Druckartikel: Warum ein Plausch für Elfriede Krauß wichtig ist

Warum ein Plausch für Elfriede Krauß wichtig ist


Autor: Anette Schreiber

Stadelhofen, Mittwoch, 12. August 2020

In Stadelhofen erzählte Elfriede Krauß von den Höhen und Tiefen ihres bisherigen, 66-jährigen Lebens und warum sie Mopeds absolut nicht mag.
Für den  "Plausch" mit FT-Reporterin Anette Schreiber hat sich Elfriede Krauß in Stadelhofen sogar 60 Minuten Zeit genommen.Foto: Barbara Herbst


Am liebsten würde ich nun mal mit einer Frau sprechen, geht mir durch den Kopf, als ich nach der flotten Autobahnfahrt den Abzweig nach Stadelhofen fast verpasst hatte. Siehe da, genau in der Ortsmitte bereits eifrig in den Plausch vertieft - Elfriede Krauß. Und: Sie hat tatsächlich Zeit, sich 60 Minuten zu uns auf den zweiten Redaktionsstuhl zu setzen. Idealerweise im Schatten der Linden am Dorfplatz.

Die 66-Jährige wohnt gleich im Hof gegenüber, Pfarrhaus und die Kirche St. Peter und Paul im Blick. Mit ihrem Ehemann Johann, genannt Hans, ist man in elfter Generation hier daheim. Ob eine zwölfte oder mit den Enkeln dann 13. Generation hier Einzug hält? Elfriede Krauß mag nicht so recht daran glauben. Dabei sind sie und Hans so stolz auf all die Zeugnisse, die sie zu der Geschichte des Hofes zusammengetragen und dass sie sogar den Grabstein des ersten Krauß gerettet und im Hof aufgestellt haben.

Einst "waren die Bewohner dem Grafen von Arnstein zu Lehen verpflichtet" zitieren beide aus der Dorfchronik. Und schnell ist auch der Stammbaum herbeigeschafft. Der zeigt, dass auf sechs Generationen von Dittrichs dreimal Nikol und ab 1908 Krauß folgten. Wobei das mit einfachem "s" falsch geschrieben sei, betont die 66-Jährige.

Gegen Motorräder

Sie selbst stammt aus dem nahe gelegenen Steinfeld, genau gesagt dem Ortsteil Untersteinfeld. Elfriede war die Älteste von drei Geschwistern. Auf den zehn Jahre jüngeren Bruder Manfred musste sie immer aufpassen, wenn die Mutter landwirtschaftliche Arbeiten verrichtete, der Vater ging als Maurer auf die Arbeit. "Den Manfred hab' fast ich aufgezogen." Deswegen war es für sie ein ganz schwerer Schlag, als er im Alter von nur 16 Jahren tödlich mit dem Moped verunglückte. Weitere Familienmitglieder hatten ebenfalls Motorradunfälle, das erklärt, warum sie strikt gegen Motorräder ist.

Einem Unfall ist auch der drei Jahre jüngere Bruder Erwin erlegen: Das war vor nunmehr zehn Jahren. Da ist er im Alter von 53 von der Treppe gestürzt und hatte einen Schädelbruch. Dies waren die schmerzhaftesten Erlebnisse, meint Elfriede Krauß im Rückblick. Und die schönsten? Sie überlegt kurz und sagt dann: Als es bei der Geburt der zwei Kinder geheißen hat, sie sind gesund, und es ist alles dran."

Aber bevor sie ihren Hans geheiratet und die Kinder bekommen hat, erlernte sie in Bamberg bei der Firma Greiff den Beruf der Näherin. "Da musste ich jeden Tag um 5 aufstehen, um den Bus um 6 Uhr zu bekommen." Allerdings war da zuvor noch ein guter Kilometer zu Fuß zu laufen "bei jedem Wetter". In der Freizeit ging man auf Tanz. Und da trat dann ihr Hans ins Leben: In Wölkendorf "am Neujahrstag", mischt er sich von der Dorfbank aus ein. Sofort sei er "hin und weg" von dem hübschen Mädchen gewesen. Er habe ihr schon auch gefallen, gibt die Gattin zu. "Da war er schlanker und hat noch Haare gehabt", stellt sie schelmisch fest.

