Warum in Bamberg ein Haus ohne Fenster steht
Autor: Sebastian Martin
Bamberg, Donnerstag, 28. März 2019
Der dritte Erweiterungsbau des Staatsarchivs Bamberg ist fertig. Die Bedingungen sind ganz auf die Akten, Urkunden und Pläne ausgerichtet.
Papier ist geduldig sagt man, aber Papier ist auch empfindlich. Das wird bei einem Blick in den Erweiterungsbau des Staatsarchivs Bamberg deutlich, der an diesem Freitag eingeweiht wird. Denn für die ganzen Akten, Urkunden und Pläne aus den Gerichten und Ämtern Oberfrankens wird in dem neuen Gebäude eigens das Klima geregelt. Ein Raum im Untergeschoss ist dazu vollgestopft mit Technik, was auch notwendig ist: Die alten Papiere könnten im schlimmsten Fall zu schimmeln anfangen - der Albtraum eines jeden Archivars.
Konstante Bedingungen
Am wohlsten fühlen sich Akten bei einer Temperatur von 16 bis maximal 20 Grad und einer Luftfeuchtigkeit von 40 und maximal 55 Prozent - zumindest sind das die heutigen Erkenntnisse darüber, welches Klima in einem Archiv zu herrschen hat, das Akten für die Nachwelt sichert.
"Man könnte noch idealere Bedingungen schaffen, aber da bräuchte man wohl eine Klimaanlage, die so groß ist wie der Bau selbst", erklärt Christian Kruse, der den würfelförmigen Erweiterungsbau an der Schützenstraße nur zu gut kennt: Er hatte ihn noch als Baureferent bei der Generaldirektion der Staatlichen Archive in München mitgeplant. Kruse erläutert, dass die Bauweise des fensterlosen Würfels mit seiner sandsteinfarbenen Beton-Außenhaut dazu beitragen soll, das Klima konstant zu halten. Für den 60-Jährigen schließt das Gebäude auch einen Kreis: Kruse darf den Bau nun als neuer Leiter des Staatsarchivs eröffnen.
Das Staatsarchiv Bamberg ist über die Jahre immer größer geworden. Die ersten, neubarocken Archivgebäude wurden von 1902 bis 1905 schlossartig an der Hain- und Sodenstraße erbaut. Doch der Platz ging aus: So wurde 1959 bis 1961 ein erster Erweiterungsbau des Staatsarchivs errichtet. Nachteil aus heutiger Sicht: Auch hier wurden nicht rollbare Regale eingebaut, Licht dringt durch die Fenster in den Anbau. Von einer Klimaanlage ganz zu schweigen. Im Neubau gibt es jetzt sogar einen Quarantäneraum für vom Schimmelpilz befallene Akten. Davon können sie künftig in einem Raum mit mikrobiologischer Werkbank befreit werden.
Vor allem aber wird mit dem neuen Erweiterungsbau die Raumnot gelindert: Schließlich schlummert ein Teil der Bestände von insgesamt knapp 6130 laufenden Metern seit über 20 Jahren im Staatsarchiv Coburg und in einem Magazin in Debring.
300 Meter Akten pro Jahr mehr
Noch sind alle Regale im neuen Bau leer. Bis sie sich füllen, werden mehrere Wochen vergehen. Über einen Umzug freuen sich nicht nur Bebauungspläne aus den oberfränkischen Landratsämtern, auch das älteste Schriftstück im Staatsarchiv - eine Urkunde aus dem Jahr 815 von Ludwig dem Frommen, einem Sohn Karls des Großen.
Platz ist (noch) genug. Im Neubau können fast 19 laufende Kilometer Archivalien gelagert werden. Allerdings bekommt das Staatsarchiv auch jedes Jahr im Schnitt rund 300 laufende Meter Zuwachs. Sind die Bestände umgezogen, werden laut Kruse später die Räume von 1905 saniert. Denn Papier ist weiter wichtig: "Nur wenn es sinnvoll ist, wird digitalisiert."