Druckartikel: Was wird aus dem Faschingsumzug in Bamberg?

Was wird aus dem Faschingsumzug in Bamberg?


Autor: Michael Wehner

Bamberg, Mittwoch, 21. November 2018

Es soll eine atemberaubende Neuerung sein, schwärmt Stadtmarketing. Der Verein plant Bambergs ersten Nachtumzug.
Woran liegt es? Das Publikum ist da, doch das Interesse  beim Bamberger Faschingsumzug mitzumachen, sinkt seit Jahren.  Ronald Rinklef


Seit den 70er Jahren findet der Bamberger Faschingsumzug am Dienstagnachmittag statt. Vom Aufstellplatz an der Weide ziehen die Wagen und Fußgängergruppen traditionell Richtung Maxplatz.

Das hindert den Verein Stadtmarketing aber nicht, auf seiner Homepage am 23. Februar 2019 zum ersten Nachtumzug in Bamberg einzuladen. Die "atemberaubende Neuerung", wie es heißt, soll den Gaudiwurm am Dienstag, 5. März, ersetzen.

Weil die Veranstaltung möglicherweise erst um 19.30 Uhr beginnt, fordert Stadtmarketing die Teilnehmer vorsorglich auf, Wagen und Auftrittsgruppen mit einer leuchtenden Dekoration auszustatten. Von Glühbirnen bis zu reflektierenden Neonbändern sei alles erlaubt.

Was ist der Grund, eine beliebte Veranstaltung, zu der laut Stadtmarketing zuletzt 40 000 Zuschauer kamen, in die Dunkelheit zu verlegen? Hört man Citymanager Klaus Stieringer, ist es es der schiere Mangel an Mitstreitern, der den Bamberger Fasching in seinen Grundfesten bedroht. In den letzten Jahren sei die Zahl der Teilnehmer stark zurückgegangen. "Verringert sich das so weiter, werden irgendwann nur noch die vier Wagen von Norbert Tscherner übrig bleiben", fürchtet Stieringer.

Durch die Vorverlegung des Dienstags-Events auf einen arbeitsfreien Samstag hofft der Geschäftsführer von Stadtmarketing, der Großveranstaltung neues Leben einzuhauchen - und gleichzeitig die Umsätze der Gastronomie zu beflügeln.

Doch es ist fraglich, ob ihm die Narren folgen werden. Norbert Tscherner vom Bürger-Block, der seit vielen Jahren einen Teil der Wagen fahren lässt, kündigt heute schon an, dass er bei einem Nachtfaschingsumzug nicht dabei sein wird. "Da machen wir nicht mit. Das geht schon wegen der Verantwortung für die Kinder nicht." Der Rückgang der Teilnehmer wundert den Bürger-Block-Narren übrigens nicht. Wegen der gestiegenen Auflagen seien Kosten und Aufwand in den letzten Jahren immer weiter nach oben geklettert. Mittlerweile müsse jeder Wagen zwei Sicherheitskräfte pro Achse bezahlen. Und auch die Süßigkeiten würden nicht mehr gestellt.

Eine Faschingshochburg in Bamberg ist die Gartenstadt. Dort fürchtete man im Bürgerverein zuerst eine Terminkollision, als die Pläne von Stadtmarketing bekannt wurden. Doch seit klar ist, dass der Bamberger Nachtumzug bereits eine Woche vor den Gartenstädter Narren auszieht, herrscht im Bamberger Osten wieder "relative Gelassenheit". "Wir denken, das Ding wird eine Totgeburt", sagt Matthias Neller vom Bürgerverein. Schon wegen der niedrigeren Temperaturen werde der Nachtumzug nicht funktionieren.

Vorbilder aus dem Südwesten

Freilich: Es gibt in Deutschland eine Reihe von nächtlichen Faschingsveranstaltungen, die teilweise auch auf lange Tradition zurückblicken können. Vor allem in Baden-Württemberg findet der Aufmarsch der Fasnachts-Gespenster nicht selten in der Dämmerung statt.

Vorbild für Bamberg? Eine Empfehlung mag das Ordnungsamt der Stadt derzeit noch nicht abgeben; auch eine Einschätzung der Polizei liegt noch nicht vor. "Grundsätzlich spricht nichts gegen eine solche Veranstaltung. Das einzige Problem ist die Finsternis", orakelt Ordnungsreferent Ralf Haupt.

Macht ein bunt gemischter Umzug mit Süßigkeitenwurf wie in Bamberg überhaupt Sinn, wenn es an hellem Tageslicht fehlt? Auch die Fraktion der Bamberger Allianz ist beim Faschingsumzug dabei. Stadtrat Michael Bosch hält ein solches Spektakel für ziemlichen Unsinn. "Das ist vor allem für Kinder gefährlich, denn sie können im Gedränge leicht übersehen werden. " Auch die Faschingslaune dürfte, glaubt man Bosch, nicht allzu hoch schwappen zum anvisierten Termin weit vor dem Faschingswochenende.

Kommt es zum ersten Bamberger Nachtumzug, hat sich ein Programmpunkt ebenfalls von selbst erledigt - der Sturm der Narren auf das Rathaus. Wer arbeitet Samstagnacht schon im Rathaus?