Weipelsdorfer brauchen ein Bürgerhaus
Autor: Anette Schreiber
Bischberg, Samstag, 07. Mai 2011
Seit die einzige Wirtschaft im 250-Seelen-Dorf für immer dichtgemacht hat, gibt es hier keinen Raum für Treffen, Versammlungen oder weitere Veranstaltungen. Das soll sich ändern, der Gemeinderat stellt Mittel zur Verfügung.
"Wenn wir nichts machen, kommen wir nicht weiter", fasst Christine Schmitt zusammen, was die Weipelsdorfer denken, beispielsweise die 143, die mit ihrer Unterschrift etwas bewegen wollen: Weipelsdorf soll ein Bürgerhaus bekommen.
Mit der endgültigen Schließung der Gastwirtschaft Bräutigam im vergangenen August hat das 250-Seelen-Dorf seinen Treffpunkt, seinen Mittelpunkt verloren. Feste und Versammlungen der drei Kulturträger im Ort - Feuerwehr sowie die Stammtische "Immergrün" und "Hau-Ruck" - fallen seitdem aus. Bei der Frühjahrswanderung des Stammtisches "Immergrün" etwa, dessen Schriftführerin Christine Schmitt ist, musste die Jahreshauptversammlung nach der Wanderung nach Kolmsdorf im dortigen Wirtshaus ganz schnell durchgezogen werden.
Christine Schmitt reichte es. "Nach dem Essen" verfasste sie den Entwurf fürs Schreiben an den Gemeinderat. Klaus Schulz hat es überarbeitet. Dann begann die Unterschriftenaktion. Wie sich zeigte, haben die Weipelsdorfer etwas erreicht: Der Gemeinderat arbeitete ihr großes Anliegen quasi in letzter Minute in den Haushalt ein.
Die Weipelsdorfer Delegation sorgte gemeinsam mit derjenigen der Feuerwehr bei der Premiere des Sitzungssaals im sanierten und erweiterten Rathaus für volle Ränge. Das Anliegen der Weipelsdorfer hatte Gemeinderat Raimund Meister zudem in einen eigenen Antrag für das Bürgerhaus gepackt.
Mit Spannung verfolgten die Weipelsdorfer denn auch, wie Bürgermeister Johann Pfister (BI) ihr Begleitschreiben zur Unterschriftenliste verlas. Die Weipelsdorfer Feuerwehr und die beiden Stammtische stellen ihrerseits jeweils 5000 Euro für das Bürgerhaus zur Verfügung und bieten zudem auch Eigenleistung an. Dies sei, so Pfister lobend, "ganz anders als woanders". Es wurde letztlich auch von allen Fraktionen begrüßt.
In Meisters Antrag, der einen Betrag zwischen 50 000 bis 100 000 Euro für das Weipelsdorfer Bürgerhaus als Haushaltsposten vorgeschlagen hatte, war als Finanzierungsvorschlag der Verkauf gemeindlicher Grundstücke bzw. Wald genannt. Wenig Anklang fand der von CSU-Fraktionssprecher Walter Knoblach formulierte Vorschlag, beispielsweise die für heuer geplante Anschaffung der Schlauchpflegeanlage der Feuerwehr im Haushalt auf das nächste Jahr zu schieben oder Bernhard Huberts (BI) Ansatz, den 55-Quadratmeter-Raum bei der Sanierung der Grundschulturnhalle zu streichen. Unstrittig im gesamten Gremium war jedenfalls die Tatsache, dass für Weipelsdorf Handlungsbedarf herrscht. Sogar noch mehr als in Tütschengereuth, weil man dort, so der Bürgermeister, auf die Alte Schule und Wirtschaften zurückgreifen könne.
Die in der Sitzung als "kreativer Kämmerer und schlauer Bürgermeister" titulierten Gerhard Förtsch und Johann Pfister signalisierten, dass man im Haushalt irgendwie das Geld für Weipelsdorf lockermachen muss: Die zunächst diskutierte Summe von 35 000 Euro "müssen wir irgendwoherbringen und werden wir irgendwoherbringen", befand Bürgermeister Pfister. Raimund Meister befand, man müsse ein bisschen mehr einstellen als die 35 000 Euro, man brauche den gesamten Betrag ja nicht auszugeben.
In der weiteren Aussprache zeigte sich, dass heuer vermutlich nicht mehr zu schaffen ist, als die Planung und möglicherweise Grunderwerb. Nach verschiedenen Vorschlägen über die Summe der Anschubfinanzierung setzte sich letztlich Meisters Vorschlag mit 60 000 Euro seitens der Gemeinde durch, zu der dann noch die 15 000 Euro aus Weipelsdorf selbst hinzukommen.
Zufrieden verließ die Weipelsdorfer Delegation den Sitzungssaal. Die frohe Kunde machte schon am nächsten Tag die Runde - beim außerordentlichen Treffen vor dem geschlossenen Gasthof Bräutigam. Positiv empfand es Klaus Schulz, dass alle Räte das Vorhaben unterstützten. "Für den Anfang ist das ganz in Ordnung", ergänzt Ingrid Fabienke. "Jung und alt, wir helfen alle zusammen", erklärt der 84-jährige Andreas Wächtler der Presse zum Thema Eigenleistung. Denn jetzt stehen alle vor verschlossenen Türen, auch Radler und Wanderer, "der Bräutigam ist schließlich bekannt". Noch einen Aspekt spricht Wächtler an: "Da oben", er deutet auf ein Baugebiet, "da haben wir noch acht Bauplätze", aber ohne Bürgerhaus werde wohl keiner kommen, meint er. Wie die meisten Weipelsdorfer hat Wächtler alle bedeutenden Ereignisse "beim Bräutigam" gefeiert, so wie Lieselotte Walter ihre Hochzeit. "Hier war immer was los", weiß Renate Schulz. Aber jetzt stehen Vereine und Privatleute vor den gleichen Problemen. Elisabeth Schneider ist Mitglied bei beiden Stammtischen. Ingrid Fabienke Zweite "Immergrün"-Vorsitzende. Sie stellt den Kartlern das Wohnzimmer im leeren Elternhaus zur Verfügung. Kein Dauerzustand. Das "Immergrün"-Sommerfest kann nur bei gutem Wetter auf dem Bolzplatz stattfinden. "Hau-Ruck"- Kassierin Eva Kirchner bemängelt, dass die Vereine wegen ausfallender Veranstaltungen kaum Einnahmen erwirtschaften können. Als nächstes wird sich das Dorf im Juli zum "Hau-Ruck"-Backofenfest bei Eva Kirchner treffen, schönes Wetter vorausgesetzt. Veranstaltungen in anderen Orten abzuhalten, sei keine echte Alternative, stellt Christine Schmitt fest, genau deswegen werden die Weipelsdorfer aktiv. "Wenn wir nichts machen, kommen wir nicht weiter."