Druckartikel: Was uns auch nach den jüngsten Anschlägen keiner nehmen kann

Was uns auch nach den jüngsten Anschlägen keiner nehmen kann


Autor: Stefan Fößel

, Montag, 05. Juni 2017

Der IS-Terror erschüttert die Welt. Doch weder dürfen Demokratien kapitulieren, noch alle Muslime mit den wenigen Gewaltbereiten gleichgesetzt werden.
London trauert um die Toten des jüngsten Anschlags - und will dennoch besonnen bleiben. Foto: Yui Mok, PA Wire, dpa


Es ist ein blutiger Kampf um Aufmerksamkeit, den der Islamische Staat oder diejenigen, die sich diesem diffusen Terrorgebilde zugehörig fühlen, verbittert immer weiterführen.

Da setzt das Benefiz-Konzert von Manchester ein eindrucksvolles Zeichen, dass sich die Briten weder an den Terror gewöhnen, noch sich von ihm unterkriegen lassen wollen. Doch dann stehen sie im Schatten der neuerlichen tödlichen Angriffe auf den westlichen Lebensstil, auf Kneipengänger im nächtlichen London. Zugleich löst nicht zuletzt die Terrorangst eine Massenpanik beim Public Viewing in Turin aus. Als einen Tag zuvor wegen einer weiteren Terrorwarnung "Rock im Park" für einen Tag ausgesetzt wird, skandieren die Musikfans trotzig: "Eins kann mir keiner nehmen und das ist die pure Lust am Leben."

Kein friedliebender Mensch sollte sich in dieser Zeit die Lust am Leben nehmen lassen, auch wenn fast täglich neue Schreckensnachrichten zeigen, dass der Terror allgegenwärtig zu sein scheint. Was es in dieser Situation nicht geben darf, sind eine Kapitulation der Demokratien, eine Verwässerung unserer Werte, der Ruf nach einem Polizeistaat oder die schändliche Gleichsetzung aller Muslime mit den wenigen gewaltbereiten Extremisten.

Wenn die AfD-Vizevorsitzende Beatrix von Storch "Das Problem heißt Islam" twittert und Donald Trump den Londoner Bürgermeister Sadiq Khan provoziert, weil dieser zur Besonnenheit aufruft, spielen sie den Terroristen in die Hände. Sie helfen, den Kampf der Kulturen, das Klima der Angst mitzuschüren, in dem doch nichts gedeiht außer neue Gewalt.

Der Islamische Staat versucht verzweifelt, den Mythos seiner Unbesiegbarkeit zu verteidigen. Da er aber selbst aus Hochburgen wie Mossul vertrieben wird, muss er seinen schmutzigen Krieg an vielen anderen Schauplätzen weiterführen, um Gegnern wie Anhängern zu demonstrieren, wozu er noch in der Lage ist. Es ist verständlich, dass Premierministerin Theresa May angesichts einer derartigen Häufung von Anschlägen martialische Worte wählt und "das islamistische Krebsgeschwür mit eiserner Faust bekämpfen" will. Dem gegenüber sagt der muslimische Bürgermeister von London: "Wir lassen uns unsere Lebensweise von den Terroristen nicht zerstören. Wir werden so weitermachen wie bisher."

Beides wird sich nicht leicht bewerkstelligen lassen. Das "Krebsgeschwür" streut viele Metastasen und einfach so weiter kann es eigentlich auch nicht gehen. Aber wir sind gut beraten, unbeirrt zu unseren Werten zu stehen. Denn die sind im Kern so viel stärker als all die furchtbaren IS-Taten.