Druckartikel: Weihnachten fiel zum Glück nicht ins Wasser

Weihnachten fiel zum Glück nicht ins Wasser


Autor: Hans Kurz

Kemmern, Mittwoch, 26. Dezember 2012

Die für die Feiertage angekündigte Flutwelle am Main war niedriger als befürchtet. Dennoch dürfte sie bei Älteren Erinnerungen an Weihnachten 1967 geweckt haben.
Wie der Main bei Kemmern waren die angeschwollenen Flüsse in der Region das Ziel von Schaulustigen und Spaziergängern über Weihnachten.   Alle Fotos: Michael Gründel


An Heiligabend und am Tag davor mag sich mancher Ältere, vor allem in Hallstadt, Kemmern und Dörfleins, mit Schrecken an den Weihnachtsabend exakt 45 Jahre zuvor erinnert haben. Damals rollte eine Flutwelle vom Frankenwald aus den Main hinunter und das Hochwasser überflutete weite Teile der Ortschaften am Main.

Und in diesem Jahr? Wieder waren die Temperaturen unmittelbar vor Weihnachten sprunghaft angestiegen, der Schnee am Oberlauf der Flüsse schmolz und dazu regnete es immer wieder.

Bereits am Sonntag zeigten die Prognosen des bayerischen Hochwassernachrichtendendienstes (HND) steil ansteigende Flusspegel für Heiligabend.

Das Wasserwirtschaftsamt Kronach hatte am 23. Dezember um 9.13 Uhr eine Hochwasserwarnung der höchsten Stufe rot vor Überschwemmungsgefahr für bebaute Gebiete für die Stadt und den Landkreis Bamberg herausgegeben.

Der Deutsche Wetterdienst warnte für den Sonntag vor teils ergiebigem Dauerregen verbunden mit Schneeschmelze.

Meldestufe 3 bis 4

"Die von der letzten Hochwasserwelle noch deutlich erhöhten Abflussmengen beziehungsweise Wasserstände nehmen entsprechend rasch wieder zu, so dass heute und in den kommenden Tagen an allen Gewässern (auch an den kleineren ohne Pegelanlagen) mit Ausuferungen und Überschwemmungen gerechnet werden muss", warnte der HND am 23. Dezember und prognostizierte, dass sich die Mainpegel Schwürbitz, Kemmern und Trunstadt voraussichtlich im Bereich der Meldestufe 3 bewegen würden, und am Itz-Pegel Schenkenau sogar die höchste Meldestufe 4 erreicht werden könnte.

Zwar stieg der Pegel Kemmern am 1. Weihnachtsfeiertag für kurze Zeit auf um die 600 Zentimeter, große Überschwemmungen blieben zum Glück aber aus. Am 2. Feiertag ging das Wasser zurück. Am frühen Nachmittag wurden noch 572 Zentimeter gemeldet, um 16.45 Uhr "nur" noch 562.

Dass sich das katastrophale Weihnachtshochwasser von 1967 nicht wiederholte und das Christkind trockene Füße behielt, hat mehrere Gründe.

Zum einen die natürlichen: Der Regen ließ bereits an Heiligabend nach und auch die schmelzenden Schneemengen im Frankenwald und Fichtelgebirge waren geringer als vor 45 Jahren. Zum anderen hat seither der Hochwasserschutz große Fortschritte gemacht - auch wenn die Stadt Hallstadt derzeit noch mit dem Wasserwirtschaftsamt um eine erneute Verbesserung und Ertüchtigung der Deiche ringt.

Schutzdämme sind gewachsen

Bei der Flut, die 1967 Kemmern, Hallstadt und Dörfleins unter Wasser setzte, war der Wasserstand am Pegel Kemmern nach den Aufzeichnungen des HND mit knapp sechs Metern deutlich niedriger als zum Beispiel bei den von manchen schon als Jahrhunderthochwasser bezeichneten Fluten der letzten 15 Jahre: 7,02 Meter (4. Januar 2003), 6,96 Meter (15. Januar 2011), 6,79 Meter (29. Januar 2002), 6,68 Meter (2. November 1998) und 6,59 Meter (14. Februar 2005).

Das zeigt, dass seit 1967 vor allem die Schutzdämme in die Höhe gewachsen sind. Aber nicht nur beim technischen, sondern auch beim vorbeugenden Hochwasserschutz - etwa durch die Renaturierung der Flussläufe und Schaffung von Retentionsflächen - hat sich einiges getan.

Und vor allem hat sich die Vorwarnung verbessert. Das heißt, selbst wenn wieder ein Weihnachtshochwasser angerollt wäre, wären die Menschen am Main diesmal wohl besser vorbereitet gewesen. Denn 1967 herrschte offenbar ein geordnetes Chaos, was die Nachrichtenübermittlung über die Entwicklung des Hochwassers betraf.

Das griff sogar die Wochenzeitung "Die Zeit" damals auf. In einem Artikel in der Ausgabe vom 5. Januar 1968 heißt es: "Auf den Hallstädter Bürgermeister Schüller sind die Katastrophenschutzreferenten in München und Bayreuth besonders sauer. Denn Schüller hatte ein Loch im amtlichen Katastrophenwarnsystem entdeckt: Das Bamberger Wasserwirtschaftsamt meldet die Pegelstände nur nach München. Das Wasser- und Schiffahrtsamt Bamberg gibt Hochwassermeldungen an die Regierung in Bayreuth, das Landratsamt Haßfurt, die Stadtverwaltung Eltmann, die Schleuse Viereth, die Schleuse Bamberg, die Hafenverwaltung Bamberg, die Wasserschutzpolizei, den Bahnhof Bamberg, das Baubetriebsamt Bamberg, das Straßenbauamt, das Straßenneubauamt und an das Wasserwirtschaftsamt. Auf der Liste fehlt der Bamberger Landrat Neukum, überörtlicher Katastrophenschützer. Es fehlen auch die besonders, gefährdeten Gemeinden."

Das Fazit des Hallstadter Bürgermeisters gegenüber dem "Zeit"-Korrespondenten Gerhard Bartels lautete damals, die Flut sei also "nicht amtlich nach Hallstadt gekommen". Darum sei in Kemmern, Dörfleins und Hallstadt auch erst Heiligabend um 21 Uhr beziehungsweise 22 Uhr Hochwasseralarm gegeben worden.

Ein Kommunikationsdesaster, das sich heutzutage wohl kaum wiederholen dürfte. So steht es jedenfalls zu hoffen. Und diese Weihnachten hat zum Glück kein Alarm die Menschen am Main aus der Stillen Nacht gerissen.