Nach der Hochzeit, so war es damals üblich, zog die junge Braut zum Bräutigam. Der hatte schon mit 17 den Vater verloren und musste früh in Landwirtschaft und Gastwirtschaft fest mit anpacken. Weil er aber schon bald erkannt hatte, dass das auf Dauer kein Auskommen schaffen würde, hat er sich noch zum Industriemechaniker ausbilden lassen. Deswegen wird er auch heute noch zu Reparaturen aller Art gerufen.

Die Kinder Ralf und Julia gingen am Ort in Kindergarten und Schule. "Zum Glück haben wir das hier noch", so die 66-Jährige. Der Sohn lebt mit Frau und seinen beiden Söhnen inzwischen in Unterhaid. Tochter Julia ist von der Stadt wieder ins Elternhaus zurückgezogen.

Um wieder ein bisschen rauszukommen, hat Elfriede Krauß, nachdem die Kinder größer waren, immer wieder in Teilzeit gearbeitet. Dann hat sie die Schwiegermutter gepflegt. Im Anschluss wieder in Teilzeit gearbeitet. Nun ist sie Rentnerin wie ihr Mann. Was nicht heißt, dass das Paar nichts zu tun hätte: Für die Kirche wurde ein Rentner als Mesner gebraucht und Hans Krauß gefunden. Es sind doch etliche Flächen in Schuss zu halten. Dabei hilft ihm die Ehefrau. Die gemeinsam mit anderen Frauen auch für ein sauberes Gotteshaus sorgt.

Man kennt sich

Und am Hof gibt es sowieso immer was zu tun, weiß Elfriede Krauß aus jahrzehntelanger Erfahrung. Nach und nach haben ihr Mann und sie aus einem alten Gebäude ein schmuckes Haus gemacht, das Holzheizung und -Öfen mit Brennstoff aus dem eigenen Wald warm halten. Dazu versorgt Elfriede Krauß ihre 14 Hühner, den Gemüsegarten und ihre Lieblinge, die Kater Charly und Elvis. Der Rentnerin gefällt es auf dem Land, das Leben hier. Dass man sich kennt, sich hilft und Zeit für einen Plausch nimmt. "Es ist nicht so hektisch wie in der Stadt", meint sie. Dabei unternehmen sie und ihr Mann gerne auch mal Städtereisen - "am liebsten mit dem FT, denn die sind immer schön und super organisiert". Früher verreiste die Familie mit dem Wohnmobil, als die Kinder aus dem Haus waren "hat uns ein Campingbus gereicht jetzt reisen wir per Bus."

Aus dem Haus kommt Elfriede Krauß auch, wenn ihr Hans mit seinem Musik-Duo-Partner in Sachen Unterhaltung unterwegs ist. "Da geh' ich dann mit seiner Frau zum Essen", zeigt sie sich pragmatisch.

Die Frage, ob sie zufrieden ist mit ihrem Leben, beantwortet sie sofort mit "ja" und es sei ein ganz normales Leben mit Höhen und Tiefen gewesen, und "es war alles in Ordnung so." Freilich tue es ihr schon ein bisschen leid, dass der Hof wohl verkauft werde, "wenn wir nicht mehr da sind, aber dann kann es uns auch wurscht sein".

Zum Abschied lassen wir noch ein kleines Andenken an den FT da: "Den brauche ich jeden Früh." Sie liest ihre Zeitung immer "in Ruh und Frieden". Danach ist Frühstück mit Hans. "Und dann erzähl ich ihm, was interessant war." Freilich hätte auch der Hans noch ganz viel vom Hof, der Kirche, dem Ort zu erzählen, aber auch diese 60 Minuten sind wie im Flug vergangen. Da überrascht uns Elfriede Krauß: Schon im Gehen kommt sie noch einmal angesaust: mit köstlichen Geschnittenen Hasen. "Es war so nett", sagt die freundliche Interviewpartnerin zum Abschied.