Druckartikel: Was Handydaten erzählen

Was Handydaten erzählen


Autor: Gertrud Glössner-Möschk

Bamberg, Mittwoch, 26. April 2017

Ein 45-Jähriger aus dem Landkreis Forchheim hat gestanden, einen Drogendealer an die tschechische Grenze zum Einkaufen von Crystal gebracht zu haben.
In einer Verhandlungspause (von links): Staatsanwalt Stephan Schäl, Rechtsanwalt Thomas Skapczyk und der Angeklagte  Foto: gg


Um 13.40 Uhr war der Knoten geplatzt: Nach einem Rechtsgespräch unter den Prozessbeteiligten und der Zusage der Zweiten Strafkammer des Landgerichts Bamberg, bei einem Geständnis des Angeklagten keine höhere Freiheitsstrafe als drei Jahre und sechs Monate zu verhängen, hat Ulrich P. (Name geändert) gestanden. Er gab zu, am 24. März 2016 einen Freund nach Schirnding an die Grenze gefahren zu haben. In Tschechien deckte sich der Bekannte mit 560 Gramm Crystal ein, die später in den Wohnungen des Dealers und seines Bruders gefunden wurden.


An der untersten Grenze

Gegen die beiden Männer wird in einem umfangreichen, seit 7. Februar laufenden Prozess wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln verhandelt (wir berichten kontinuierlich). Bei Ulrich P. konnten die Ermittler keine Beweise für eine Mittäterschaft finden, wohl aber für "Beihilfe zum vorsätzlichen unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge".

Mit der verhängten Freiheitsstrafe von drei Jahren lag die Kammer an der untersten Grenze dessen, was die Prozessbeteiligten vereinbart hatten. Das Geständnis des Angeklagten war dafür der ausschlaggebende Punkt. Der Tatnachweis hätte aber auch ohne das Geständnis leicht geführt werden können, betonte Vorsitzender Richter Manfred Schmidt in der Urteilsbegründung. Neben der Aussage einer Crystal-Konsumentin waren es in erster Linie Handy- und GPS-Daten sowie SMS-Nachrichten, die Ulrich P. überführt haben. Sekundengenau ließ sich an Hand von Listen des Mobilfunkbetreibers nachvollziehen, zu welcher Uhrzeit sich der Angeklagte am 24.

März 2016 an welchem Ort befunden hat. Das Streckenprofil zeigte die Route von Forchheim über Regensburg bis zur deutsch-tschechischen Grenze bei Hohenberg/Eger. Dort wartete P., bis der Komplize seinen illegalen Einkauf jenseits der Grenze erledigt hatte. Per SMS und GPS dirigierte Ulrich P. ihn wieder zurück zu seinem Auto. "Siehst Du das Licht?" soll er geschrieben und den Freund darauf aufmerksam gemacht haben, dass sein Auto ganz in der Nähe steht.

Zu Beginn der Hauptverhandlung waren der Angeklagte und sein Verteidiger, Rechtsanwalt Thomas Skapczyk, noch versucht gewesen, die Bewegungsdaten des Handys einem Unbekannten anzulasten. Wer könne denn mit Sicherheit sagen, ob P. an diesem Abend sein Handy selbst benutzt habe?


Keine Chance für Bewährung

Das Gericht fragte einen Zollbeamten, weshalb nicht auch auf dem Handy des Dealers die vergleichbaren Bewegungsprofile abzulesen waren. Der Zeuge hatte eine plausible Antwort: Das liege an den Netzbetreibern. Die einen speicherten die Einlog-Daten länger, andere nur kurz. So hatte P. eben "Pech".

Sein Wagen, ein Audi A 6, wurde einige Zeit später von der Polizei untersucht. Der eingesetzte Rauschgifthund habe "Interesse gezeigt", aber nichts gefunden formulierte der vom Gericht befragte Zollbeamte. Nur am Lenkrad habe man Spuren von Amphetamin entdeckt.

Die Hoffnung von Ulrich P., eine Strafe zu bekommen, die zur Bewährung hätte ausgesetzt werden können, erfüllte sich nicht ansatzweise. Richter Schmidt nannte als Gründe die Vorstrafen: Nicht weniger als neun Eintragungen weise das Bundeszentralregister für P. seit dem Jahre 1988 aus, darunter einschlägige Verurteilungen, die mit Rauschgift zu tun haben. So war der Angeklagte erst 2014 wegen des Betreibens einer professionellen Marihuana-Plantage verurteilt worden. 2015 folgte eine Verurteilung wegen vorsätzlicher Körperverletzung und Bedrohung. Die Drogenfahrt an die tschechische Grenze fiel in die noch laufende Bewährungszeit.