucht Sponsoren. Was halten Sie von dieser Art der Präsentation klassischer Musik?
Ich halte davon sehr viel. Ich spiele oft an Orten, wo man normalerweise keine klassische Musik erwarten würde. Vor 30 Jahren sahar das klassische Umfeld ganz anders aus, da gab es in der Schule mehr Musikunterricht und es gab die sogenannten höheren Töchter, die Klavier gelernt haben. All das hat sich leider zum Nachteil unserer Kulturlandschaft verändert. Deshalb müssen wir dankbar sein etwa einem Placido Domingo, der mir sagte, erst mit den drei Tenören haben wir international Popularität erreicht, weil das Fernsehen dabei war, weil es sehr kommerziell war. Aber weder die Qualität des Sängers noch des Dirigenten hat sich verändert. Es wurde nur in einem anderen Umfeld dargeboten. Durch ein sogenanntes Event wird die Musik ja nicht schlechter, im Gegenteil, dadurch, dass wir Videoleinwände ins Programm aufgenommen haben, hat man ja noch mehr Möglichkeiten, den Musikern nahe zu sein, anders als in einem großen Konzertsaal. Deshalb bin ich sehr glücklich mit diesem Event. Trotzdem wird es keine Verpoppisierung, keine Verballhornung der Musik geben. Es ist eben wunderbare Wiener Klassik an einem lauen und wie ich hoffe sehr schönen Sommerabend - aber ohne Abstriche bei der Qualität der Musik.


Fühlen Sie sich Ihrer Heimatstadt Bamberg immer noch verbunden?
Ich fühle mich mehr mit Bamberg verbunden, als ich es Ihnen sagen kann und als ich es selber zugeben möchte. Mir geht das Herz auf, schon wenn ich in die Nähe von Bamberg komme und wenn ich an mein geliebtes Schlenkerla-Bier denke, an die Bratwürste und Sauerkraut. Bamberg wird immer meine Heimat sein, auch wenn ich 25 Jahre hier in Berlin wohne, aber die Menschen, der Dialekt sind mir sehr nahe. Im November werde ich mit den Bamberger Symphonikern eine neue CD aufnehmen mit ihrem neuen Chef Jakub Hrusa. Ich freue mich außerordentlich, dass auch diese Verbindung bestehen bleibt. Die Bamberger werden mir immer im Herzen bleiben, ganz gleich, wie lange ich in der Ferne weilen werde.

Klassik am See findet am 27. 7., 20 Uhr, am Dechsendorfer Weiher bei Erlangen statt. Ersatztermin bei schlechtem Wetter 28. 7. Karten und Infos über www.klassik-am-see.com. Bereits am 24. 7. findet Jazz am See statt mit Chris Barber, Pete York, Klaus Doldinger, Nils Wülker, Torsten Goods und Martin Tingvall mit Band. Karten und Infos über www.jazz-am-see.com