Warum hier Kannen geparkt werden können
Autor: Anette Schreiber
Bamberg, Mittwoch, 29. August 2018
Gießen ist derzeit auch auf Friedhöfen ein großes Thema, der Bamberger hat dabei mit einem besonderen Service die Nase vorn.
Simon Rühr ist das Paradebeispiel eines Nutzers. Er wohnt am südlichen Stadtrand, also weit entfernt vom Friedhof, zu dem er mit dem Bus fährt. Müsste er da die Gießkanne mitnehmen, wäre das ganz schön umständlich, findet er. Während seiner aktiven Berufszeit beim städtischen Friedhofsamt hatte er es leicht, da konnte Rühr die Privat-Gießkanne einfach bei seinen Sachen deponiert.
Von der Arbeit auf dem Friedhof weiß er aber auch von den Erleichterungen und dem Service, der Friedhofsbesuchern geboten wird: zum Beispiel mit den Gießkannenständern. Seit Rühr in Rente ist, also seit sechs Jahren, nutzt er diesen Service. Den gebe es im Übrigen, seit er denken könne. 40 Jahre jedenfalls war er schon in Sachen Friedhof tätig.
Genau seit 40 Jahren nutzt auch ein anderer Herr den Service. Der 80-Jährige wohnt in der Innenstadt und hat augenscheinlich etliche Gräber zu gießen. Er schätzt nicht nur den Gießkannenständer, sondern mindestens genauso das Angebot mit den Transportwägen.
Die sehen etwa so aus wie Einkaufswagen von Getränkemärten, also mit großer, tiefer und flacher Ladefläche. Sinnigerweise gleich zwischen Wasserentnahmestelle und Gießkannenständer deponiert. Und das bereits in der zweiten Wagengeneration, loben die Nutzer. Die neuen Wagen haben sogar einen Einwurfschlitz für 50-Cent-Stücke. Damit und mit einem Euro bzw. Chip werden sie entsichert. Denn geklaut wird offenbar auch auf dem Friedhof. Der Blick auf die geparkten Gießkannenhälse zeigt: Alle Aufsätze fehlen. "Damit sie nicht wegkommen", weiß Simon Rühr. Seinen Brauseaufsatz hat er im Inneren der Kanne "versteckt".
Modell-Vielfalt
Stimmt, viele Aufsätze fehlen, sieht man sich die "geparkten" Kannen an. Grün. Ganz klar, grün dominiert, freilich gibt es auch gelbe, rosane, lilane, blaue und selbst welche in Türkis. Wer wissen möchte, welche Farben und Modelle auf dem Markt sind oder waren, der muss sich einfach einmal auf den Bamberger Friedhof begeben, denn der bietet im Vergleich zu Landgemeinden nahezu einmaligen Gießkannen-Service.
In der Sprache von Thomas Steger, dem Leiter des städtischen Friedhofsamtes und im offiziellen Schriftverkehrs-Amtsdeutsch geht es um Gießkannenständer-Anlagen. Sie erinnern an eine Mischung aus Fahrradständer und Fischtrocknungsanlage.
Auch Steger bestätigt, dass es sie schon lange gibt, lange bevor er die Leitung am Friedhof übernommen hat. Der gebürtige Bamberger hat nachgedacht, kennt die Franken als praktische Menschen. Auch bei den Gießkannen. Früher hat jeder seine Gießkanne mitgebracht. Das änderte sich irgendwann und die Stadt hat diesen besonderen Service angeboten.