Was soll das alte Lisberger Tropfhaus werden?
Autor: Anette Schreiber
Lisberg, Montag, 14. Januar 2019
Seit 2002 ist praktisch nichts passiert. Nun steht das letzte erhaltene Tropfhaus, eines der Wahrzeichen Lisbergs wieder im Fokus.
Wer durch Lisberg fährt, dem sticht die Burg ins Auge. Bisweilen nimmt man auch eine merkwürdige Konstruktion unten im Dorf wahr: Ein winziges Häuschen, das den Eindruck erweckt, es hätte ein Monsterdach oder auch ein zweites. Haus Nummer 14 ist - ebenso wie die mächtig oben am Berg thronende Burg - ortsbildprägend und ein wichtiges Zeugnis der Ortsgeschichte: Die Arbeitskräfte, Tagelöhner, die für die Ländereien des Burgherren tätig waren, aber auch Maurer oder Weber lebten in so kleinen Häuschen. Tropfhäuschen. Die Bezeichnung ist von der Tatsache abgeleitet, dass den Besitzern der Grund so weit gehörte, wie es vom Dach tropfte. Bürgermeister Michael Bergrab kennt Details dieser historischen Besonderheit ebenso wie Oliver Fromm von der Kulturhistorischen Arbeitsgemeinschaft, einem Verein. Auch Joachim Block vom Amt für Ländliche Entwicklung weiß das inzwischen. Er ist Vorsitzender der Teilnehmergemeinschaft Dorferneuerung.
Video:
Dafür fiel vor kurzem der Startschuss. Es geht um ein Konzept für die Innenentwicklung im Bereich "Am Eichelsee", dazu gehört eben auch das "Tropfhaus". Erstmals hat dies der für die Dorfentwicklung zuständige Schweinfurter Architekt Stefan Schlicht (Hartmann und Schlicht Architekten) beim Ortstermin gesehen. Der Grundriss beträgt vier mal neun Meter. "Eine Kubatur von 300 Kubikmetern", rechnet der Architekt hoch. Bei einem Neubau käme man da leicht auf Kosten von 250 000 Euro. Doch hier geht es nicht um einen Neubau, sondern etwas Komplexeres: Ein historisches Gebäude soll für die Nachwelt erhalten werden. Die Frage ist nur, in welcher Form. Das, so Architekt Schlicht, hänge dann eben auch von der Nutzung ab.
Dorferneuerung ein Weg
"Es gibt aber auch Leute, die am liebsten dagegen fahren würden", weiß der Bürgermeister. Dennoch: Bürgermeister, Gemeinderat, Teilnehmergemeinschaftsvorsitzender und der im Zuge der Dorferneuerung gegründete Arbeitskreis "Historische Gebäude" haben sich bereits intensiv Gedanken gemacht und etliche Ansätze entwickelt.
Drei, die derzeit im Fokus stehen erklärt Oliver Fromm vereinfachend. Denkbar sei, das Tropfhaus als historisches Gebäude zu sanieren, zu einer Art Heimatstube, Heimatmuseum werden zu lassen, mit historischem Infopoint. Herrichten und Einrichten also. Als touristischen Anlaufpunkt, ohne Personal. Dafür mit Infotafel und Textansage. Schön wäre in dem Zusammenhang auch die Instandsetzung des hinter dem Tropfhaus-Anbau befindlichen Backofens, meint der Bürgermeister. Doch der Ofen befinde sich auf Privatgrund und der Besitzer sei weder an Verkauf noch Wiederbelegung des Ofens interessiert.
Eine weitere Option sei, am Tropfhäuschen eine E-Bike Ladestation einzurichten und eine Übernachtungsmöglichkeit für Biker zu schaffen. Hierfür müssten im nicht-historischen Anbau sanitäre Einrichtungen realisiert werden. Das wäre auch bei der dritten denkbaren Nutzung erforderlich: Übernachtungsmöglichkeiten schaffen, die Bürger für ihre Gäste nutzen können. Diese übernehmen auch die Bürgschaft. Von dem, was für die Nutzung verlangt wird, erhält die Gemeinde einen Teil (für die Deckung der Sanierungskosten), den anderen derjenige, der für die Reinigung und das Schlüsselmanagement zuständig ist.
Die Voraussetzungen dafür, dass man sich heute überhaupt über künftige Nutzungsmöglichkeiten Gedanken machen kann, hat zunächst einmal die Gemeinde Lisberg geschaffen. Sie hat das Häuschen nach dem Tod des letzten Bewohners in den 90ern des vergangenen Jahrhunderts von einer großen Erbengemeinschaft erworben. Bis er ins Altenheim kam, hatte der Mann im Tropfhaus weder fließend Wasser noch eine Abwasserentsorgungsmöglichkeit. In seine Zeit fiel wohl auch der Anbau aus Betonstein.
Stillstand
Nach dem Erwerb passierte jahrzehntelang nichts, bis das Häuschen einzustürzen drohte. Der Kulturhistorische Arbeitskreis ergriff dann die Initiative und errichtet e ein Schutzdach, so dass es zumindest nicht mehr hineintropfte in das Tropfhaus. Das historische Dach wurde dafür abgedeckt und, soweit noch brauchbar, wurden die in der ehemaligen ortsansässigen Ziegelei gebrannten Ziegeln eingelagert. Freilich, so erklärt Fromm mit Bedauern, sei ein großer Teil davon inzwischen nicht mehr brauchbar.